Die Germanische Siedlung im Seseke-Körne-Winkel

von Hans-Jürgen Kistner

Ohne Autoren-Namensnennung veröffentlicht unter: Rudolf Neuhaus. 1100 Jahre Methler. Greven 1998. S. 3-27.

Gliederung:

1. Einleitung

1.1 Zur Vor- und Frühgeschichte des Methleraner Raumes

1.2 Die römische Kaiserzeit
1.3 Zur Völkerwanderungs- und Merowingerzeit

1.4 Germanen

1.5 Entdeckung, Grabungen und Bedeutung der germanischen Siedlung im Seseke-Körne-Winkel in Westick

2. Hausbau und Siedlungsweise

3. Wirtschaft

3.1 Ackerbau
3.2 Ernährung und Tierhaltung
3.3 Nutzpflanzen

4. Handwerk

4.1 Allgemein
4.2 Töpferei

4.3 Metallverarbeitung

4.4 Textil
4.5 Sonstige Handwerke

5. Handel

6. Alltagsleben und Gesellschaft

7. Die Münzfunde vom Westicker Feld

8. Orts-, Personen und Sachindex (am Ende des Buches)

9. Literaturhinweise

1. Einleitung

1.1 Zur Vor- und Frühgeschichte des Methleraner Raumes

Die germanische Siedlung im Seseke-Körne-Winkel, dem Zusammenfluß beider Wasserläufe, gehört zu den bedeutendsten archäologischen Fundstellen in der Frühgeschichte Westfalens. Diese Aussage läßt sich schon treffen, obwohl in den Jahren zwischen 1926 und 1937 nur anfängliche Grabungen durch das Städt. Gustav-Lübcke-Museum, Hamm, und das Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte, Münster, durchgeführt wurden. Die schon damals gemachten zahlreichen und bedeutenden Funde wurden in den letzten Jahren durch engagiertes Suchen von Privatpersonen1 ergänzt. Diese neueren Funde, die dem Städt. Museum und Stadtarchiv Kamen zum Teil geschenkt, zum Teil als Leihgaben zur Verfügung gestellt wurden, haben die Kenntnisse über diese Siedlung nicht unbedeutend erweitert. Zum Fundmaterial, das die Zeitstellung dieser Siedlung am ehesten erkennen läßt, gehört die große Anzahl von fast 700 römischen Münzen.2 Der zeitliche Umfang des Fundmaterials umfaßt die Zeit vom ersten Jahrhundert v. Chr. bis 9./10. Jahrhundert n. Chr. Dadurch gehen die archäologischen Funde übergangslos in die Zeit der schriftlichen Quellen über, die für Methler mit dem Jahr 898 beginnen.

Die ausführlichen Beschreibungen des umfangreichen archäologischen Fundmaterials der Siedlung im Seseke-Körne-Winkel können den zahlreichen Veröffentlichungen entnommen werden. In diesem Kapitel soll der Versuch unternommen werden, eine Zuordnung unserer Siedlung in einen größeren sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen wie gesamthistorischen Zusammenhang zu treffen. Auf die Beschreibung einzelner Funde wird daher nur in Ausnahmefällen zurückgegriffen.

Obwohl die Westicker Siedlung schwerpunktmäßig in die Römische Kaiserzeit fällt, sollen auch andere Epochen, die auch durch Funde im Kamener Raum vertreten sind, erwähnt werden.

Zeiten- und Epochensystematik für den westfälischen Bereich

Zeit

Epoche

Kultur

um 680 – 775

Merowingerzeit

Frühmittelalter

Sachsen bis zur fränkischen Eroberung, schriftl. Quellen

6. u. 7. Jh. n. Chr.

Völkerwanderungszeit

 

1. Jh. v. bis 5. Jh. n. Chr.

Römische Kaiserzeit

germanische Kultur

Einfluß der römischen Kultur

750 bis etwa 1. Jh. v. Chr.

Vorrömische Eisenzeit

La Téne

Hallstatt

um 1600 bis um 750 v. Chr.

Bronzezeit

 

5. bis 2. Jahrtausend v. Chr.

Neolithikum

Jungsteinzeit

Becherkultur

Linearbandkeramik

7. bis 5. Jahrtausend v. Chr.

