Willy-Brandt-Platz

von Klaus Holzer

Manchen wird es schon verwundert haben, daß es in einer kleinen Stadt wie Kamen neben dem Markt einen weiteren großen Platz gibt, den man allerdings nur erkennt, wenn man entweder Kamener oder ein Besucher mit geschultem Blick ist. Denn eigentlich ist der Willy-Brandt-Platz (WBP) gar kein Platz, er wirkt eher wie eine etwas zu breit geratene Straße mit nicht ganz klarem Verlauf, was an der eigentümlichen Bebauung liegt. Die vorhandene Wohnbebauung stört den Platz-Charakter, weil sie von Osten nach Westen in höheren zu niedrigeren Häusern, in Kamen „Lindwurm“ genannt, den Platz durchschneidet. Es ist übrigens leicht zu erkennen, wann diese Häuser gebaut wurden: die 1970er Jahre favorisierten das Flachdach.

Abb. 1: Der Plan:  so sollte der Neumarkt aussehen

Auf dem Stadtplan wird dem Betrachter schließlich deutlich, daß es hier einmal einen großen zusammenhängenden Platz gegeben haben muß. Der Grund dafür ist in Kamens mittelalterlicher Geschichte zu finden (vgl.a. Artikel „Am Galenhof“). Kamen hatte in seinen Anfängen 10 Burgmannshöfe, einer von ihnen war der Akenschocken-, Sparren- oder auch, im Urkataster von 1827, Fetthakenhof (dazu später mehr), der dieses Gelände fast genau in der Mitte der Stadt einnahm, begrenzt von der Lutherischen Kirchstraße (schon vor 1900 Kampstraße) im Osten, der Rottstraße (seit 1985 Konrad-Adenauer-Straße) im Norden, der Weststraße mit einer Ladenzeile und rückwärtigen Gärten im Süden sowie einer Häuserreihe mit rückwärtigen Gärten an der Kämerstraße im Westen. 

Abb. 2: Ein  alter Stadtplan: der Fetthakenhof sollte neu gestaltet werden

Dieser Burgmannshof gehört zur ersten Gruppe von Höfen aus dem 12./13. Jh. und war vollständig von einem Wall mit Palisaden und einer Gräfte umgeben. Diese starke Befestigung kam nicht von ungefähr, mußten die Burgmannen doch immer Verteidigungs- (und wohl auch Angriffs-)kräfte vorhalten, da es eine ihrer Aufgaben war, das nächstgelegene Stadttor zu sichern, was auch hieß, Angreifer von außen abzuwehren.

Die Namensgeber, die Akenschockens, waren, wie alle Burgmannen, eine Familie, die entsprechend ihrer herausgehobenen Stellung oft Ratsherren und den Bürgermeister der Stadt stellte. Und auch wenn anfangs nur die Burgmannen als Bürgermeister in Frage kamen, weil das ein unbesoldetes Ehrenamt war und nur Burgmannen sich das leisten konnten, so mußten sie sich den Kamenern doch jährlich „an Petri Stuhlfeier“ (Kathedra Petri, 22. Februar) zur Wahl stellen, immer für ein Jahr (erst durch königlich preußische Verordnung wurden Bürgermeister in der Grafschaft Mark ab 1719 auf Lebenszeit bestellt). 

Zweimal ging von diesem Hof eine Katastrophe aus, die die Existenz der ganzen Stadt in Frage stellte. Man erinnere sich: zentrale städtische Lage, Fachwerkhäuser und strohgedeckte Dächer!

Der erste ganz große Brand geschah zu Pfingsten 1452, der größte aller 11 Kamener Stadtbrände. Nur der Turm der Severinskirche (heute Pauluskirche), das Rathaus und 20 Häuser blieben stehen.

Der Stadtchronist Buschmann berichtet 1841: „Kaum hatte man eine Menge der im Jahre 1452 zerstörten Wohnungen wieder aufgebaut, als auch schon neuer Jammer über die unglückliche Stadt hereinbrach. Ein von der Familie von Ackenschock zu Bynckhof, die hier in der Stadt viele Besitzungen hatte, durch Zurückhaltung rechtlicher Forderungen hart beleidigter Mann, Namens Johann Volbart, überstieg am 12. März des Jahres 1493, zur Nachtzeit, die Stadtmauer, und zündete die der Familie von Ackenschock gehörenden Gebäude an; um so dieser Familie, der er anderweit keinen Schaden zufügen konnte, einen empfindlichen Verlust zuzuziehen. In Folge dieser grauenvollen Rache brannte die halbe Stadt ab; ja sogar die Frau eines hiesigen Bürgers, Heinrich Dahrenberg, fand mit 2 ihrer Kinder in den Flammen den Tod. Die Bürgerschaft betrachtete die Familie von Ackenschock, durch ihre Ungerechtigkeit gegen den Volbart, als die Veranlasserin dieses Unglücks, und es entspann sich zwischen der Stadt Camen und den von Ackenschock eine heftige Fehde. 

