Das 17. Zeitzeichen des KKK: Helden Teil 2

Teil 2: Klaus Holzer – Reale Helden

Weniger klar umrissen als in der antiken Literatur ist das Bild des Helden in der heutigen Realität. Ganz nah beieinander liegen hier die Begriffe Held: positiv besetzt, aber unerreichbar; Vorbild: positiv besetzt, vom einzelnen erwählt, daher erreichbar; Idol: positiv besetzt, deutlich über dem Durchschnittsmenschen stehend, dennoch erreichbar.

Der Held ist eine herausragende Persönlichkeit mit einzigartigen Fähigkeiten, er braucht immer einen Widerpart, wagt sich auf terra incognita vor und trifft in der Regel eine ethische Grundentscheidung. Vorbild und Idol haben es einfacher: es gibt sie, sie existieren ohne weitere Bedingungen. 

Der antike Held zählt heute nicht mehr, weil es seine Art zu kämpfen in der digitalisierten Welt nicht mehr gibt (ferngelenkte Rakete statt Schwert), was früher terra incognita war, ist heute Touristenziel. Herausragende Leistungen gibt es auch heute noch, werden aber i.d.R. von Organisationen wir médecins sans frontières erbracht. Organisationen taugen aber nicht zu Helden, dort wird man Mitglied oder spendet. Helden sind immer Einzelpersonen.

Abb. 1: Kruzifix von Werner Habig

Sonderfall Jesus: Der klassische Held siegt oder geht im Kampf unter, das ist seine Entscheidung. Jesus siegt im Tod, weil dieser durch Gottvater vorbestimmt ist. Er hat keine Aktions-, sonder eine Passionsgeschichte. Aber weiß Jesus das? Kann er Vorbild sein? Oder kann man ihm nur folgen? An ihn glauben? Eine Glaubensfrage. 

Abb. 2: Max Planck

Natürlich gibt es auch in der Realität herausragende Leistungen einzelner. Beispiel Max Planck: überragender Wissenschaftler, trifft aber keine ethische Grundentscheidung, weil Wissenschaft ergebnisoffen ist. Als Held ungeeignet.

Ganz anders Nelson Mandela: trifft nach 27 Jahren Haft die ethische Grundentscheidung, zu versöhnen, statt Rache zu üben. Für viele ein Held.

Der Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime begründet das deutsche Sonderverhältnis zum Heldentum: erst in dieser besonderen Konstellation kann Heldentum entstehen. Mit den Problemen, die sich bei Wilhelm Tell zeigen: Darf ein Eid gebrochen werden (Wehrmachtsoffiziere)? Ist Mord (eines Tyrannen) zu rechtfertigen (Offiziere und Theologen)? Aus dieser Erfahrung heraus ist alles Militärische heute in der BRD geächtet (möglicherweise ist durch den Krieg Rußlands gegen die Ukraine etwas in Bewegung geraten), der Widerstand gegen die Nazis hingegen als identitätsstiftendes Ereignis für das neue Deutschland geeignet. 

Aus dieser Erfahrung des Zivilisationsbruchs heraus ist die Tendenz entstanden, Kriegerdenkmale zu entfernen, stattdessen Denk- bzw. Mahnmale für Opfer aufzustellen: verständlich im Falle des Holocaust-Mahnmals in Berlin, schwer verständlich im Falle der NSU-Opfer. Und worin besteht die „Leistung“ der Migranten aus dem Nahen und Mittleren Osten, die von einer deutschen Professorin zu Helden verklärt werden?

Abb. 3: Der Cenotaph in London 

Anders hingegen ist die Situation in GB, F und den USA, die zwar auch alle an historischen Lasten zu schleppen haben, aber dank ihrer ungebrochenen demokratischen Tradition mit sich und ihrer Militärgeschichte im reinen sind.

In unserer postheroischen Zeit gewinnt die Idee des Alltagshelden zunehmend an Bedeutung, vor allem bedingt durch Corona, als medizinisches Personal schier Übermenschliches leistete. Leider ließ Trittbrettfahrerei nicht lange auf sich warten, selbst normale Arbeit wird zu Heldentum aufpoliert. Doch wenn alles Heldentum ist, jeder Held sein kann, nach eigenem Willen – dann gibt es keine Helden mehr. Wenn sich früher jemand in einen Streit zugunsten des Unterlegenen einmischte, sollte er heute lieber 110 wählen.

Abb. 4: Helden absurd

Abb. 5: Helden banal

Aber offenbar gibt es nach wie vor das Verlangen, vielleicht sogar die Sehnsucht nach Heldentum, gerade weil der Alltag der meisten Menschen eher langweilig geworden ist, weil das Leben ohne Helden(tum), ohne Abenteuer, ärmer ist. Haben wir vielleicht Heldentum in den Freizeitbereich ausgelagert? Ins Kino (Mission Impossible), in Computerspiele (Lara Croft) und Fantasy-Epen (Herr der Ringe)? Werden in der Realität nicht auch längst besondere Herausforderungen gesucht? Bungeespringen, den Jacobsweg gehen (ca. 2000 km), im Dschungelcamp Ekelerregendes tun, den Mont Blanc besteigen usw., ganz im Sinne des neuen Verständnisses von Heldentum: JEKAMI. 

Und vielleicht gehören hierher auch die kranken Köpfe der Serienmörder, der Krankenpfleger, der seinen Patienten das falsche Mittel gibt, um sie dann aus Gefahr retten zu können, der Feuerwehrmann, der Brände legt, um als erster vor Ort retten und löschen zu können, Attentäter und Amokläufer, auf die die Augen der Öffentlichkeit gerichtet sind. Fühlen sich die Kriminellen, die Rettungssanitäter, Polizei und Feuerwehr angreifen, als Helden? Abenteurer? Die klassischen Helden sind verschwunden, Schurken wollen Helden sein bzw. spielen. Getreu dem Motto Andy Warhols: „In der Zukunft wird jeder weltberühmt sein – 15 Minuten lang.“  Sind sie alle Epigonen des antiken Herostratos, der den Tempel der Artemis abbrannte, um unsterblich zu werden? Aber berühmt zu sein, bedeutet nicht, ein Held zu sein. Heute hat vielleicht das Idol oder das Vorbild den Helden ersetzt.

Wenden wir es positiv: Wenn die Bürger eines Landes an die rechtsstaatliche oder demokratische Lösung von Konflikten gewöhnt sind, sind sie wohl weniger dazu bereit, zu den Waffen zu greifen. Helden alten Stils braucht es nicht mehr. Die Bürokratie übernimmt. Am Schreibtisch sitzen keine Helden. Daher ist der Alltagsheld so gefragt.

Abb. 6: Feuerwehr

Das Gute an Alltagshelden: Sie werden heute gebraucht, weil es offenbar großen Bedarf an, ja, was denn, „Helden“ vielleicht weniger, eher „Vorbildern“ gibt. Die Welt ist unübersichtlich geworden, Vorbilder geben Halt und Orientierung. Die historischen Helden taugen dafür nicht mehr, zu unterschiedlich sind die Lebensbedingungen geworden. Die alten Mittel der Krisenbewältigung sind unzulänglich geworden. In der Demokratie ist es nicht mehr leicht, den passenden Antipoden zu finden, an dem sich Heldentum entzünden kann. Demokratie ist das Muster der res publica, jeder ist Teil dieses Systems, kann also nicht mehr dagegen kämpfen. Und wenn er es dennoch tut, verabschiedet er sich aus dem System. Kann man dann noch Held sein?

Thesen:

Die Demokratie kennt und braucht keine Helden mehr, dafür umso mehr Idole.

Idole treffen keine ethische Grundentscheidung, werden erwählt, geben Orientierung.

Zusammengefaßt von Klaus Holzer

Das 17. Zeitzeichen des KKK: Helden

Teil 1: Dr. Heinrich-Wilhelm Drexhage – Fiktive Helden

Mit der Erfindung der Keilschrift beginnt die Zeit der schriftlichen Überlieferung und damit auch der Literatur. Die erste uns bekannte lange altbabylonische Erzählung ist die über Gilgamesch, den sagenhaften König von Uruk. Dieses Epos beschreibt seine außergewöhnlichen Taten und sein Suchen nach einem Wunderkraut, das ihm ewige Jugend bescheren soll. Als er es durch eigene Unachtsamkeit verliert, findet er sich mit seiner Sterblichkeit ab und reift als Persönlichkeit.

Abb. 1: Gilgamesch

Die Themen sind: Macht und Machtmißbrauch; Liebe und Freundschaft; Heldentum und menschliche Schwäche; das Verhältnis von Mensch und Gottheit.

Das umfänglichste und uns vertrauteste Heldenkapitel bietet uns das antike Griechenland, das vor allem in Homers Versepen auf uns gekommen ist. Den Hintergrund der Ilias bildet der Krieg um Troja, der Ausdruck eines für uns übersteigerten Ehrgefühls in einer aristokratischen Gesellschaft ist. Die Protagonisten dieses Epos sind Achill und Hector sowie Odysseus.

Abb. 2: Achilles (links)

Die homerischen Helden sind ausschließlich für eine adelige Gesellschaft gedacht; der Held ist tapfer in Krieg und Kampf; er verteidigt die Standesehre; sein Leben ist ein ständiger Wettbewerb; er hat immer den Willen zu siegen; seine Hauptbetätigungsfelder sind Kampf, Jagd und Sport; ständiges Streben nach Ruhm und Ehre, das mit den damals herrschenden Todesvorstellungen (Schattendasein im Hades) zusammenhing, daraus folgte seine Liebe zum Leben selbst noch im Angesicht des Todes. 

Abb. 3: Achill verabschiedet sich von Andromache

Im Wissen um die Macht des Schicksals geht der Held seinen vorbestimmten Weg ohne Wenn und Aber bis zum Ende. Speziell darin liegt seine menschliche Größe und Heldenhaftigkeit.

Abb. 4: Herakles erwürgt zwei Schlangen

Im antiken Griechenland ist Heracles/Herkules der unbesiegbare Held. Als er sich vor die Wahl zwischen Glückseligkeit und Tugend gestellt sieht, entscheidet er sich für die Tugend, im vollen Bewußtsein, daß er sich damit für ein Leben in Blut, Schweiß und Arbeit entscheidet: er muß 12 Aufgaben erledigen, um Griechenland von Untieren, Monstern, Räubern und Missetätern zu befreien. Alle ihm gestellten Aufgaben verlangen übermenschliche Kräfte.

Fazit: die Situation von „Herakles am Scheideweg“ wird typisch für den fiktiven wie auch den historisch-faßbaren Helden: er trifft eine ethische Grundentscheidung, die seine weitere Existenz prägt und bedingungslos durchgehalten wird.

Abb. 5: Sophokles

Die erste große Heldin der Literaturgeschichte tritt ebenfalls im antiken Griechenland auf, in Sophokles’ Tragödie „Antigone“. Kreon, der König von Theben, verbietet bei Androhung der Todesstrafe durch Einmauerung die Bestattung des Bruders von Antigone, welcher im Kampf um Theben als Angreifer gefallen ist. Antigone vollzieht gleichwohl die heiligen Bestattungsriten und wird von Kreon zum Tode verurteilt.
Fazit: Das Stück zeigt die Ambivalenz der menschlichen Natur: Antigone stellt das Humane dar, Kreon glaubt in seiner Hybris, sich darüber hinwegsetzen zu können. Antigone ist ethisch vollkommen, siegt daher über jede Form von Machtmißbrauch, Überheblichkeit, Uneinsichtigkeit und Charakterlosigkeit.

Ein weiteres Zeitalter, das voller Helden ist, ist das Mittelalter: König Artus und seine Ritter der Tafelrunde Tristan, Lancelot, Parsifal und Lohengrin; die Nibelungensage mit Siegfried von Xanten, Hagen von Tronje, Dietrich von Bern, König Gunter und edlen Frauen wie Kriemhild und Brünhilde; das Rolandslied, das den heldenhaften Kampf Rolands, eines Paladins Karls des Großen, gegen die Sarazenen besingt.