Mesolithikum Mittelsteinzeit

Tardenoisien

ab etwa 7000 v. Chr.

Paläolithikum

Altsteinzeit

Ahrensburg

Neolithikum

Der Methleraner Raum gehört zu einem alten Siedlungsgebiet. Schon im Neolithikum (Jungsteinzeit, 5. bis 2. Jahrtausend v. Chr.) gab es südöstlich von Wasserkurl (in Richtung der heutigen „Landestelle Unna-Massen“) eine menschliche Ansiedlung. Eine Vielzahl dort gefundener Steinwerkzeuge belegt dies deutlich. Aber auch an anderen Stellen im heutigen Kamener Stadtgebiet sind Steinwerkzeuge gefunden worden, so ein sogenanntes Rechteckbeil im Seseke-Körne-Winkel; jedoch ist der Wasserkurler Bereich der bisher größte neolithische Fundort geblieben.

In dieser Phase der Menschheitsentwicklung geschah der Übergang vom Wildbeutertum (Jäger und Sammler) zu Ackerbau und Viehzucht. Die damaligen Menschen wurden seßhaft, folgten nicht mehr die Wildherden, verließen nicht mehr einen Siedlungsplatz, wenn die Wildkräuter und nutzbaren Pflanzen der Umgebung abgeerntet waren, sondern ließen sich an einem festen Siedlungsplatz nieder. Sie hatten entdeckt, daß sich die Wildkräuter und -gräser sicherer durch Aussaat vermehrten und das die Domestizierung verschiedener wildlebender Tierarten sowie ihre gezielte Züchtung von Hausnutztieren (Rind, Schaf, Ziege, Schwein) einen leichteren und höheren Ertrag versprachen. Die Entwicklung des Pfluges führte zu einer sich schnell weiter verändernden Ackerbautechnik, die durch die Verwendung von Wagen mit Scheibenrädern noch verbessert werden konnte.

Die Werkzeuge, Gerätschaften und Gegenstände des täglichen Bedarfs wurden aus pflanzlichen und tierischen Materialien und eben aus bestimmten Gesteinsarten hergestellt. Der Stein lieferte hierbei für jene Epoche das härteste und langlebigste Ausgangsmaterial. Mit ihm ließen sich wiederum andere, weichere Materialien bearbeiten, Nahrung zubereiten und andere Gerätschaften herstellen. Der bekannte Feuerstein war von allen Gesteinsarten der härteste und wies scharfe Bruchkanten auf. Dieser wie auch andere Gesteinssorten wurden schon zu dieser Zeit über weite Entfernungen gehandelt. Im Gegensatz zu den meisten organischen Materialien, blieben die Steinwerkzeuge über die Jahrtausende bis heute unbeschädigt erhalten.

Bronzezeit

Auf das Neolithikum folgte etwa seit dem 2. vorchristlichen Jahrtausend die Bronzezeit, die bis etwa 750 v. Chr. andauerte. Das innovative dieses Zeitalters war die Entwicklung einer häufig verwendeten Metallegierung, der Bronze. Sie wurde aus Kupfer und Zinn hergestellt, ließ sich relativ leicht schmelzen und in filigrane Formen gießen. Das erstaunliche daran schien, daß die Bronze erheblich härter als ihr härtester Hauptbestandteil Kupfer ist. Auch im Neolithikum hatte man schon Kupfer, Silber und Gold schmelzen und vornehmlich zu Schmuck verarbeiten können. Kupfer, Zinn und Bronzebarren wie -fertigprodukte wurden schon früh Objekte des (Tausch-) Fernhandels, sogar über die Grenzen Europas hinaus.

So konnten nun aus Bronze die verschiedensten Geräte, Waffen und Schmuckteile in größerer Menge produziert werden. Durch mehrfach verwendbare Formen oder Models ließ sich eine Art Massenproduktion erreichen und somit intensiverer Handel betreiben. Durch dieses Metall entstand auch ein regelrechtes Waffenhandwerk mit völlig neuen Formen und Waffenarten. Ihre „Meister“ genossen zunehmendes Ansehen in der bronzezeitlichen Gesellschaft. Eine verfeinerte und regionaltypische Formensprache und Ziertechnik bildete sich aus. Seit der Bronzezeit sind Differenzierungen in der archäologischen Forschung leichter möglich.