Ueber die endliche Schlichtung dieses langen Streites, giebt eine, in beglaubigter Ausfertigung, noch auf dem hiesigen Rathause liegende Urkunde, folgende Nachricht. Herzog Johann II. von Cleve, ließ die streitenden Partheien, auf einen Fürstentag zu Essen, vor sich laden. Vorab mußten die beiden Partheien, die Stadt Camen, vertreten durch ihre Bürgermeister Barenbrock und Smyt, und die Familie Ackenschock, vertreten durch die zwei ältesten Söhne des Hauses, Johann und Heinrich Ackenschock, Entsagung jeder weiteren Selbstwehr, bei 500 Goldgulden Strafe, angeloben. Dann machte der Herzog, auf St. Gallen Tag 1496, den Ausspruch: die von Ackenschock hätten den durch Brand beschädigten Bürgern 590 Goldgulden zu zahlen und 100 Malter Roggen cämisch Maaß zu geben; ihren hiesigen Heuerlingen die Pächte der letzten Jahre zu erlassen; endlich auch armen Bürgern und Wittwen, die verlorenen Hausgeräthe zu ersetzen; wogegen die Stadt Camen, von den von Ackenschock ihre Briefschaften, Kleinodien und Hausgeräthe wieder herausgeben, auch den Gliedern dieser Familie, den freien Wiedereintritt in die Stadt gestatten solle.“ Auch wenn uns das MA immer als rechtlose Zeit vor Augen steht, als eine Zeit, in der das Faustecht galt, offenbar konnte auch der kleine Mann erlittenes Unrecht ersetzt bekommen.

Und im Jahre 1264 liegen die märkischen Grafen in Dauerfehde mit den Erzbischöfen von Köln, die sich die Grafschaft einverleiben wollten. Als im Laufe dieser Kämpfe Unna 1263 eingeäschert wurde, brannte der märkische Droste (Verwalter eines Bezirks) Dietrich Volenspit auch die „villa de Camene“ nieder (der westfälische Chronist Levold von Northof schreibt „forsan ea intencione, quod inimici locum ibi hospitandi non haberent“: „mit der Absicht, den Feinden keinen Ort zu bieten, an dem er sich aufhalten mochte.“ (Übers. Marc Hilligsberg), um den Kölnern jeden Anreiz zu nehmen, Kamen zu erobern.

Mitte des 17. Jh. kauft Oberstleutnant Freiherr Anselm Kasimir von Sparr den Akenschockenhof (der daraufhin seinen Namen zu „Sparrenhof“ wechselt) mitsamt den dazugehörigen Ländereien für 1000 Taler. 1693 gingen die Ländereien an Freiherrn von Bodelschwingh-Velmede, das Burgmannenhaus an verschiedene bürgerliche Familien, die gleichwohl alle damit verbundenen Privilegien behalten durften, obgleich sie keine Bewaffneten mehr vorhalten mußten: vor 1739 die Familie Bleckmann, dann Ludwig Phillip Vethake (auch Fetthake, daher zu jener Zeit der Name „Fetthakenhof“), 1759 die Familie Grevel, danach Konrad Denninghof und sein Sohn Johannes, Wirte des Schützenhofes, blieb dann bis 1927 durch Heirat im Besitz der Familie Reinhard, hieß bis 1910 Reinhards Kamp. Ein Reinhard, Friedrich David, war während der Franzosenzeit zu Beginn des 19. Jh. kurze Zeit „Maire“, also Bürgermeister von Kamen.

Abb. 3: Der Schützenhof (das Originalgebäude stammte aus dem Jahre 1624)

Abb. 4: Das Gelände als Veranstaltungsplatz

Abb. 5: Schützenfest in den 1920er Jahren

1800 fand der Umbau des Geländes mitsamt dem Haus zum „Schützenhof“ (ab 1820 so genannt) statt. 1927 erwarb die Stadt Kamen die Anlage und gewann so den Platz für die Ausweitung des Gebäudes und den Schulhof der 1923 so genannten Falkschule (vorher: Auguste-Viktoria-Schule) am östlichen Rand des Platzes, gegenüber der Lutherkirche. Und zweimal jährlich wurde hier auch Kirmes abgehalten. 1956 wurde der Schützenhof abgebrochen, nachdem das Haus 332 Jahre hier gestanden hatte.