Abb. 6: Robin Hood

Wenn es um Bekanntheit geht, sind zwei Helden, der englische Robin Hood und der schweizerische Wilhelm Tell, wohl kaum zu schlagen, zu oft sind sie im Film (RH) und auf der Bühne (WT) dargestellt worden.

RH war ursprünglich ein brutaler Wegelagerer, gewalttätiger und grausamer Räuber und Dieb. Erst im 16. Jh. wird er zum folkloristischen Volkshelden, zum Wohltäter, der für soziale Gerechtigkeit kämpft und zum Nationalhelden wird:  Er raubt  Adelige und korrupte Kleriker aus und verteilt das Beutegut an die Armen (meist hörige Bauern).

Fazit: RH’s Bild wird den Auffassungen der jeweiligen Zeit und Gesellschaft und ihren Werten und Vorstellungen angepaßt.

Abb. 7: Wilhelm Tell

WT ist das Symbol für den Freiheitskampf eines unterdrückten Volkes, er kämpft für wahre Demokratie. Dabei gibt es zwei Probleme: Ist der Tyrannenmord zulässig (das wird später auch ein Problem für die Wehrmachtsoffiziere und Theologen im Widerstand gegen Hitler)? Fazit: Jede Epoche, jede Gesellschaft, mit welchem politischen Hintergrund auch immer, schafft sich ihre eigenen Helden und die Art ihrer Verehrung und manchmal auch deren Demontage.

Abb. 8: Karl May

Einen Sonderfall stellt Karl May dar. Seinen Helden gemeinsam sind: überdurchschnittliche Körperkräfte, überlegene Fitness, gepaart mit intellektuellen und detektivischen Fähigkeiten; „pazifistische“ Grundeinstellung: Gewalt und Tötung von Gegnern werden strikt auf Fälle von Notwehr und Nothilfe reduziert; Bekenntnis zu christlichen Werten (Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi Effendi) bei allerdings recht hoher Toleranz gegenüber anderen Religionen; überaus starke Neugier im Hinblick auf fremde Sitten und Gebräuche.

Zusammenfassung und Ergebnis:

Jede Gesellschaft, jede Gesellschaftsform erfindet sich ihre eigenen Helden und paßt sie ihren jeweiligen gesellschaftlichen Gegebenheiten an. Daher können Helden i.S. unseres Themas „verehrt“, „verklärt“ oder im Extremfall sogar „verdammt“ werden und unterliegen nicht selten auch gewissen Abnutzungserscheinungen, weil sie dem jeweils herrschenden Zeitgeist nicht mehr entsprechen.
Bei aller Unterschiedlichkeit und Wandelbarkeit von Heldenbildern und Heldenverehrung existiert andererseits eine gemeinsame Klammer, die eine gewisse Typologie durchscheinen lässt, welche die verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte und damit auch der Literaturgeschichte bis heute überdauert.
Die wichtigsten Aspekte:
Abstammung: Helden entstammen häufig einer Verbindung von Gottheiten und Sterblichen (z.B. Gilgamesch, Achilles, Herakles) und agieren dementsprechend vor einem religiösen oder quasireligiösen Hintergrund.
Sie verfügen über besondere Fähigkeiten, die ein normaler Mensch nicht besitzt, wie eine ungewöhnliche Körperkraft und Ausdauer, eine vorausschauende Intelligenz sowie häufig eine traumwandlerische Sicherheit im Umgang mit den ihnen eigenen Waffen und oft ikonographisch zugeordneten Attributen (vgl. Gilgamesch, Herakles, Achilles, Odysseus, Siegfried, König Artus, Robin Hood, Wilhelm Tell, Old Shatterhand, Winnetou u.a.).
Sie bestehen waghalsige und kühne Abenteuer und bleiben häufig siegreich. Sie können aber auch tragisch enden, wobei ihr tragisches Ende allerdings auch einem Sieg gleichkommen kann (vgl. bes. Hector, Antigone).

Sie werden häufig zu Helden durch eine kämpferisch-ethische Grundentscheidung, welche ihre gesamte weitere Existenz bestimmt und sie ihren einmal eingeschlagenen Weg bedingungslos bis zum Ende gehen läßt (vgl. Herakles und Antigone in ihrer ethischen Vollkommenheit). Diese Grundentscheidung bewirkt einen besonderen Reifungsprozeß ihrer Persönlichkeit.
Sie haben stets mächtige Gegenspieler, denen sie mit äußerster Entschlossenheit, oft sogar mit Todesverachtung, manchmal aber auch mit List entgegentreten. Ein besonderer Gegenspieler kann jedoch auch die eigene menschliche Schwäche sein, durch deren Überwindung sie vom Antihelden zum letztlich bewundernswerten Helden werden.

Zusammengefaßt von Klaus Holzer

150 Jahre Bergbau in Kamen

von Klaus Holzer

150 Jahre Bergbau in Kamen

In Kamen erinnert man sich immer noch mit einiger Wehmut an seine Bergbaugeschichte. Immer noch beschwört man die Vergangenheit durch das Singen des Steigerliedes, das aus dem Erzgebirge eingewandert und so schnell heimisch geworden ist. Politikerreden enden immer noch mit dem Bergmannsgruß „Glück Auf“. Als letzte in der ganzen Stadt sichtbare Reminiszenz an die Kamener Zeche Monopol steht das Fördergerüst auf dem ehemaligen Zechengelände, heute Technopark mit Gründerzentrum, auch die Gartenstadt Sesekeaue gehört dazu. In Politikerreden und offiziellen Verlautbarungen ist der Bergbau heute noch lebendig, doch scheint niemand gemerkt zu haben, daß es in diesem April 2023 genau 150 Jahre her ist, daß der erste Spatenstich zur Teufe von Schacht Grillo 1 getan wurde.

Mit der Reichsgründung 1871 setzte in Deutschland ein rasantes wirtschaftliches Wachstum ein, das wesentlich auf der Dampfmaschine, zunehmend auch Elektrizität, neuen Verkehrsmitteln, Transportwegen und Kohle und Stahl beruhte. Vor allem bei der Kohle spielte Kamen früh und bedeutend mit. Friedrich Grillo aus Essen und Heinrich Grimberg aus Bochum erwarben hier ein riesiges Grubenfeld und begannen im April 1873 mit der Teufe des Schachtes Grillo I (die Bergkamener Schächte wurden nach Grimberg benannt). Am Vorabend des Teufbeginns sollen die beiden Unternehmer mit Champagner namens „Monopole“ auf gutes Gelingen angestoßen haben und fanden den Namen gleich passend für ihre erste Zeche.

Abb. 1: Die Abteufmannschaft (vermutlich)

Erfahrene Arbeiter aus dem Aachener Revier klotzten ran und schon zwei Jahre später standen der Schachtturm, die Maschinenhäuser, der hohe Schornstein und die Beamtenhäuser. 1878 begann der Kohleabbau in der Tiefe von 540 Metern. Schon im ersten Jahr förderten die 780 Bergleute 130.000 Tonnen Kohle, sehr viel,  weil Wagen mit einem gewissen Anteil von taubem Gestein zurückgewiesen und nicht gewertet und auch nicht bezahlt wurden (das „Nullen“). 1884 erhielt Monopol Anschluß an die Deutsche Reichsbahn, was den Absatz weiter beflügelte.

Bereits 1887 begannen die Arbeiten zur Teufe von Grillo II, 1888 wurde eine Kokerei in Betrieb genommen. Insgesamt gehörten 16 Grubenfelder in einem Gebiet von ca. 87 km2 zur Zeche Monopol. Wenig später begann auch die Teufe von Schacht Grimberg I in Bergkamen. Die beiden waren untertage miteinander verbunden.

Abb. 2: Monopol, ca. 1885

Da man schnell wuchs, waren Bergarbeiter in der Umgebung nicht mehr in ausreichendem Maße zu finden. Daher wurden Arbeiter angeworben, vor allem in Schlesien, Polen und Österreich. Die kamen in großer Zahl, versprach der Bergbau doch guten Lohn.

Durch diesen starken Zuzug von Nicht-Einheimischen setzte eine strukturelle Veränderung der Stadt und der umliegenden Dörfer ein. Bis dahin herrschten vor allem kleinstädtische und dörfliche Strukturen vor, mit jeweils ausgeprägtem Anteil an Handwerksbetrieben. In den innerstädtischen Fachwerkhäusern, den für ein Ackerbürgerstädtchen typischen Häusern, wohnten nun immer mehr Bergleute, aber nicht im Eigentum, sondern zur Miete. Die Einwohnerzahl Kamens sprang von etwa 3.700 im Jahre 1870 auf ca. 10.000 im Jahre 1902.

Abb. 3: Monopol, nach 1942; im Vordergrund das Klärwerk

Daß eine so rapide Entwicklung zu sozialen Verwerfungen führte, ist verständlich, denn es mußte die vorhandene Infrastruktur an die neue Größenordnung angepaßt werden. Das bedeutete zuallererst, daß eine große Zahl an Wohnungen benötigt wurde. Die bis dahin von den Kamenern zur Verfügung gestellten Quartiere reichten nicht mehr, waren wohl oft auch sehr schlecht.

Daraufhin begannen die Gewerkschaften, so nannten sich die Unternehmen, eigene Wohnungen zu bauen, sogenannte Kolonien, die in der Regel in unmittelbarer Nachbarschaft der Zechen lagen. Dadurch verschwanden in den 1890er Jahren ehemalige Burgmannshöfe: der Vogelhof (heute Kamen Quadrat), der Galenhof (heute Musikschule), der Rungenhof (heute Gymnasium).

Abb. 4: Häuser für die Kumpels am Galenhof

Diese Kolonien führten aber zur Abkapselung der dort Wohnenden von der Alt-Bevölkerung. Und diese blieb über eine ganze Generation hinweg erhalten, wenn es zu landsmannschaftlichen Ansiedelungen kam. Aus politischen und kulturellen Unterschieden resultierten wesentliche Spannungen, die sicherlich auch ausländerfeindliche Züge annahmen. Wie das immer der Fall ist, wenn Fremde in eine festgefügte Gemeinschaft kommen.

In den Jahren 1920/21 begann die Gelsenkirchener Bergwerks AG, die inzwischen die Mehrheit der Kluxen (Anteile) besaß, erstmals damit, auf ihrem direkt an der Schachtanlage liegenden Gelände in der Westenfeldmark der Stadt Kamen für die Bergarbeiter der Zeche Monopol (Grillo-Schächte) eine Wohnsiedlung zu errichten. Sie wurde offiziell „Hindenburgsiedlung“ genannt, erhielt jedoch bald den Namen „Negerdorf“, da die Bergleute nach ihrer Arbeit ungewaschen, d.h., „schwarz wie Neger“, nach Hause kamen.

Ende der 1950er Jahre ließ die erste Kohlekrise hohe Kohlehalden, verschämt „Nationale Kohlereserve“ genannt, entstehen, es brauchte ein neues Konzept zur Erhaltung der Zechen. Es wurde die Ruhrkohle AG (RAG) gegründet, die alle Ruhrgebietszechen in ihrem Besitz bündelte. In den 60er Jahren stieg der Kohleabsatz wieder, und die ersten türkischen Bergarbeiter wurden für diese Arbeit angeheuert. Dennoch drohte Monopol 1973 nach Teilschließung der Tagesanlagen die komplette Schließung. Es kam zum Kampf um den Erhalt der Zeche. Doch das Ende kam 1983, 110 Jahre nach der Abteufung des ersten Schachtes, unwiderruflich. Monopol wanderte nordwärts und wurde als Neu-Monopol in Bergkamen noch ein paar Jahre fortgeführt.

So wie das Erscheinen der Kohle einst einen tiefen Strukturwandel bewirkte, so ist es auch mit ihrem Verschwinden. Die Digitalisierung von immer mehr Bereichen der Wirtschaft eröffnet neue Möglichkeiten, für die keine Kohle mehr gebraucht wird. Kohle ist heute nicht mehr die wirtschaftliche Verheißung, sondern der Klimakiller. Und die einstmals blühenden Knappenvereine sterben langsam dahin, weil es keinen bergmännischen Nachwuchs mehr gibt.

Glück Auf.

KH

Alle Abbildungen: Stadtarchiv

17. Zeitzeichen des KKK

Liebe Kulturfreundinnen, liebe Kulturfreunde,

nach drei Jahren Corona – Pause endlich wieder ein KKK-Zeitzeichen

Helden: verehrt – verklärt – verdammt

4000 Jahre Heldengeschichte

In der Geschichte der Menschheit gab es immer einzelne, die wegen ihrer Persönlichkeit aus der Masse herausragten: sie waren Anführer, weil sie besondere Taten vollbrachten, weil sie besser kämpften und in allem vorangingen. Sie haben die Zeiten überdauert, weilDichter die Taten von Gilgamesch über Odysseus bis Winnetou und Old Shatterhand besangen.
Dr. H.W. Drexhage zeichnet ihre Wirkungsgeschichte nach.

Aber viele Helden haben ihre Spuren auch in der
tatsächlichen Geschichte hinterlassen, z.B. Arminius, bei uns
besser bekannt als Hermann, der Cherusker, der dem römischen Reich 9 n. Chr. seine Grenzen aufzeigte. Er kämpfte vor 2000 Jahren, beginnt die 2. Hälfte der 4000 Jahre unseres Themas.

K. Holzer beschäftigt sich im 2. Teil des Abends mit den Helden der Wirklichkeit, die sich vornehmlich auf anderen Gebieten als dem Schwertkampf auszeichneten.

Es wird deutlich werden, wie sehr unser Begriff des Helden von persönlichen, nationalen und geschichtlichen Umständen abhängt.

Die Veranstaltung ndet am Donnerstag, 27. April 2023 im Kamener Haus der Stadtgeschichte, Bahnhofstr. 21, statt. Beginn ist um 19.30 Uhr.
Der Eintritt ist frei.

Die Kamener lutherische Gemeinde und ihre Kirche

von Klaus Holzer

Die Kamener lutherische Gemeinde und ihre Kirche

Abb. 1: Die Lutherkirche in den 1950er Jahren: bis 1976 war sie noch deutlich als Straßenkirche erkennbar 

Abb. 2: Die Lutherkirche aus Norden und

Abb. 3: aus Süden (2022), mit dem Anbau von 1871

Die kleinste der drei großen Kamener Kirchen verdankt ihre Existenz der Standhaftigkeit der zehn Kamener Familien, die 1589, als alle anderen Kamener sich zum Reformierten Glauben bekannten (vgl. Art. „Pauluskirche“), der lutherischen Konfession treu blieben. Und weil die Lutheraner die jüngste Kirchengemeinde sind und um ihre Werdung jahrzehntelang kämpfen mußten, gegen alle, und über 100 Jahre lang mit den Reformierten über Kreuz lagen, gerät dieser Artikel so umfangreich, muß er doch diese Reibereien berücksichtigen.

Kamen war seit den späten 1550er Jahren eine protestantische Stadt. Der Prediger Hermann Hamelmann (1526 – 1595; vgl. www.kulturkeiskamen.de: Kamener Köpfe) war 1553 der erste, der in Kamen nach Luthers Lehre predigte. Doch Herzog Wilhelm V. von Kleve, der zu der Zeit als Nachfolger der Grafen von der Mark – deren Geschlecht war ausgestorben – auch die Grafschaft Mark, und damit die Stadt Kamen, regierte, war erzkatholisch und wies den Drosten (auch Truchseß, ein hohes Hofamt, auch Vorsteher eines Verwaltungsbezirks) Diederich von der Recke an, Hamelmann der Stadt zu verweisen. Erst sechs Jahre später nutzten der (noch katholische) Pfarrer Johannes Buxtorf, der neue Prediger Hermann Schomburg und der angesehene Bürger Johann Wagner die Gunst der Stunde – zwei Kamener Vikare waren in Gerichtsverfahren wegen Alimenten zu Geldstrafen verurteilt worden, einer vermachte seinen „natürlichen“, d.h., unehelichen Kindern ein Stück Land – und brachten die Bürger des Ackerbürgerstädtchens hinter den erneuten Versuch, Luthers Lehre hierzulande zur Standardkonfession zu machen. Ganz Kamen fühlte, daß solch „zügellosem und unzüchtigen Verhalten“ (Buschmann) Einhalt geboten werden mußte.

So hätte es ruhig weitergehen können, wenn nicht ca. 60 Jahre lang, von etwa 1560 bis 1620, die Auswirkungen der Kleinen Einszeit Kamen in die Katastrophe gedrängt hätten. Dauerregen, Frost, Eis und Schnee bis weit ins Frühjahr, sogar auch im Sommer – das bedeutete Mißernten, und das war gleichbedeutend mit Hunger und Tod, für Mensch und Vieh gleichermaßen. In diesem halben Jahrhundert gab es nur zwei reguläre Ernten! Eine naturwissenschaftliche Erklärung hatte man nicht, es blieb nur die Schlußfolgerung: Gott will uns für unser gottloses Verhalten strafen. So entschlossen sich die Kamener, der viel strengeren Lehre Calvins zu folgen und zu hoffen, daß Gott das daraus folgende gottgefällige Leben honorieren und das normale Leben zurückkehren würde. Daher holte man 1589 Heinrich Bock, den ersten reformierten, also calvinistischen, Prediger nach Kamen.

Aber nicht alle Kamener waren zu diesem Konfessionswechsel bereit. Zehn Familien blieben Luthers Lehre treu, hatten jetzt aber keine Kirche mehr. Ihre Gottesdienste mußten sie in Privathäusern abhalten, sich eigentlich unsichtbar machen. 

Abb. 4: Urkunde Augsburger Religionsfrieden

Daß das keine dauerhafte Lösung sein würde, war allen klar, doch konnte man nicht einfach eine Gemeinde gründen, ein Grundstück kaufen und eine Kirche daraufsetzen, einen Prediger einstellen und los ging’s. Religion war Staatssache. Im Augsburger Religionsfrieden von 1555 hieß es: „cuius regio, eius religio“ (Anm.: „In wessen Land ich wohne, dessen Glaube nehme ich an.“), und das war nach den vielen religiösen Auseinandersetzungen bereits ein Fortschritt. Religion war nicht Privatsache, wenn sie für die verbliebenen Lutheraner auch im privaten Raum stattfinden mußte. Es sollte noch gut anderthalb Jahrhunderte dauern, bis sie endlich offiziell eine eigene Gemeinde bilden konnten.

Abb. 5: Kurfürst Friedrich III von Brandenburg

Abb. 6. Friedrich I König in Preußen.jpeg

Erst gegen Ende des 17. Jh. bestand die realistische Möglichkeit, eine Gemeinde mit eigener Kirche und einem Prediger bilden zu können. 1699 appellierten die Kamener Lutheraner an den Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg, er möge ihnen die „Erlaubniß zur freien Religionsausübung“ geben, wenn auch nur für einen „verdeckten Gottesdienst“, d.h., in Privaträumen. 

Abb. 7: Epitaph Boisson in der Pauluskirche in Hamm

Dieser Kurfürst erhöhte sich im Jahre 1701 zum König Friedrich I. in Preußen, mit Billigung und Zustimmung von Kaiser Leopold I., dem er, auf Grund einer komplexen politischen Gemengelage, zu Diensten sein konnte (z.B., weil Leopold mit dem Spanischen Erbfolgekrieg zu tun hatte, mit den nach Unabhängigkeit strebenden Holländern u.a.). Damit war Kamen 1701 plötzlich preußisch geworden und bekam, weil die Preußen eben alles gern unter Kontrolle hatten, schließlich war man aufstrebende Macht, eine Abteilung Soldaten in die Stadt, die dem Buissonschen (offenbar gibt es auch eine andere Schreibweise: Boisson) Regiment in Hamm zugehörten. Generalmajor Johannes du Buisson, Sprößling einer nach Preußen geflohenen Hugenottenfamilie, war der preußische Oberkommandierende in der Grafschaft Mark.

Abb. 8: Darstellung eines Gemeinen des Infanterie Regiments No. 9 von 1759

Diese Einquartierung war das Glück der Kamener Lutheraner, bekamen sie doch durch die preußischen Offiziere kräftige Unterstützung für ihr Anliegen, schließlich waren diese durchweg Lutheraner, die gern Anschluß an eine kirchliche Gemeinde gehabt hätten. 

1711 läßt der König wissen, daß er über den Antrag erst entscheiden könne, wenn die Antragsteller berichten, „wie stark die lutherische Gemeinde anjetzo (zur Zeit) ist; wie weit es von dannen zum nächst gelegenen Orte ist, alswo sie Exercitium (Gottesdienst) haben; welcher Gestalt sie einen Prediger zu salieren (bezahlen) vermeinen“ u.a. Die Lutherischen beantworten diese Fragen und enden: „ … besagte lutheraner fühlen sich gemüßigt, in tiever Devotion sich zu erkühnen, ew. Königl. Majestät nochmal um Gottes Willen und flehendlich zu bitten, Sie allergnädigst zu geruhen, dieselbe schon soland und mit großen Kosten gesuchte Exercitio Religionis Lutheranae publico (öffentliche Ausübung der Religion nach Art Luthers) in unserer Stadt Camen, worinnen nicht nur die röm. katholischen eine Kirche und Gottesdienst haben, sondern auch den Juden ein solches Exercitium verstatten worden zu begnädigen“, wie es in der devoten Sprache der Zeit heißt.

Daraufhin versuchen die Reformierten, den Nachweis zu erbringen, daß eine Zulassung der Lutherischen in Camen in vielerlei Hinsicht „zum äußersten Schade der Stadt, Kirche, Prediger und Schulbedienten ja zum Ruin der Bürgerschaft und unterschiedlichen Haushaltungen ja selbst unseren Hospital und Hausarmen zum Nachteil gereichen würde.“ Und prompt wird die Bitte abgelehnt: „Alle Neuerungen sind bei Strafe zu verbieten.“ (Alle Zitate nach Wilhelm Wieschhof) Natürlich hätte den Kamenern auch der Besuch der lutherischen Kirche in Methler offengestanden (die Methleraner blieben immer Lutheraner), doch war ihnen der Weg wohl zu weit. Es ging kaum jemand hin. Die Katholiken waren zu dieser Zeit mobiler oder gläubiger, die gingen aus dem ganzen Kirchspiel nach Kamen (vgl.Artikel „Die Pfarrkirche Hl. Familie“)

Am 24. März 1714 erteilte König Friedrich I. durch „Cabinets-Ordre“ dann endlich die Erlaubnis zur Gründung einer eigenen lutherischen Gemeinde. 

Wilhelm Wieschhoff zitiert aus einer im Stadtarchiv vorhandenen handschriftlichen Kopie des Edikts an die zuständige Regierung in Kleve: „Es haben die Evang. Luth. zu Camen, in dem hierbey befindlichen Memorial allerunterthänigst gebeten, daß ihnen daß exercitium publicum ihrer Religion daselbst verstattet werden möchte etc. Unsere allergnädigste Willensmeinung ist auch, daß den supplicanten (Bittstellern) sothanes exercitium (solche Ausübung) ohne weitere opposition oder remonstration (Behinderung) auff demselben Fuß, wie denen Evang. Reformirten  concedirt und sofort verstattet werden soll, als welches wir auch in allen übrigen orthen, wo Evang. Lutherische sich in genügsamer anzal finden, also gehalten, und ihnen das freye exercitium ihrer Religion eingeräumet wißen wollen. Ihr habt also dieserhalb, alsofort gehörige Verfügung zu thun, damit wirr von denen Supplicanten deßhalb nicht weiter behälliget werden mögen. Sind gegeben. Berlin den 24 Martii 1714“.

Schon einen Monat später, am 22. April, hielt diese zum ersten Mal einen feierlichen Gottesdienst ab, natürlich noch in einem privaten Saal, dem der „Jungfer Beckmann“ (Buschmann), eine Kirche gab es ja noch nicht, geschweige denn einen Prediger. Für diesen ersten Gottesdienst holte man sich Magister Hafer aus Unna. Und drei Wochen später, am 10. Mai, dem Himmelfahrtstage, teilte Pastor Davidis aus Unna der Gemeinde zum ersten Male das heilige Abendmahl nach lutherischem Ritus aus. 

Inzwischen empfand die Gemeinde es als immer bedrückender, ihre Gottesdienste in privaten Räumen feiern zu müssen. Zu Ostern 1715 kaufte sie ein Haus und richtete es als Kirche her. Finanziert wurde der Kauf zum einen durch eine vom König gestattete „Colleckte außer Landes“, d.h., jemand durfte im „Ausland“ versuchen, genug Geld für alles weitere Notwendige aufzutreiben. „Ausland“, das war damals schon z.B. Hannover. Es wird deutlich: Religion war eine Sache, die durch die Obrigkeit bestimmt wurde, selbst das Sammeln von Geld bedurfte der Genehmigung. Zum anderen trugen naturgemäß die Gemeindemitglieder auch selber mit ihren Spenden zum Aufbau ihrer offiziellen Strukturen bei, so mager diese Beiträge auch sein mochten. Die vermögenderen Bürger waren bei den Reformierten.

Das preußische Kommando wurde 1743 wieder aus Kamen abgezogen, erlebte also die Einweihung der neuen Kirche, deren Entstehung nicht zuletzt ihm zu verdanken war, im folgenden Jahr nicht mehr. Und noch etwas hinterließen die Preußen Kamen: 1724 bauten sie ein Wachhaus auf dem Markt, Corps de Garde, bei den Kamenern einfach „Kortegatt“ geheißen. Als die Preußen abzogen, wurde es nicht mehr benötigt und einfach abgerissen.

Die kleine Gemeinde spürte, daß man, um auf Dauer bestehen zu können, einen eigenen Prediger brauchte, der durch regelmäßige Gottesdienste und Gemeindearbeit die Gemeinde zusammenhalten würde. Aber für diese Entscheidung gab es auch einen praktischen Grund: Die extra für den Gottesdienst aus den Nachbargemeinden, z.B. dem lutherischen Methler, nach Kamen geholten Prediger fanden es doch sehr „mühsam und beschwerlich“ (Buschmann), so oft zu Fuß nach Kamen und zurück gehen zu müssen, zumal der Weg zwischen Kamen und Methler oft von der Seseke überschwemmt war.

Die Wahl des Presbyteriums – das nur bei dieser ersten Wahl zuständig war, von nun sollten bei Pfarrerwahlen alle selbständigen Gemeindemitglieder wahlberechtigt sein – fiel auf Johann Moritz Neuhaus, der am 18. August 1716 sein Amt in Kamen antrat und es bis zu seinem Tod am 15. Oktober 1738 ausübte. Neuhaus ging sogleich auf Kollektenreise nach Norden, Hannover, Dänemark usw. Reisen war beschwerlich und dauerte lange. Neuhaus’ Gemeinde hatte große finanzielle Sorgen, sie wußte nicht, woher sie das Geld für das Gehalt des Predigers sowie des Lehrers nehmen sollte. Gleichzeitig mußte ein Grundstück für den Kirchbau gesucht werden, was die Probleme natürlich verschärfte.

Abb. 9: Akenschocken- bzw. Fetthakenhof mit Position der Lutherkirche

Gleich östlich des Akenschocken-, später Fetthakenhofes, des großen Burgmannshofes mitten in der Stadt (heute: Willy-Brandt-Platz), wurde man fündig. Die Straße, an der diese Kirche stand, hieß später Lutherische Kirchstraße, dann Grevelner Straße nach einem dortigen Bauern, heute Kampstraße, als nördliche Begrenzung wurde die Roth(Rott)straße, heute Adenauerstraße, genannt. Aber nun begann ein zähes Ringen, weil die Stadt Kamen im Verein mit der reformierten Gemeinde sich mit Händen und Füßen gegen dieses Vorhaben sträubte.

Abb. 10: Das Kamener Mühlentor (1777)

Inzwischen war Pfarrer Heinrich Wilhelm Hencke Nachfolger von J.M. Neuhaus geworden. In seine Zeit fielen die entscheidenden Schritte bei der Errichtung des Neubaus. Am 20. August 1742 konnte der Grundstein gelegt werden, nach dem Abriß des 1715 gekauften und extra für Gottesdienste umgebauten Hauses, das längst baufällig geworden war. 1816 schreibt der aktuelle Pfarrer Pleuger, daß „der Grund und die Steine pp von Johann Bockskopf und seiner Gemahlin angekauft“ seien. Weitere Steine für den Kirchbau stammten aus dem Abbruch des oberen Teiles des Mühlentores. Wilhelm Wieschhoff zitiert aus den Stadtrechnungen der Jahre 1742/43: „Ferner hat die Mühlenpforte oben abgebrochen werden müssen, die großen Steine davon sollen zu Dienste des Rathauses verbrauchet, die übrigen sind verkaufet zu Dienste der Lutherischen Kirche vor 10 Reichsthaler und 30 Stüber.“ Wiederverwertung war früher der Normalzustand: nichts, was noch verwendbar war, wurde vernichtet.

Abb. 11: Märkischer Stüber von 1806

Schon zwei Jahre später, am 2. August 1744, erfüllte der Neubau alle Anforderungen, die an eine Kirche gestellt werden: die Lutherkirche konnte eingeweiht werden, es konnte Gottesdienst nach lutherischer Art gehalten werden.

Abb. 12: Der Kanzelaltar 

Abb. 13: Die Kanzel mit der Jahreszahl 1656

Abb. 14: Der Kanzelaltar: die Totale

Dieser Kanzelaltar gibt einige Rätsel auf. Solch eine Altarform ist in Westfalen nicht häufig anzutreffen. Vor allem aber fragt der Betrachter sich, wie auf den Altar in einer Kirche, die 1744 geweiht wurde, die Jahreszahl 1656 kommt, 88 Jahre vor der Einweihung. Es bleibt nur der Schluß, anzunehmen, daß dieser Altar ursprünglich für eine andere Kirche gefertigt wurde. Bringen wir diese Annahme zusammen mit der Tatsache, daß unser Kirchlein sehr starke Unterstützung von den in Kamen stationierten preußischen Soldaten erhielt, diese Soldaten aus Brandenburg kamen und Brandenburg, vor Sachsen, die Region Deutschlands ist, wo dieser Altartyp am weitesten verbreitet ist, liegt es nahe, daß er von den Soldaten mit hierhergebracht wurde. 

Gemäß lutherischer Tradition ist die deutschsprachige Predigt zentraler Bestandteil des Gottesdienstes. In ihr wird jedes Mal ein Bibeltext ausgelegt, oft mit aktuellem Bezug. Daher ist die Kirche im ganzen zentral auf den Altar ausgerichtet, während er z.B. in reformierten Kirchen oft seitlich der Bänke steht. Im Schalldeckel des Kanzelaltars befindet sich ein Strahlenkranz mit der Friedenstaube im Zentrum, dem Symbol des Heiligen Geistes. Auf jeder Seite des Predigers weist ein Engel nach oben, auf den Strahlenkranz mit der Taube hin. Sie sind pausbäckig und kraftvoll und schauen mahnend zur Gemeinde hin: schaut her, hört hin, hier wird das Wort Gottes verkündet.

Da die Gemeinde die kleinere der beiden Kamener Gemeinden war, mußte, wegen der Streitigkeiten mit den Reformierten, der größeren Gemeinde, die Kirche auch kleiner sein. Sie ist eine bescheidene Saalkirche (einschiffiges Kirchengebäude) und mißt innen    21,50 m x 9 m. Der Bau selber besteht aus verputzten grünen Sandsteinquadern – das ist auch das Baumaterial der Pauluskirche und der Stadtmauer, damit paßt sie in die vorhandene historische Bausubstanz. Klar, besteht sie doch zu erheblichen Teilen aus den Steinen eines viel älteren Stadttores. Und da sie in einer Straße lag, d.h., ohne die Möglichkeit für einen eigenen Kirchplatz (der ihr sowieso nicht genehmigt worden wäre), war sie eine preußische Straßenkirche. Sie durfte die Flucht der Häuser nicht sprengen, sie ist daher auch nicht geostet und durfte anfangs auch keinen Turm haben. Wann dieser auf das Kirchdach gesetzt wurde, ist nicht ganz klar. Allgemein wird bei Stadtführungen heute das Jahr 1868 für die Errichtung des Turmes oder Dachreiters angegeben, doch zitiert Wieschhoff den Prediger Hoffbauer, der 1829 schreibt: „Auf der Nordseite des Daches erhebt sich ein kleiner auf dem Gemäuer ruhender hölzerner mit Schiefer gedeckter Turm, welcher jedoch keine Uhr und kein Geläute hat.“ Offenbar war er für Hoffbauer bereits selbstverständlich, demzufolge muß er deutlich vor 1829 errichtet worden sein. Sie ist die einzige Straßenkirche in Westfalen. 

An der Ostseite lag ursprünglich ein Friedhof, der schon ab 1810 vom Lehrer und Küster als Garten genutzt wurde. In den 1970er Jahren wurde der Pfarrgarten im Zuge der Flächensanierung der Nordstadt erst um ein Stück verkleinert, damit die Anlieger der Weststraße (im Bereich der Commerzbank) und der Nordstraße (hinter Möcking) eine (hintere) Zufahrt zu ihren Grundstücken hatten. Durch diese Maßnahme ist die einstige Straßenkirche, von Häusern flankiert, ein einzeln stehendes Gebäude geworden. 2015 wurde der Garten mit dem großen Wohn- und Geschäftshaus vor dem Einkaufszentrum Kamen Quadrat überbaut.

Abb. 15: Die Falkschule (Gebäude rechts)

Hencke ging ebenfalls gleich auf Kollektenreise ins „Ausland“. Ihn führte es nach Westen, Holland war sein Ziel. Seine Kollekte reichte nicht ganz für ein neues Gestühl, aber die wohlhabenderen Gemeindemitglieder retteten die Aktion, indem sie ihr eigenes Gestühl kauften und obendrein noch regelmäßig eine Gebühr entrichteten, quasi als „Miete“ für ihr Gestühl, das dann natürlich für sie reserviert blieb. Das sicherte der Kirche ein zwar kleines, aber regelmäßiges Einkommen. Hencke ersteigerte auch einen „Baum- oder Grashoff“ für die Kirchengemeinde, auf dem 1883 die große lutherische Schule errichtet wurde, die zuletzt den Namen Falkschule trug. Im II. Weltkrieg wurde die Falkschule stark beschädigt, es standen nicht mehr genug Klassenräume für alle Schüler zur Verfügung. Daher wurden zwei Klassen in das alte Gebäude, den Anbau an der Kirche, verlegt. Hier wurden sie auch vom Küsterehepaar betreut.

Abb. 16: Die Lutherrose an den Gestühlswangen

Die Kamener Gemeinde steht mit ihrem Bestreben, von Anfang an eine eigene Schule zu errichten, durchaus in der von Martin Luther angestoßenen Tradition – er übersetzte die Bibel, damit jeder sie lesen könne –  ihren Mitgliedern höhere Bildung zu verschaffen. Seit der Reformation hatte sich das protestantische Pfarrhaus zu einer auch kulturelle Werte vermittelnden Institution entwickelt, aus der viele bedeutende Personen des öffentlichen, wissenschaftlichen und künstlerischen Lebens hervorgingen. Diese Schule wurde im Zuge der umfassenden Flächensanierung der Nordstadt, vulgo Plattmachen, abgerissen. Hencke starb 1755, erst 42 Jahre alt. 

Abb. 17: Grabplatte Pfarrer Hencke

Über eine hochinteressante Einzelheit zum Thema Lutherkirche und Schule berichtet August Siegler, ein in vielerlei Hinsicht verdienstvoller Kamener 1926/27 in der Zechenzeitung. Seit dem Ansiedlungsgesetz von 1876 mußten alle Zechen im Deutschen Reich sich an der Infrastruktur in den von ihnen aufgeblähten Städten und Gemeinden beteiligen, nahmen ihre Arbeiter und deren Familien doch die ganze Infrastruktur, also Wohnraum, Wasser, Schulen, Straßen usw. in Anspruch. Als Monopol 1887 begann, im Westen der Stadt neue Zechenwohnungen zu bauen, schloß die Gesellschaft mit der lutherischen Gemeinde einen Vertrag ab, der besagte, daß die Schule alle schulpflichtigen Kinder aus diesen Häusern aufnehmen werde, Monopol dafür pro Kind 20 Mark in die Schulkasse einzahlen würde, und das gleich für mehrere Jahre im voraus, was für die Finanzierung des Schulbaus natürlich hochwillkommen war. Die Folge davon war freilich, daß diese Häuser am heutigen Ulmenplatz nunmehr ausschließlich mit Angehörigen der lutherischen Gemeinde belegt wurden. Daher hieß diese Gegend im Volksmund nur „Luthertum“. Diese Abmachung trug bis 1900, als alle Volksschulen der Stadt in städtische Hand übergingen und somit zur öffentlichen Sache wurden. Nebenbei bemerkt: hier wird deutlich, daß die Trennung nach Konfessionen bis ins Wohnen hineinreichte.

Geld war für die Kamener lutherische Gemeinde das Dauerproblem, selbst die Kirchenbänke wurden verpachtet, und die daraus resultierende Einnahme trug wesentlich zur Finanzierung bei. Dennoch wendet sich das Presbyterium 1765 erneut an den König um eine Kollekte „in auswärtigen Landen“, weil man nicht in der Lage sei, den Kommunionwein (sic) zu bezahlen und „daß es unumgänglich sei, eine Kanzel und eine Orgel zu haben, und auch eine Dachreparatur nötig sei“ (zit. nach Wieschhoff). 21 Jahre nach der Einweihung der Kirche fehlt es an allem.

Da schien der Nachfolger Henckes, Bernhard Diedrich Fabricius aus Wickede, gerade der richtige Mann zu sein, der der Gemeinde aus ihrer Not helfen könnte. Man war der Meinung, daß er „beste Geschicklichkeit“ dazu hat, eine Kollekte vorzunehmen. Nach guter, nicht nur Kamener, Tradition ging er dann auf Kollektenreise, nach Osten, Ostpreußen war sein Ziel, und war wohl recht erfolgreich. Er soll eine erkleckliche Summe gesammelt haben, was durchaus glaubwürdig erscheint. Schließlich brennt niemand mit einer sehr kleinen Summe Geldes durch. Fabricius jedenfalls verschwand auf Nimmerwiedersehen. Und die Gemeinde war betrübt und entsetzt. Ab jetzt mußte sie noch mehr sparen, es fehlte hinten und vorne an Geld. 

Diese Dürrezeit dauerte bis 1768, als Dietrich Bunge Pfarrer der Gemeinde wurde. Dieser war ein Segen für die Gemeinde, verschaffte er ihr doch aus dem Geld, das er beigetrieben hatte, 1770 eine Orgel. Noch spendabler aber wurde sein Nachfolger, Christian Wilhelm Moll, der nachgerade zum Wohltäter der Gemeinde wurde. 33 Jahre lang leitete er die Gemeinde. In dieser Zeit schenkte er ihr sein Haus samt Obst- und Gemüsegarten (das ist das ehemalige Pfarrhaus an der Nordstraße, das früher mit einem großen Garten ausgestattet war; heute eine Sprachschule), einem Stück Weidegrund sowie den Garten vor dem Vieh- oder Nordentor, so daß die bisherige Pfarrwohnung nun die Wohnung des Lehrers und Küsters werden konnte.

Aus heutiger Sicht ist die Beschreibung der Tätigkeit eines Lehrer-Küsters hochinteressant, hat sie doch mit unserem Verständnis von Lehrertätigkeit nicht viel zu tun. Er muß die Kinder in Lesen und Schreiben und „besonders im Beten informieren“. Seine Unterrichtszeiten sind von 8 bis 11 und von 12 bis 3. Weil alle Kinder zu Fuß zur Schule gingen, mußten sie sehr früh aufstehen und die Mittagspause wohl auf dem Schulgelände verbringen. Der Unterricht hat morgens mit Gesang und Gebet anzufangen und später mit einem Gebet zu enden. Damit der Lehrer nicht auf dumme Gedanken kommt, wird er zu „äußerstem Fleiß“ angehalten. Zweimal pro Woche hat er seinen Schützlingen den Katechismus nahezubringen; er muß dem Prediger nach der Kirchenordnung Gehorsam leisten, darf ohne dessen Wissen nicht den Unterricht versäumen und die Stadt nicht verlassen, damit „er bei anfallenden Amtsverrichtungen gleich könne gebrauchet werden“. An Sonn- und Feiertagen muß er die Kirche auf- und zuschließen und auch vorsingen; er muß die Glocken läuten und die Orgel spielen (natürlich erst, wenn die Gemeinde beides erst einmal hat). 

Immer noch war die Gemeinde nicht imstande, ihrem Pfarrer ein anständiges Gehalt zu zahlen. Dazu ist es gut, zu wissen, wie hoch solch ein Gehalt war und wie es zustandekam. 1737, heißt es bei Wieschhoff, erhält Neuhaus ein „Jahresgehalt von 200 Reichstalern. Davon stammen 50% aus der Nutzung des gemeindeeigenen Gartens (und dort mußte er selber arbeiten), 10% aus Klingelbeutelgeldern (es heißt aber: „soviel ist noch kein Jahr reingekommen“), der Rest sind Zinseinkünfte ausgeliehener Kapitalien“. Neuhaus mußte sich sogar die Zinsen, die er auf sein Privatkapital erhielt, auf sein Gehalt anrechnen lassen! Kein Wunder, daß die Kamener Lutheraner ständig beim König vorstellig wurden, er möge ihnen Geld geben, eine Kollekte erlauben oder eine „Beysteuer“, also eine Extrasteuer, zugestehen. Wie wichtig für unsere Altvorderen Traditionen und Rituale waren, zeigt die dringliche Bitte um Geld für die Anschaffung einer Totenglocke: man könne seine Toten nicht mit Glockengeläute begraben. Die Kamener wurden aufdringlich, entsprechend selten wurden ihre Bitten ihnen gewährt.

Einmal jedoch geschah das Unerhörte. Zur Zeit des Pastors Moll, als das Diensteinkommen immer noch viel zu niedrig war, „hat Se. Majestät der König seit einer Reihe von Jahren allergnädigst aus der Staats-Casse den Predigern Zulage gewährt“, schreibt Buschmann. Damit war die Gemeinde aus dem gröbsten heraus, war etabliert, war in sicherem Fahrwasser und wuchs. Aber auch wenn die kleinere, lutherische Gemeinde nun neben der größeren reformierten sicheren Bestand hatte, gab es dennoch immer wieder Reibungen zwischen den Konfessionen, die Konkurrenzsituation ließ sich nicht leugnen.

Am 1. Mai 1814 feierte die lutherische Gemeinde ihr 100-jähriges Stiftungsfest. Pfarrer Johann Carl Pleuger, Nachfolger Molls seit dessen Tod 1806, konnte zum Abendmahl 100 (Pröbsting; Buschmann nennt die Zahl 500, Wieschhoff 400) Kommunikanten begrüßen. Riesengroß ist der Gemeindebezirk: Camen (bis 1903 mit C), Bergcamen, Overberge, Derne, Rottum, Südcamen, Töddinghausen, Rünthe, Heeren, Werve und die Chaussee nach Unna (die Unnaer Straße). Und die meisten gingen wohl zu Fuß! Ein Kirchbesuch war also nicht nur etwas zwischen Frühstück und Frühschoppen, sondern für viele eine ganztägige Veranstaltung. Da mußte man schon glaubensfest sein.

1820 starb Pleuger. 1824 wurde für beide Kamener Gemeinden ein besonders bedeutungsvolles Jahr. Am 6. Mai d.J. nahm eine Königliche Kommission aus Arnsberg „huldvoll“ zur Kenntnis, daß die Gemeindemitglieder mit überwiegender Stimmenmehrheit erklärten, „daß der Konfessionsunterschied zwischen den Reformierten und Lutherischen forthin kein Hindernis der Abendmahlsgesellschaft sein solle, und daß die beiden evangelischen Gemeinden hier ihre bisherigen Parteinamen aufgäben und sich als die größere und kleinere evangelische Gemeinde bezeichnen wollten. Damit war die Union angenommen.“ (Pröbsting) Von 1830 an führten beide Gemeinden angelegentlich der Feiern zum 300. Jahrestag der Augsburgischen Konfession (Confessio Augustana) den Unionsritus beim Abendmahl ein, ein großer Schritt für beide, der den Willen zur Union bekräftigte. Alle Konfessionsunterschiede zwischen Reformierten und Lutheranern sollten aufgehoben sein. Beide gaben ihren bisherigen Namen – reformiert und lutherisch – auf, wollten sich nur noch „die größere Gemeinde“ mit der „größeren Kirche“ und „die kleinere Gemeinde“ mit der „kleineren Kirche“ nennen, und traten offiziell der uniert-evangelischen Kirche bei.

Aber dann gab es Gegenwehr, nicht alle wollten diese Vereinigung, manche durchaus aus persönlichen Gründen. Die Gemeinde war immer noch finanziell schwach, konnte ihren Pastor nicht angemessen bezahlen, ein Dauerproblem. Dieser hatte auch zunehmend mit seelsorgerischen Problemen zu kämpfen, z.B. gab es immer mehr gemischte Ehen zwischen lutherischen und reformierten Partnern. Weil die reformierte Gemeinde zahlenmäßig wesentlich größer und daher finanzkräftiger war, war die Abgabelast der einzelnen Mitglieder auch deutlich geringer, und dabei drohten auch noch Reparaturarbeiten an der mittlerweile 80 Jahre alten „kleineren“ Kirche, und ein neues Schul- und Küsterhaus mußte auch gebaut werden. 1834 wandten sich 70 angesehene Mitglieder der lutherischen Gemeinde direkt an den König und forderten mit dieser Argumentation die Vereinigung erneut. Die Genehmigung blieb aus. 

1850 war das Jahr, in dem die Aussicht auf eine Vereinigung wieder einmal besonders günstig zu sein schien, weil man immer stärker die Trennung dieser beiden Konfessionen als „unselig“ empfand. Beide Seiten benannten Kommissionen, die den Vereinigungsprozeß vorbereiten sollten. Die äußeren Umstände schienen günstig zu sein: der lutherische Pfarrer Franz Christoph Hoffbauer, ein Gegner der Vereinigung, 1821 in dieses Amt gewählt, starb und die Gemeinde konnte den eigenen Pfarrer nicht mehr oder immer noch nicht bezahlen, weil der Staatszuschuß gestrichen worden war. Da schien es vorteilhaft, wenn man sich das Gehalt mit der größeren Gemeinde teilen konnte. Gleichzeitig verließ Pfarrer Buschmann die reformierte Gemeinde (er wurde Superintendent in Arnsberg), also war auch hier ein Neuanfang nötig. Die Kommissionen einigten sich ohne Schwierigkeiten auf die Bedingungen der Vereinigung, schließlich war man schon seit 30 Jahren an diesem Projekt der „Combinations-Urkunde“ (Pröbsting) dran gewesen. Aber in den hohen kirchlichen Instanzen war zu der Zeit die Stimmung pro Erhalt des lutherischen Bekenntnisses, so daß die Mitglieder der Kamener Gemeinde, die sich eben hierauf beriefen, Erfolg hatten und der schon rechtskräftig abgeschlossene Kamener Vertrag durch das Konsistorium in Münster verworfen wurde. 

