Otto Holz’ Mahnmal als Kunstwerk

von Klaus Holzer

Als Otto Holz’ Mahnmal im Oktober 1953 eingeweiht wurde, gab es fast einen Eklat, weil sein Entwurf so völlig anders geartet war, als das die Menschen seinerzeit erwarteten. Sie waren in einer Zeit groß geworden, die sich solche Mahn– und Denkmale nur in der traditionellen Form vorstellen konnten. 

Abb. 1: Hans Dammanns Kriegerdenkmal von 1927 in Overberge

Ihr Idealbild fand und findet sich in Overberge neben Grundhöfer verwirklicht. Dort steht ein Mahnmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, geschaffen vom damals sehr erfolgreichen Bildhauer Hans Dammann. Es besteht aus edlem Material, zeigt einen Soldaten auf einer hohen Plinthe, er hat seinen Helm abgenommen, kniet in demütiger Haltung, hält seinen Helm in der Hand, „Helm ab zum Gebet“, alle Details sind fein herausgearbeitet: Haare, Gesicht, Hände, Schuhe, Mantelfalten. Der Betrachter erkennt einen verehrungswürdigen Helden, zu dem er aufblickt, der sich für Volk und Vaterland geopfert hat. Die erhabene Darstellung regte des Betrachters Gefühl, er bewunderte den Helden. Bewunderung aber geht einher mit Gefühlen, mit Dankbarkeit, es wird nicht verlangt, Taten rational einzuordnen.

Abb. 2: Otto Holz’ Mahnmal von 1953 am Sesekedamm

Und nun fanden sie sich konfrontiert mit Otto Holz’ Mahnmal. Es besteht aus einem groben Betonklotz mit zwei Auskragungen auf jeder Seite, auf der Oberfläche zwei Tafeln: „Vergesst uns nicht 1953“ Hier wird der Betrachter aufgefordert zu fragen, was und wer denn nicht vergessen werden soll, er will Antworten, seine Gefühle kommen gar nicht erst ins Spiel. Hier gibt es keinen Helden, der sich geopfert hat, der Bewunderung verlangen könnte, hier wird nichts fein herausgearbeitet, das Material ist nicht kostbar, sondern Allerweltsbaumaterial. 

Warum machte Otto Holz das? Zwischen den beiden Mahnmalen liegen nur 27 Jahre, darin jedoch die Erfahrung von 1000 Jahren Naziherrschaft und Auschwitz. Da konnte Holz nicht mehr einen Dammann Zwo hinstellen. Hierin liegt die große künstlerische Bedeutung dieses Mahnmals: der radikale gedankliche und künstlerische Bruch mit einer Vergangenheit, die wir nicht mehr wollen, die wir aber niemals loswerden. 

Das Mahnmal wurde für diesen Ort geschaffen, die Jusos haben 1989 ihre Friedenslinde direkt daneben gestellt, Baum und Betonklotz bilden ein Ensemble. Und in nur 50 Metern Entfernung steht Reimund Kaspers Mauerruine zur Erinnerung an die letzte Kamener Synagoge, die in der Nähe stand, und an die von den Nazis vertriebenen und ermordeten Kamener Juden. 

Wo findet man noch so einen Ort, der derartig umfassendes Erinnern ermöglicht?

KH

Abb. 1 & 2: Photo Klaus Holzer