Abb. 6: Die Falkschule

Was im MA Kamens großer Vorteil gewesen war, nämlich eine stark befestigte Stadt zu sein, wirkte sich mit dem Einzug der Industrialisierung und der Entwicklung zu einer modernen Stadt nachteilig aus, weil die Zeche Monopol mehrere große Burgmannshof-Areale aufkaufte, mit billigen und schlechten Bergarbeiterwohnungen bebaute und zugleich ängstlich darauf bedacht war, jegliche wie auch immer geartete Konkurrenz fernzuhalten. Also standen diese großen Gelände für eine zielgerichtete Stadtentwicklung nicht mehr zur Verfügung.

Nach dem Abriß des Schützenhofes ergab sich aber die Möglichkeit, wenigstens einen Teil der innenstadt auf diesem Areal zu sanieren. Das wurde Teil eines umfassenderen Planes, zumal noch nicht unbeträchtliche Kriegsschäden zu beseitigen waren. Und gleichzeitig bot sich die Chance, „Kamen, die schnelle Stadt“ (so der damalige Slogan) mit den damals für die autogerechte Stadt notwendigen Parkplätzen auszustatten, indem der gesamte Platz mit einer Tiefgarage versehen wurde. Einen „alten“ Markt hatte man, auf dem Schützenplatz sollte ein „Neumarkt“ entstehen. Dazu bedurfte es einer Verbindung der beiden Märkte. Nicht nur das Haus des Bäckers von der Heyde, Markt 23 (aus der Mitte des 18. Jh.), wurde abgerissen, sondern auch das Haus Weststraße Nr. 79 der Bäckerei Stoltefuß, bekannt als der „dicke Bölk“. Weitere Geschäfte an dieser Stelle (Dank an Rüdiger Plümpe †): Photo Betzler, Bürobedarf Riemer, Süßwaren Hussel, ein Blumengeschäft und der Juwelier Jäkel. Die Neubebauung wurde etwas nach Westen verschoben. In den Neubau zogen dann Aldi, Apotheke Blume und die Fahrschule Freeze ein. Nach dem Aldi-Laden kam Photo-Kraak, als dieser zum Neumarkt zog, wurde die Hellweg-Apotheke sein Nachfolger. Diese schloß Ende 2013, McPaper ist heute das einzige Geschäft mit Papierartikeln in Kamen. So entstand aus einem schmalen Durchgang die heutige Marktstraße.

Abb: 7: Bäcker von der Heyde (das Haus links) wurde für die Marktstraße abgerissen

Abb. 8: Der alte Durchgang: auch dieses Haus wurde für die Marktstraße abgerissen (Schreib- und andere Waren Günter Katz)

An die Stelle des damaligen Schützenhofs sollte ursprünglich der Neubau der Städtischen Sparkasse Kamen
kommen, die bis dahin an verschiedenen Standorten im Stadtgebiet untergebracht gewesen war, doch erwies sich das Grundstück als zu klein für einen Neubau, der für die Wirtschaftswunderzeit geeignet sein sollte. Daher wurde der Neubau am nordwestlichen Ende des Schützenplatzes errichtet, an seinem heutigen Standort. 

1962 zog die Sparkasse hierher. Gleich gegenüber steht ein Pavillon, der vom Reisebüro Mohr bewirtschaftet wurde, bis es ins Haus Ecke Adenauer-/Kampstraße umzog. Seitdem steht er leer. Er wurde von der Stadt Kamen gekauft, wird von der Jugendfeuerwehr und anderen als Ausstellungsraum benutzt, bis er seiner neuen Nutzung als Fahrradparkhaus mit 88 Stellplätzen zugeführt werden wird. 

Abb. 9: Die neue Konrad-Adenauer-Straße, früher Rottstraße 

Der gesamte Bereich wurde zur Fußgängerzone erklärt, wie das in den 1970er Jahren überall große Mode war, hatte man doch erkannt, daß eine ausschließlich auf das Auto ausgerichtete Stadt dem innerstädtischen Handel und Wandel eher abträglich war. Autos wurden auf rund um diese Zonen verlegte Parkplätze verbannt. Und für Fahrradfahrer gab es eine Extraspur auf der Konrad-Adenauer-Straße zwischen Kämer– und Kampstraße, was zu gelegentlichen Kollisionen mit Fußgängern führte, die diesen Streifen übersahen, weil sie sich eben in einer Fußgängerzone wähnten. Heute dürfen Radler immer noch dieselbe Strecke befahren, haben aber keinen eigenen Streifen mehr. Man nimmt Rücksicht aufeinander. Naja, nicht immer. Und der wunderschöne Pfarrgarten gegenüber der Stelle, wo die Konrad-Adenauer-Straße auf die Kampstraße trifft, ist längst einem großen Wohn- und Geschäftshaus mit eigener Tiefgarage gewichen.