Neben der Bronzeverarbeitung entwickelte sich auch die schon seit dem Neolithikum verbreitete Keramikherstellung weiter. Die Vielzahl der Formen und der Verzierungstechniken zeigen auch hier deutlich regionale Unterscheidungen. Bronzezeitliche Funde sind aus dem Methleraner oder im gesamten Kamener Raum bisher wenig entdeckt worden.

Vorrömische Eisenzeit

Weit weniger als man zunächst annehmen mag, veränderte die Verbreitung der Eisengewinnung und -verarbeitung die damalige Lebenswelt als die Entwicklung der Bronzetechnologie. Überhaupt ist die Abgrenzung der einzelnen Epochen nicht ganz einfach und mehr einer willkürlichen Unterteilung unterworfen. Zunächst sind Entwicklungen regional sehr unterschiedlich und die Anwendung der Technologien lange parallel gelaufen; daher wird die Unterscheidung dieser Epochen für die verschiedenen Regionen meist unterschiedlich vorgenommen. So war die Verarbeitung von Meteoriteisen schon in anderen Kulturen weit früher gebräuchlich, jedoch in unserer Region erst am Ende des Neolithikums bekannt geworden.3 Die Verbreitung der Eisentechnologie verlief vom östlichen Mittelmeer über den Ostalpenraum weiter über Süddeutschland nach Nordeuropa. In Süddeutschland wurde die Eisenverarbeitung im 9. Jahrhundert v. Chr. bekannt, im nordwestdeutschen Raum im 7./6. Jahrhundert v. Chr.4 So wollen wir uns hier bei der Epocheneinteilung vornehmlich auf den großräumigen nordwesteuropäischen Raum beschränken. Die vorrömische Eisenzeit wird für Westfalen auf die Zeit vom 7. Jahrhundert bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. festgelegt.

Trotz der Verbreitung der Eisengewinnung blieb die Bronze als beliebtes und leichter zu verarbeitendes Metall bis zum Ende der spätrömischen Kaiserzeit parallel geschätzt. Ein Grund mag darin zu sehen sein, daß die Bronze bei einer weit geringeren Temperatur zu verarbeiten ist als das Eisen. Es ließ sich nämlich noch nicht gießen und mußte mit einem erheblicheren Aufwand von Beimengungen gereinigt werden. Dies geschah durch arbeitsintensives Ausschmieden. In Anfängen der Eisengewinnung konnten man wegen der mangelnden Erhitzung aus den Erzen nur einen breiigen Teig, die sogenannte Luppe, gewinnen. Sie mußte durch Schmieden von der Schlacke befreit werden.

Ein weiterer Grund lag wohl darin, daß man nur grobe Gebrauchsgegenstände, vor allem Schneidwerkzeuge, Messer und Waffen, daraus fertigte. Aus ästhetischen Gesichtspunkten war also die Bronze beliebter und universeller zu verwenden. Wegen der Rostbildung blieb die Nutzung des Eisens zeitlich begrenzt. Dies ist auch der Grund, warum wir bei den archäologischen Funden nur sehr wenig Eisenmaterial antreffen.

Trotz aller Nachteile überzeugte doch bald die größere Härte des Eisens, gerade für scharfkantige Gegenstände wie Messer und Waffen, gegenüber den Nachteilen der aufwendigeren Herstellung, geringeren Haltbarkeit und der Ästhetik. Selbst Schmuck wurde zum Teil aus Eisen hergestellt. Die eisernen einheimischen, also germanischen Waffen, sollen später den römischen bei weitem überlegen gewesen sein. In der germanischen Mythologie bekam der (Waffen-)Schmied daher auch seine besondere Bedeutung (z. B. Wieland der Schmied). Die Kelten galten jedoch als die wahren Meister der Eisentechnologie jener Zeit.

Das Eisen hatte aber gegenüber der Bronze einige Vorteile: Es brauchte nicht legiert zu werden, war bei größerer Elastizität fester und stand als Erz in ausreichender Menge in der heimischen Natur in Form von Raseneisenstein zur Verfügung. Später wurden die Eisenerze als ergiebigere Rohstoffquelle im Erdreich entdeckt und gewonnen. