Südkamen um 1900
aus: Friedrich Pröbsting; Geschichte der Stadt Camen; 1901.
Die Gemeinde Südcamen liegt, wie schon der Name sagt, im Süden der Stadt Camen und gehört zum Amt Camen, welches mit dem Amt Unna zu einem Amtsbezirk vereinigt ist und dessen Amtmann Herr Wolff ist. Es ist eine zerstreute Dorfschaft, die aus 9 uralten Bauernhöfen und mehreren Kotten, sowie einer stets wachsenden Zahl von kleineren Ansiedlungen besteht. Auch gehört die Bergermühle an der Körne dazu. Die meisten Ansiedler haben sich an der durch den Gemeindebezirk führenden Chaussee von Camen nach Unna, sowie an dem Communalwege von Camen nach Afferde angebaut.
Im östlichen Teil der Gemeinde, in der Nähe der Unnaer Chaussee, hat nach von Steinen vor Alters ein freiadeliges Gut, genannt Schomperneil, nahe bei Berkemanns Hof, bestanden. Es ist aber schon im Jahre 1706 verkauft worden und spurlos verschwunden.
Die Bauernhöfe tragen nach ihrer Lage und Beschaffenheit das Gepräge der ältesten sächsischen Ansiedlungen, und haben wohl schon in vorchristlichen Zeiten bestanden.
Die Einwohner sind fleißige Ackerleute, welche auf dem guten Ackerboden reiche Ernte erzielen; auch sind einige Handwerker und Bergleute hier ansässig. An der Unnaer Chaussee liegen zwei Schenkwirtschaften, und in der neuesten Zeit ist eine solche auch am Afferdeschen Wege eingerichtet worden.
Seit alten Tagen, nachweislich seit dem 18. Jahrhundert, bestand in Südcamen eine kleine Schule, eine sogenannte Heckschule, welche von einem einfachen Manne, der selbst nur die notwendigsten Schulkenntnisse besaß, geleitet wurde. Wenn die Schüler so weit waren, daß sie den kirchlichen Religionsunterricht besuchen mußten, wurden sie gewöhnlich in die Pfarrschule nach Camen geschickt.
Der letzte dieser Lehrer war der „alte Magister“ H. Borchardt, seit 7. Juli 1817, der in seiner kleinen, niedrigen Schulstube, an Morksheide belegen, mit großer Treue und vielem Fleiß an der Jugend arbeitete. Die Schülerzahl betrug durchschnittlich an 30. Der alte Lehrer war über 90 Jahre alt, als er 1866 in den wohlverdienten Ruhestand trat. Noch mehrere Jahre lebte er in seinem Schulhause, und die dankbare Gemeinde zahlte ihm nach wie vor sein kärgliches Gehalt als wohlverdiente Pension, bis er, 96 Jahre alt, in Frieden heimging.
Mehrere Jahre lang hat Südcamen seine Kinder teils nach Afferde, teils nach Camen zur Schule geschickt, dann aber im Jahre 1873 ein neues Schulhaus am Afferdeschen Wege erbaut, und damit sein Schulwesen neu aufgerichtet. Das alte Schulhaus ist zu derselben Zeit verkauft und abgebrochen und die Hausstätte zu nutzbarem Lande gemacht worden.
Der erste Lehrer an der neuen Schule war Herr A. Siegler von 1873 bis 1879. In diesem Jahre wurde er an die kleinere evangelische Schule nach Camen berufen, und an seine Stelle kam Herr Wilh. Richter aus Linden, der das Lehramt noch mit Treue in voller Kraft verwaltet. Die Zahl der Schüler betrug im Jahre 1899 schon 89 Kinder.
Aus älteren Nachrichten entnehmen wir, daß die Grundfläche der Gemeinde Südcamen 1.030 Morgen beträgt. Im Jahre 1840 waren 28 Wohnhäuser vorhanden, und die Seelenzahl betrug 216 Personen, von denen 206 der evangelischen und 10 der katholischen Konfession angehörten. Damals wurden nur 72 Thaler 7 Silbergroschen 6 Pfennig an Kommunalsteuer aufgebracht.
Die jetzige Statistik der Gemeinde weist folgende Zahlen auf:
Die Seelenzahl der Einwohner ist auf 459 gestiegen; davon sind 380 evangelisch, 79 katholisch. Die Zahl der Wohnhäuser beträgt 52. An Gemeindesteuer (wobei die Schulkosten inbegriffen sind) werden 150 Prozent der Einkommensteuer und 150 Prozent der Realsteuern erhoben.
Vor 15 Jahren hat die Gemeinde sich am Afferdeschen Wege einen schönen Totenhof angelegt.
Als Ortsvorsteher ist zur Zeit der Landwirt, Herr C. Brüggemann, im Amt. Der Gemeindevorstand wird gebildet durch die Herren Mork, Haumann sen., Möller, Heimann, Berkemann und von der Heide.