Abb. 10: Stannat in seinem alten Lädchen

Abb. 11: Stannat im neuen Laden

Anschließend fand die weitere Bebauung statt: Stannat zog von seinem kleinen Lädchen an der Weststraße in seinen Neubau an der Ecke neben Schwakenberg (heute Pieper Stadtparfümerie und Apollo Brillen). So ganz einfach war das allerdings nicht, da das alte Häuschen durch seinen Grundstückszuschnitt einen geraden Straßenbau verhindert hätte. Erst nach langwierigen Verhandlungen einigte man sich, und das alte Fachwerkhaus verschwand. Etwas weiter nördlich, aber gegenüber, eröffnete Theo van Vügt seinen Laden mit hochwertigen Stricksachen, den er später auf Damengarderobe ausweitete. Außer Wolter gab es zwei weitere Schuhläden am Neumarkt, Deichmann und Bata; Vodafone hieß noch Mannesmann, der Bäcker noch Kamps, Robert Koch war nicht nur für seinen Schmuck- und Uhrenladen bekannt, sondern auch als Heimatforscher. (Bei seinem Laden geht es um die Ecke in einen Bereich, in dem es auch Läden gab und gibt, die sich jedoch außerhalb der eingelaufenen Strecken, quasi im toten Winkel, befinden. Wer weiß noch, was hier alles war?) „Ihr Platz“ und Schlecker konkurrierten miteinander; das „Eiscafé“ und „Lifestyle, die Adresse für junge Mode“ grenzten direkt an Wolter, heute Ernsting’s family; ein Haus weiter war die „Apotheke“, ein nach 1968 sehr beziehungsreiches Wortspiel (es gab damals die protestierende Jugend, die sich nicht im, und durch das, Parlament vertreten fühlte, sich als Außerparlamentarische Opposition = APO, verstand), ein Kellerlokal, ihm folgte  das Hollywood, das aus dem Odeon-Theater(kino) aus der Güldentröge hierherzog; im Pavillon Neumarkt 5a war der Lotto/Toto/Tabakladen zu Hause (heute ebenfalls leer, wartet auf eine neue Nutzung); es gab ein „Spielikum“ im Durchgang vom Neumarkt zur Kampstraße,

Abb. 12: Die zentrale Ansicht: der „Lindwurm”, das „Stellwerk” und der kleine Pavillon

im „Stellwerk“ gab es nacheinander verschiedene Kneipen, u.a., die Marktschänke, das Streetcafé und das Sindbad; Magda Antoni hatte an der Nordseite ihren Miederwarenladen, rechts daneben waren „bonita“ und eine Parfümerie. Es ist erschreckend, wie stark der Einzelhandel in Kamen in den vergangenen 30 Jahren geschrumpft ist, wie fast nur noch Ketten die Ladenszene beherrschen, Telephonläden, Bäcker, Friseure und leider auch viele „Billigheimer“.

Abb. 13: Blick Richtung Weststraße

Abb. 14: Blick von der Weststraße

Unglaublich, wie schnell eine Platane wächst: schauen Sie sich einmal dieses Bäumchen an! Es wurde offenbar in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre gepflanzt.

Abb. 15: Platane 2018

Nicht einmal 20 Jahre lang behielt der Neumarkt seinen Namen. 1993 wurde er in Willy-Brandt-Platz umgetauft, in ehrendem Gedenken an den charismatischen ehemaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, SPD-Vorsitzenden, Kanzler der Bundesrepublik Deutschland und Friedensnobelpreisträger, der am 8. Oktober 1992 in Unkel am Rhein starb, einer von Kamens sieben Partnerstädten. 

Abb. 16: „Markt“ auf dem Neumarkt

Ursprünglich fand der „Markt“ auf dem Markt statt, wo er traditionsgemäß hingehört. Dann bekam unsere Stadt den Neumarkt, der natürlich gleich zum Standort des „Marktes“ wurde, hier war schließlich das Neue, die Moderne. Hier blieb er, die Namensänderung zu Willy-Brandt-Platz änderte nichts. Abbildung neun zeigt, daß damals die Marktstände mit ihrer Rückseite zueinander standen, die Kunden also den großen Bogen außen herum machen mußten, um alle ihre Einkäufe erledigen zu können. Heute gehen sie zwischen den Ständen hindurch. 