Der Einigungswille eines Großteils der Kamener Gemeinde war durch die äußeren Umstände befördert worden. 1841 begann die „größere Kirche“ (heute die Pauluskirche) baufällig zu werden, einzelne Gewölbeteile fielen während eines Gottesdienstes von der Decke, verletzten aber zum Glück niemanden. Aber weitere Gottesdienste waren unmöglich geworden. Was blieb zu tun? Die Reformierten fragten die Lutheraner, ob sie deren „kleinere Kirche“ benutzen dürften, und die zögerten nicht, ja zu sagen. Buschmann und Pröbsting schreiben in ihren gemeinsamen „Erinnerungen“: „Am 28ten November Morgens ward der letzte Gottesdienst in der al­ten Kirche gehalten, und gleichsam ahnend, in den heiligen Hallen werde sich keine Gemeinde mehr zur Anbetung versammeln, schied die Menge trauernd und weinend von der theuren Stätte. Nach Uebereinkunft mit dem Vorstande der hiesigen kleineren Ge­meinde, wurden vom 5t Dec. an die Gottesdienste der größeren Ge­meinde auch in der kleinen evangelischen Kirche gehalten.“ Und man merkte, wie nah man einander im Alltag doch war, daß die großen Unterschiede zwischen den Konfessionen eher die Theologen als die gemeinen Leute sorgten.

Die Ablehnung der „Combinations-Urkunde“  durch Münster wurde von der Mehrheit der Kamener lutherischen Gemeindemitglieder als ungerecht empfunden, und entsprechend handelten denn auch viele von ihnen und schlossen sich der größeren Gemeinde an. Von den vorher ca. 1200 Gemeindemitgliedern blieben wenige hundert Lutheraner übrig. In den Folgejahren veränderten sich die Verhältnisse zwar deutlich, die Entfremdung der beiden Gemeinden schwand allmählich, alte Freundschaften lebten fort, die kleinere Gemeinde wuchs wieder und wurde reicher, ihre Finanzkraft wuchs, kurz: Annäherung fand statt. Pröbsting schreibt: „Bleibt nicht die Vereinigung der beiden evangelischen Gemeinden, welche auf Einem Glaubensgrunde stehen, ein schönes Zukunftsbild?“ 

Aber die Gegenwart sah für die Gemeinde eher trübe aus. Um sie überhaupt vor dem Zerfall zu bewahren, schickte der Oberkirchenrat in Berlin (d.i. die oberste Kirchenleitung) einen Pfarramtsverwalter namens Bossart nach Kamen, den es aber nicht lange hielt. Nach kurzer Zeit folgte ihm Pfarrer Pröbsting von der größeren Gemeinde im Amt nach – ob die zuständigen Stellen die Ironie, die in der verweigerten, aber jetzt tatsächlichen Vereinigung lag, bemerkten? – ihm folgte Pfarrer Brockhaus aus Unna. Und Berlin griff zu einer noch  flüchtigeren Maßnahme. Jetzt wurden auch noch Kandidaten zur Aushilfe berufen, d. h., Pfarrer in der Ausbildung. So ergab sich eine zehnjährige Vakanz von 1850 bis 1860. Die großen Hoffnungen auf einen gemeinsamen Neuanfang von 1850 brachten also de facto einen Rückschritt.

Endlich, 1860, sah auch Berlin, daß eine dauerhafte Lösung gefunden werden mußte, wollte man nicht das Zerbrechen der Kamener Gemeinde riskieren. Man sprach der Kamener Gemeinde erneut einen Zuschuß zum Gehalt eines eigenen Pfarrers zu. Ludolph Heinrich Kieserling trat noch im selben Jahr seinen Dienst hier an und betrieb energisch die Wiederbelebung des Gemeindelebens. Es wurde das Pfarrhaus repariert, die vielen morschen Teile der Kirche wurden ausgetauscht und erneuert, ein Schulhaus wurde gebaut, gleich mit einer Lehrer- und Küsterwohnung (1871). 

Abb. 18: Küsterhaus von 1871 (von Osten her)

1865 schickte die oberste Kirchenleitung  aus Berlin einen hochrangigen Vertreter nach Kamen, der einen weiteren Versuch zur Vereinigung unternehmen sollte. Durch seine Vermittlung wurde schnell eine Einigung erzielt, doch dann wurde ausgerechnet das Gehalt der Pfarrer zum Anlaß des Scheiterns. Die Reformierten bestanden auf 500 Talern Jahresgehalt, ausgerechnet die immer so klammen Lutheraner hingegen wollten unbedingt 700 Taler durchsetzen. Beide Seiten erwiesen sich als echte westfälische Dickköpfe und lehnten jeden Kompromiß ab. Das Unternehmen war gescheitert, wieder einmal. Fiat iustitia et pereat mundus.

Dieser Zwist deutet darauf hin, daß eine Vereinigung nicht aus theologischen Erwägungen heraus gewollt wurde, sondern finanzielle Gründe ausschlaggebend waren. Die Lutheraner wollten das höhere Gehalt, eben weil sie ihre Pfarrer im früheren Jahren nicht oder nur sehr schlecht bezahlen konnten, und die Reformierten saßen auf einem Berg Schulden aus dem Kirchneubau (vgl. Artikel „Pauluskirche“) in den 1840er Jahren. Retter der kleinen, trotz ihrer Forderung nach einem höheren Gehalt immer noch armen Lutheraner wurde Friedrich von Bodelschwingh, der einen Antrag durch die Kreissynode von 1867 brachte, daß die gesamten Mittel aus Sammlungen der kleinen lutherischen Gemeinde in Kamen zukommen sollten, „bis sie lebensfähig sei, gegen die Stimmen der Kamener Pastoren“. Und: „Diesem Beschluß verdankt in der Tat die kleine Gemeinde, daß ihr nicht der Todesstoß gegeben worden ist.“ (zitiert nach Wieschhoff) 

1868 wurde eine Glocke angeschafft, die 1869 im kleinen Turm, eigentlich war das ein Dachreiter, aufgehängt wurde. Sie trug die Inschrift: „Soli Deo Gloria 1869“ (Allein zum Ruhme Gottes). 1872 schenkte der Kaiser unserem Kirchlein eine weitere Glocke, gegossen aus im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 erbeuteten französischen Kanonen. Ihre Inschrift: „Germaniae Imperatoris Guilelmi I victoris munificentia capto ex aere gallico facta sum, 1872“ (Aus erobertem gallischen Erz bin ich gemacht, durch die Freigebigkeit des Deutschen Kaisers Wilhelm I., des Siegreichen, 1872). Beiden Glocken war kein allzu langes Leben in dieser Kirche beschieden. 1917 traf die Aktion „Gold gab ich für Eisen“ (im Falle der Bronzeglocken tat’s Kupfer auch) nicht nur die beiden großen Kamener Kirchen, auch die kleinere Kirche mußte eine Glocke abgeben, die „Kaiserglocke“, die in der Kupferhütte Kaiser in Lünen eingeschmolzen wurde. 1922 wurde für die verlorene Glocke Ersatz beschafft, wieder eine Bronzeglocke. Die ältere und größere wurde erst im 2. Weltkrieg zu Waffen verarbeitet, zusammen mit der zweiten Glocke. Von 1942 bis 1954 besaß die Kirche gar kein Geläut. Am 3. Okt. 1954, dem Erntedanktag, wurden dann zwei neue Glocken feierlich in Betrieb genommen. Und damit sie nicht das Schicksal der anderen beiden Glocken erleiden, wurden sie nach einem ganz besonderen Legierungsverfahren in Bayern hergestellt: das wertvolle Kupfer kann nicht herausgeschmolzen werden. Die große Glocke hat einen Durchmesser von 67 cm und wiegt 450 kg, sie trägt wieder die Inschrift: „Soli Deo Gloria“. Die kleine mißt 57 cm bei 150 kg, sie singt: „Kommt, denn es ist alles bereit“. Beide Glocken werden elektrisch betrieben.

Eine Kuriosität sei noch erwähnt. Manche alten Kamenser glauben, aus dem Geläut der drei großen Kirchen etwas westfälisches herauszuhören:

Pauluskirche: Graute Baunen mit Speck 

Heilige Familie: Die mag ich nicht

Lutherkirche: Dann gib sie mir

Kieserling verließ Kamen 1868 und übergab seinem Nachfolger Gustav Adolf Geibel eine intakte Gemeinde, die, im Gleichschritt mit der Stadt, rasch wuchs. Die seit 1873 abgeteufte Zeche Monopol brauchte Arbeiter, und die kamen in großer Zahl hierher. Die meisten der Zugezogenen waren zwar Katholiken aus Süddeutschland, Österreich, Schlesien und Polen, doch waren auch viele Lutheraner unter ihnen, vor allem aus dem Bezirk Waldenburg in Schlesien, die die Zahl der Kamener Gemeinde auf über 3000 hochschnellen ließ. Mit ihrem Erstarken entwickelten die Lutheraner wieder mehr Selbstbewußtsein. Buschmann und Pröbsting schreiben in ihren „Erinnerungen“:   „… die bitteren Gegensätze, welche sich zwischen den beiden evang. Gemeinden leider mehrere Jahre lang kund machten, sind einer milderen Auffassung gewichen. Der Geist evangelischer Gemeinschaft hat wieder die Oberhand.“ 

Ein neuer Pfarrer in einer erstarkten Gemeinde, das sind günstige Voraussetzungen für blühende Gemeindearbeit. Eine kleine Schule mit Lehrerwohnung wird 1871 nördlich an die Kirche angebaut. Das Gebäude steht heute noch. Die Regierung genehmigt eine Kollekte im Regierungsbezirk Arnsberg, die die erstaunliche Summe von fast 2400 Talern erbringt, mit denen man eine neue Decke bezahlen kann. 1882 wird das Kircheninnere neu gestaltet, dabei die Sakristei hinter die Kanzel verlegt. Das Gewölbe bekommt einen himmelblauen Anstrich mit silberweißen Sternen. Und damit die Gottesdienstbesucher im Winter nicht länger frieren müssen, wird eine Ofenheizung angeschafft und die Beleuchtung durch sechs weitere Petroleumlampen verbessert. Wieschhoff vermutet, daß Geibel auch den Taufstein gekauft hat. 

Abb. 19: Der Taufstein mit der Inschrift „Berchem“

Dieser Taufstein gibt, neben dem Kanzelaltar, uns Heutigen ein weiteres Rätsel auf: was hat der Name „Berchem“ zu bedeuten? Sicherlich handelt es sich um einen Namen, aber wessen Namen, und wie steht er in Verbindung zur Kamener Lutherkirche? Das über dem Namen abgebildete Familienwappen kann uns Auskunft geben. Dessen markantes Element bildet ein Rad auf einem Schild. Es wird auf den Seiten von rocaille-ähnlichen Elementen als Schildhaltern flankiert, nach oben hin fortgesetzt, auf die Spitze aufgesetzt sind drei Kugeln. Daß dieses Wappen kein Ritterhelm ziert, deutet darauf hin, daß nicht ein kämpfender Ritter der Träger war. Statt eines an dieser Stelle üblichen Wahlspruchs ist unter dem Schild der Name des Trägers aufgeführt. Das Erscheinungsbild im Ganzen, besonders aber das Rad, ähnelt stark dem Wappen der Familie von Berchem zu Berchum, heute ein Stadtteil von Hagen, also ganz in der Nähe. Vielleicht würde auch eine geologische Analyse des Steins Auskunft über seine Herkunft geben. Nicht ganz ausgeschlossen werden kann auch Georg von Berchem, der Geheimer Rat im Dienst Friedrichs III, Kurfürst von Brandenburg, war, der 1714 den Bau der Kamener Lutherkirche gestattete. Dieser Georg von Berchem war verheiratet mit Anna von Martitz aus altem märkischen Adel. Gegen diesen Bezug spricht aber, daß Georg Mitglied der Reformierten Kirche war.