Dann wurde der „Markt“ zum alten Markt verlegt, weil sich im Jahre 2005 eine ganz neue Situation ergab, als deutlich geworden war, daß der alte Belag, „das […] bunte Gemisch aus Beton, Naturstein, Klinker und Asphaltflicken“ (HA vom 26.3.2018), den Ansprüchen einer zeitgemäßen Stadt nicht mehr genügten. Am 28. November 2005 tätigten Vertreter von Rat und Verwaltung den ersten Spatenstich für eine Grundsanierung der jetzt Bummelzone genannten Fußgängerzone. Das Düsseldorfer Landschaftsarchitekturbüro Scape überplante das ganze Gelände von ca. 22.000 m2 (darin sind auch angrenzende Straßen enthalten), teilte es in vier Bauabschnitte auf, fügte Bänke ein, Bäume, Spielgeräte und ersetzte den vorhandenen Brunnen durch ein Wasserspiel unter der großen Platane an der Ecke zur Weststraße. Eine Besonderheit waren die Leucht-Intarsien im zentralen Bereich, die aber schon sehr bald defekt waren. Zu groß war wohl die Belastung durch z.B. die schweren Schaustellerfahrzeuge bei Kirmessen. Der Clou aber war der aus China importierte Granit, der das Gros der veranschlagten gut 7 Millionen Euro verschlang. Einigen Ärger gab es, als drei Vertreter der Stadtverwaltung extra zur Begutachtung dieser Steine nach China flogen. Kostenpunkt: 3.000 Euro. Die vorausberechneten Kosten für die Innenstadtsanierung betrugen ca. 7,5 Millionen Euro, als die Schlußabrechnung um 380.000 Euro günstiger wurde, erstarb der Protest. Offizieller Fertigstellungstermin war der 9. Juli 2009. Eine Befragung der Markthändler ergab, daß eine Mehrheit wegen der Enge auf dem Markt wieder zum Willy-Brandt-Platz zurückkehren wollte.

Der Markt – das Attribut „alt“ braucht er nicht mehr – ist heute das Zentrum der Außengastronomie in Kamen, bei fast mediterraner Atmosphäre läßt es sich hier gut verweilen. Der Willy-Brandt-Platz ist eher Geschäftsbereich geworden, wo von der Sparkasse bis zu den meisten wichtigen Geschäften in Kamen vieles vertreten ist, vor allem auch, weil es von hier den direkten Anschluß an das Kamen Quadrat in der Kampstraße gibt.

Nachtrag:

Abb. 17: Gerade zu erkennen, der „Mohr-Pavillon” (hellbraun)  zwischen Schlecker und der Sparkasse

Inzwischen (Stand Anfang Juli 2019) hat der WBP eine Verwandlung erfahren. Der große Pavillon, der früher das Reisebüro Mohr beherbergte, wurde umgestaltet und den Anforderungen der heutigen Gesellschaft an ökologisch orientierte Mobilität angepaßt. Er ist jetzt ein Fahrradparkhaus mit Platz für 80 Fahrräder. Gegen € 20,00 Pfand erhält der Nutzer einen Chip, der ihn zur Nutzung dieses Hauses und aller weiteren Fahrradabstellplätze im Kreis berechtigt, die von der AWO-Tochterfirma DASDIES betrieben werden.

Abb. 18 : Der kleine Pavillon

Weiterhin ist der kleine Pavillon verschwunden, in dem früher der kleine Tabak- und Lotto/Totoladen Pankoke bestand. Danach gab es mehrere Versuche, neues Gewerbe anzusiedeln, alle mißlangen. Jetzt wird es hier einen neuen Zugang zur Tiefgarage geben. Sei Verschwinden trägt dazu bei, dem WBP den überwiegenden Charakter einer Straße zu nehmen und ihn mehr wie einen „Platz“ aussehen zu lassen.

KH

Quelle der Abb.: Abb.1: Stadt Kamen; Abb. 2: Heinz Stoob, Städteatlas Bd. 10, Dortmund 1975; Abb. 3, 5, 6, 8, 16, & 17: Stadtarchiv Kamen; Abb. 4, 7, 10, 12, 13 & 14: Archiv Klaus Holzer; Abb. 9, 11, 15 & 18: Photo Klaus Holzer

Zu Abb. 15: Die Platane vor Wolter ein gutes halbes Jahrhundert später. (Photo: KH)