In den Jahren 1902/03 wurde Geibel durch den Hilfsprediger Ewald Dicke unterstützt. Dieser beobachtet die Verhältnisse an seiner neuen Wirkungsstätte genau und erkennt bereits früh, welche Probleme mit der Errichtung der Kolonien nach Kamen gekommen sind: „… durch häßliche Zechenkolonien unverantwortlich verunstaltet worden war.“. Er beklagt „menschenunwürdige Unterbringung“ und stellt fest, daß „ein Viertel aller Kinder  an schweren Defekten litten, an Tuberkulose, an Skrophulose (Anm.: Hauttuberkulose mit starken Geschwülsten) aber auch an geistiger Minderwertigkeit“. Aber auch, daß diese Leute „der Kirche entfremdet [waren], die es nicht verstanden hatte, sich ihrer in ihrer traurigen Lage anzunehmen“. (zitiert nach Wieschhoff) Ein Vierteljahrhundert später stellt Siegler fest: „Drei dieser Häuser haben für je 12 Familien nur einen Eingang von der Straße aus und einen Ausgang zum Hof. Man kann nicht sagen, daß eine solche Bauweise dazu dient, die Gemütlichkeit und den häuslichen Frieden zu fördern.“ Und er erkennt noch etwas: „Durch den Bau dieser Häuser fielen leider schöne Grünflächen in der Stadt fort.“ Zusammengefaßt läßt sich also sagen, daß die Industrialisierung das kleine Landstädtchen überforderte, und auch die Kirche der neuen Zeit nicht gewachsen war, wie der hellsichtige Hilfsprediger Spuren von Überforderung bei seinem Vorgesetzten, einem Mann der vorindustriellen Zeit (geb. 1836), erkannte. 

Allerdings darf nicht verkannt werden, daß das industrielle Zeitalter mit einer derartigen Wucht über das verschlafene Kamen hereinbrach, daß auch die Stadtverwaltung überfordert war, hätte man doch die meisten Fehlentwicklungen verhindern können, wenn es denn ein wenig Weitsicht und Mut gegeben hätte, z.B., indem die Stadt die großen Grundstücke von Galenhof, Vogelhof und Rungenhof zu dem damals sehr niedrigen Preis gekauft hätte, wie Siegler feststellt. 

Abb. 20: Das Grab von Pfarrer Gustav Adolf Geibel

Geibel zog sich nach 40 Jahren aus der Kamener Gemeinde zurück, hochgeachtet in der Gemeinde und Stadt, und verbrachte seinen Lebensabend in Königsborn, wo er am 22. Mai 1909 starb. Er wurde nach Kamen überführt und ist in der Familiengruft auf dem Kamener Friedhof beigesetzt.

Abb. 21: Die Orgel

1895 wird die Kirche innen modernisiert. Sie bekommt eine neue Bestuhlung und eine neue Orgel. Die alte wird einer Gemeinde im Lennetal geschenkt. Diese neue Orgel wird noch heute gespielt, aber sie verfügt nicht mehr über die 1917 an den Krieg verlorenen Zinnpfeifen. Außerdem wird das Gebäude außen verputzt.

1902 unternimmt die reformierte Gemeinde erneut den Versuch einer Vereinigung mit der lutherischen Kirche. Offenbar ist man dort durch die Konkurrenz der neuen, noch größeren katholischen Kirche Hl. Familie und die rasant steigende Zahl der Katholiken in der Stadt beunruhigt. Die Lutheraner ziehen jedoch den Status quo vor. 

1908 kommt der Nachfolger Geibels, Wilhelm Ewald, ins Amt. 3800 Mitglieder hat seine Gemeinde jetzt, drei Viertel von ihnen Bergleute, die wegen ihrer Schichtarbeit nur noch selten zum Gottesdienst kommen, wie auch, während des Krieges, viele Frauen, die sogar sonntags in der Zünderfabrik in der Borsigstraße arbeiten.

1914 feiern die Lutheraner ihr 200-jähriges Bestehen. Die Reformierten feiern mit und schlagen erneut die Vereinigung vor. Wieder lehnen die Lutheraner ab. Immerhin aber waren alle Beteiligten pragmatisch genug, bestimmte Bereiche der kirchlichen Arbeit gemeinsam zu tun. Wieschhoff vermutet dahinter „arbeitsökomische Einsicht“, d.h., doppelte Dienste vorzuhalten, wäre zu teuer gewesen: „Blaukreuzarbeit, Kleinkinderschule, Einsatz der Gemeindeschwester, Vereinsleitungen, gemeinsames Votum bei der Besetzung der 3. Richterstelle u. dergl. mehr.“ 

Das alles ändert sich mit der Erfahrung der Niederlage von 1918 grundlegend. Im Februar 1919 vereinigen sich die beiden Gemeinden. Seit dem 1. April 1919 gibt es nur die eine Evangelische Gemeinde Kamen; alle Pfarrstellen sind in dieser ev. Gemeinde im Rang gleich; die „größere“ Kirche heißt nun Pauluskirche, die „kleinere“ Lutherkirche. Durch behördliche Bestätigung wird der Vertrag zum 1. Mai 1920 in Kraft gesetzt. Damit fanden die immer wieder einmal entstehenden Bemühungen um eine Vereinigung der beiden Gemeinden endlich ihren Abschluß, nach fast 100 Jahren. 

Beide Seiten bemühen sich, die Vereinigung zum Erfolg zu führen, selbst nicht so einfach zu lösende Probleme wie die Finanzen bei der kurz darauf folgenden Jahrhundertinflation löst man gemeinschaftlich. Und die die Lutheraner ewig bedrückende Frage nach der Besoldung ihres Pfarrers fand auch eine Lösung, die heute noch Bestand hat. 1919 wurde im Deutschen Reich die Kirchensteuer eingeführt und die Besoldung kirchlicher Amtsträger auf dieser Grundlage geregelt und vereinheitlicht.

Abb. 22: Der Innenraum nach der Neugestaltung von 1925

Bei der Renovierung der Lutherkirche 1925 wird eine Tafel mit den Namen aller 331 im Weltkrieg Gefallenen vom Kirchenmaler Seele aus Bielefeld aufgemalt, 

Abb. 23: Die großen Wandgemälde 1: Jesu Kreuzigung

Abb. 24: Die großen Wandgemälde 2: Jesu Himmelfahrt

mit zwei großen Gemälden vom Maler Rüter aus Düsseldorf an den Seiten. Beide Werke gerieten 1968, wieder lag eine Reparatur und Renovierung an, in die Diskussion. Weil das Presbyterium die beiden Wandgemälde für künstlerisch wertvoll hielt, lediglich verlangte, daß sie farblich aufgefrischt würden und ins Gesamtkonzept eingefügt werden müßten, war man sich einig, daß sie erhalten werden müßten. Zusammen mit dem Landeskonservator war der Kunstmaler Puttfarken aus Düsseldorf hier tätig, der 1953 die neuen Fenster der Apsis in der Pauluskirche gestaltet hatte.

Nicht klar ist, wer die Fenster der Lutherkirche gestaltet hat. Vergleicht man sie aber mit den zwischen 1978 und 1982 neu gestalteten Fenstern der Pauluskirche, fällt die stilistische und farbliche Ähnlichkeit auf, wobei die späteren offenbar einfacher und klarer gegliedert sind. Da bei den Arbeiten in der Lutherkirche der Künstler Puttfarken aus Düsseldorf die Aufsicht über die Reparatur-, Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten führte, liegt der Gedanke nahe, daß Wilhelm Buschulte aus Unna auch hier tätig war.

Abb. 25: Fenster

1942 mußten beide Bronzeglocken wieder einmal dem Krieg geopfert werden. Die Bombardierung Kamens am 24./25. Februar 1945 traf auch die Lutherkirche, Dach und Fenster litten schwer. Erst am 1. Advent 1950 konnte wieder Gottesdienst gehalten werden, seit dem Erntedanktag 1954 hat die Kirche wieder ihr volles Geläut. Doch schon 1966 zeigten sich deutliche Schäden am Gebäude, eine umfangreiche Sanierung wurde notwendig. Erst zum Erntedanktag 1972 waren diese Arbeiten abgeschlossen.

Schwierig wurde es mit der Ehrentafel für die Gefallenen – wir sind schließlich im Jahre 1968. Sie sei nicht mehr „zeitgemäß“, hieß es. Das Presbyterium beschloß, die Namentafel zu übermalen, was sogar noch wiederholt werden mußte, weil die Schrift durch die eine Farbschicht hindurch zu sehen war. Ein frühes Beispiel Kamener Umgangs mit Denk- und Mahnmalen. Wer vergessen wird, stirbt zum zweiten Mal.

In den 1950er und 60er Jahren diente die Lutherkirche dem Städtischen Gymnasium Kamen für den regelmäßigen Schulgottesdienst, jeden Donnerstagmorgen in der ersten Stunde.

Einige Jahre lang gab es in der Kirche, immer freitagmittags in der Vorweihnachtszeit, eine Viertelstunde lang ein kurzes Orgelkonzert, das Abwechslung bot zum Geräusch und Lärm des Alltags. Und übers Winterhalbjahr gibt es heute noch, 2022, die „offene Kirche“, die zur „stillen Einkehr“ einlädt. So öffnet die Kirche sich der Öffentlichkeit, ob christlich oder nicht, und lädt im Gegenzug ein, sich ihr zu öffnen. Sie hat ihren festen Platz in der Stadt, die kleinste der drei großen Kirchen, die so unscheinbar in der Kampstraße steht.

KH

Abbildungen:

Abb. 1, 10, 15, 22: Stadtarchiv

Abb. 2, 3, 17, 18, 20, 25: Photos Klaus Holzer

Abb. 4, 5, 6, 7 , 8, 11: Wikipedia

Abb. 9: Westfälischer Städteatlas, Hrsg. Heinz Stoob, Dortmund 1975

Abb. 12, 13, 14, 16, 19, 21, 23, 24: Photos Jürgen Funke, Kamen

Textquellen:

Buschmann, Friedrich, Geschichte der Stadt Camen, Camen 1841

Buschmann, Friedrich und Pröbsting, Friedrich, Erinnerungen 1841 – 1900, o.O., o.J.

Essellen, Moritz Friedrich, Beschreibung und kurze Geschichte des Kreises Hamm und der einzelnen Ortschaften in demselben, Hamm 1851, S. 102 – 104: Die Stadt Camen

Kümper, Friedrich und Philipps, Carl, Die kleine evgl. Gemeinde, Privatmanuskript und Stadtarchiv

Pröbsting, Friedrich, Geschichte der Stadt Camen und der Kirchspielsgemeinden von Camen, Hamm 1901

Siegler, August, Die Entwicklung der Stadt Kamen. Rückblick, Vergleich, Ausblick, Zechenzeitung 1926/27

Thümmler, Hans, Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, Kreis Unna, Münster 1959 

Wieschhoff, Wilhelm, Geschichte der ehemaligen lutherischen Gemeinde und ihrer Kirche in Kamen, Kamen 1994

HA Nr. 81 Ostern 1985, Glocken Lutherkirche,

WR 29.6.1968 & 9.12.1976

Stadtarchiv Kamen

100 Jahre Dammbruch an der Seseke

von Klaus Holzer

Wir haben uns daran gewöhnt, wir kennen es gar nicht mehr anders: es mag regnen, soviel es will, die Seseke bleibt in ihrem Bett. Seit 2008 ist sie renaturiert, und trotz der immensen Kosten von 500 Mill. Euro ist der Umbau jeden Pfennig wert. Kein Wasser mehr im Keller, viele Kilometer Wander- und Radwege.

Abb. 1: Der Dammbruch vom 2. Februar 1923

Das war aber nicht immer so. Am 2. Februar vor genau 100 Jahren schaffte es dieses Flüßchen, zu einem reißenden Strom zu werden, der alles mitriß, was sich ihm in den Weg stellte.  Aber der Reihe nach.

Vor der Mitte des 19. Jh. einsetzenden Industrialisierung war die Seseke ein ruhiger Flachlandfluß, der zweimal im Jahr die Mersch überschwemmte. Das wußte und kannte man, damit konnte man umgehen. Die alten Fachwerkhäuser in der Innenstadt hatten u.a. deswegen keinen Keller. Die zu trocknen wäre viel schwerer gewesen, als das Wasser aus dem Erdgeschoß nach draußen zu schieben.

Abb. 2: Vorarbeiten für die Betonsohlschalen

Alles änderte sich mit dem Einzug der Zeche Monopol in Kamen 1873. Die Kohle, die aus dem Gebirge unter Tage gefördert wurde, hinterließ Hohlräume, die nach und nach einbrachen und über Tage zu Bergschäden führten. Es entstanden Senken, Bäche veränderten ihren Lauf. Überall sammelte sich Wasser, stand in den Mulden, was besonders im Sommer zu Mückenplagen führte. Im stehenden Wasser sammelten sich Schmutz und Fäkalien. Heute haben wir Auspuffgase von Autos, damals den Kot von Tieren und, ja, wohl auch Menschen. Die Kanalisation war erst in ihren Anfängen, sie wurde erst nach dem II. Weltkrieg fertiggestellt. Kleine Kinder spielten draußen, meistens barfuß, weil Lederschuhe teuer waren und allenfalls an Sonntagen zum Kirchgang getragen wurden, und in den üblichen Holzschuhen war das Spielen so eine Sache. Und die kleinen Kinder kümmerten sich kaum um hygienische Verhältnisse, wußten nichts von Infektionen und Seuchen, steckten sich an,

Abb. 3: Die Badeanstalt im Hemsack, aber nicht etwa das Schwimmbecken, sondern das Hochwasser (5. Dez. 1960)

trugen ihre Krankheit nach Hause, wurden zum Ausgangspunkt von Seuchen. Der, wie wir heute sagen Kippunkt, kam im Oktober 1905, als die Zeche Königsborn III/IV, Schacht Bönen, eine riesige Menge Ammoniak in den Fluß leitete und diesen in ein totes Gewässer verwandelte. Die Märkische Zeitung schrieb wiederholt zu diesem Thema: „Unsere Sesike ist jetzt ein totes Wasser geworden, kein lebendes Wesen, weder Fisch noch Frosch, noch sonst ein Tierchen macht sich darin bemerkbar. … Viele Zentner der schönsten Fische aller Art, sowie Millionen kleiner Fische, der jungen Brut, bedeckten die Oberfläche des Wassers und wurden von zahllosen

Abb. 4: Die Dortmunder Allee unter Wasser (5. Dez. 1960)

Fischliebhabern aufgefangen und als gute Beute heimgeholt.“ Und: „Die Industrie begrüßen wir als lebenweckenden Faktor mit Freuden, aber sie darf nicht tötend und verderbenbringend werden.“ Aber die Zechenbarone lehnten jede Verantwortung ab und weigerten sich, Schadenersatz zu leisten. Jetzt war den Kamenern ein großer Teil ihrer Nahrungsgrundlage entzogen. Noch der Stadtchronist Pröbsting berichtete in den 1830er Jahren von Fisch-, Muschel- und Krebsfängen in der Größenordnung von Zentnern an einem Tag.

Abb. 5:  Früher ein gewohnter Anblick: die Bahnhofstraße aus dem Mersch, links der Mitte die Kuppel der neuen Synagoge

Also wurde 1913 die Sesekegenossenschaft mit dem Ziel gegründet, den Fluß zu regulieren. Die Grundüberlegung: stehendes Wasser führt zu Hygieneproblemen, schnell abfließendes Wasser ist die Lösung. So wurde die Seseke ab 1925 in Betonsohlschalen gezwängt. Doch erkannte man sofort, daß es kein isoliertes Wassersystem gibt, daß Abhilfe nur geschaffen werden konnte, wenn man das Flußsystem der Lippe, zu dem die Seseke gehört, insgesamt behandelt. Also schlossen die Kamener sich dem 1926 gegründeten Lippeverband an. Der Bau des Klärwerks 1942 vervollständigte die Maßnahme. Nun floß das Wasser ab, aber es gab keinen natürlichen Fluß mehr. 80 Jahre lang würde die Seseke eine offene Kloake sein, die in einem trockenen Sommer erbärmlich stank. 

Und wegen ihrer hohen Fließgeschwindigkeit war sie sehr gefährlich geworden. Sie bot kein Ufer mit festem Halt mehr. Noch 1998 ertrank ein Kind in ihr.

Anfang Februar 1923 hatte es tagelang geregnet. Die Sesekeumbauarbeiten waren gerade am Mühlenkolk der Mühle Ruckebier angelangt. Hier wurde der Fluß durch einen Stadtgraben eingeengt. Um arbeiten zu können, legte man einen Umflutgraben an, der durch einen Damm gesichert wurde. Der würde halten, war man überzeugt. Doch „do kennt dä Lüe (Leute) user Sesike schlecht,“ sagte ein alter Kamenser. Und dann geschah es: „Da sprang gestern um die erste Mittagsstunde der Damm mit Krach und Getöse entzwei. Die Wassermassen setzten sich mit aller Kraft durch und nahmen die schweren Balken, die Bretter und Brettchen mit Leichtigkeit mit.“ (Kamener Zeitung, 3. Februar 1923)

Merkwürdigerweise war genau das gleiche 125 Jahre vorher bei einem Umbau schon einmal geschehen. 

Im Jahre 2012 gab es zum letzten Mal richtig hohes Wasser, doch richtete es in der Stadt keinen Schaden mehr an. Die vielen, die Renaturierung der  Seseke begleitenden Maßnahmen, erfüllen ihren Zweck: Hochwasserrückhaltebecken, Regenwasserbehandlungsanlagen, Stauraumkanäle usw. verfügen über ein Fassungsvermögen von Millionen Kubikmetern Wasser, das zurückgehalten und kontrolliert wieder zugeführt werden kann. Aber denken wir ans Hochwasser vom Sommer 2021, wer kann sicher sein, daß nicht auch die Seseke wieder einmal Kamen unter Wasser setzt? Wie zuletzt in der ersten Dezemberwoche 1960.

KH

Bildnachweis: Abb. 1: Stadtarchiv; Abb. 2 – 5: Archiv Klaus Holzer

Die Katholische Pfarrkirche „Heilige Familie“ in Kamen

von Klaus Holzer

Abb. 1: Die beiden die Stadtsilhouette prägenden Kirchen im besonderen Gewitterlicht

Meistens ist von der Pauluskirche die Rede, wenn das Thema Kirche in Kamen erwähnt wird. Ihr Turm ist uralt und hat eine charakteristische Gestalt, er wird symbolhaft für die ganze Stadt verwendet. Und manchmal wird vergessen, daß sie früher einmal, vor Luther, „katholisch“ war und daß es heute in Kamen eine bemerkenswerte katholische Kirche Hl. Familie gibt, die zwar erst 120 Jahre alt ist, doch als besonders gelungenes Beispiel einer neugotischen Kirche gilt, so gelungen, daß sie, trotz ihrer „Jugend“, ein denkmalgeschütztes Gebäude ist.

Die Kirche Hl. Familie ist die fünfte katholische Kirche in Kamen, ohne die Geschichte ihrer Vorläufer ist sie nicht zu erzählen. Die Katholische Pfarrkirche „Heilige Familie“ in Kamen weiterlesen

Juden in Kamen

von Klaus Holzer

Vorbemerkung:

Der Anlaß für diesen Artikel ist das 120-jährige Jubiläum der Einweihung der neuen Kamener Synagoge am 15./16. November 2021.

Abriß der Geschichte der Juden in Kamen.

Historisches

Juden gibt es in Kamen nachweislich seit 1348. In diesem Jahr stellte Graf Engelbert III (1347 – 1391) einem Juden namens Samuel einen Schutzbrief auf sieben Jahre aus, in dem er ihm dieselben Rechte gibt, „wie sie unsere anderen Juden in Hamm, Unna und Kamen haben“. Solch ein Schutzbrief wurde immer nur für eine bestimmte Anzahl von Jahren ausgestellt, und die auferlegte Gebühr war jedes Jahr neu zu entrichten. Daß Juden überhaupt eines Schutzbriefes bedurften, zeigt deutlich, wie prekär ihr sozialer Status war. Sie galten als „Wucherjuden“, da sie oft als Geldverleiher auftraten (im MA waren Wucher und Zins synonym, ein Geldverleiher verlangte natürlich Zinsen) und, weil Kapital knapp war, hohe Zinsen verlangten, wie auch ihre christlichen Konkurrenten, die aber nicht den Nachteil hatten, als „Christusmörder“ zu gelten. Und 1403 erteilte der römisch-deutsche König Ruprecht von der Pfalz (1352 – 1410; ab 1400 König) einem Juden in Kamen freies Geleit. Juden in Kamen weiterlesen

Flurnamen: Malter – Scheffel


von Klaus Holzer

Abb. 1: Straßenschild

„Malter“ und „Scheffel“ sind sicherlich zwei Wörter, die einmal zum täglichen Sprachgebrauch der Ackerbürger und natürlich auch der Bauern in unserer kleinen Ackerbürgerstadt gehörten. Und bestimmt gebrauchten unsere Vorfahren sie noch lange, nachdem 1799 das Dezimalsystem in Paris deklariert wurde, zunächst der Meter, dann alle anderen Maße, Fläche und Hohlmaße, die dann offiziell seit den 1890er Jahren auch in Deutschland galten. (Und wie lange wird es wohl noch dauern, bis auch das letzte alltäglich gebrauchte nicht-metrische Maß aus unserem Sprachgebrauch verschwunden sein wird: viertel, halbes, dreiviertel Pfund? Und im landwirtschaftlichen Bereich mag es auch noch eine Zeitlang den „Morgen“ geben.) Flurnamen: Malter – Scheffel weiterlesen

16. ZZ des KKK: Schönheit – Macht oder Ohnmacht?

zusammengefaßt von Klaus Holzer

Schönheit – Zusammenfassung

vlnr Robert Badermann, Dr Heinrich-Wilhelm Drexhage und Klaus Holzer vor „Kleinen Galerie der Schönheit“, die die Referenten als Auftaktbild zusammengestellt hatten (Photo: Stefan Milk, HA)

Mit reichlich anderthalbjähriger Verspätung konnte der KKK endlich sein 16. ZZ durchführen. Am 11.11.2021 fand es am gewohnten Ort statt, im Saal der Hauses der Kamener Stadtgeschichte. „Schönheit – Macht oder Ohnmacht?“ lautete der etwas spröde Titel, der aber gut 20 Zuhörer nicht von ihrem Besuch abhielt. In seiner Anmoderation erläuterte Klaus Holzer die Überlegungen, die dem Thema vorangingen. 

Nach heutigem Verständnis ist Schönheit subjektiv: „Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters.“ Der erste Referent, Dr. Heinrich-Wilhelm Drexhage, legte später dar, daß es im antiken Griechenland und sogar noch in der Renaissance anders war. 16. ZZ des KKK: Schönheit – Macht oder Ohnmacht? weiterlesen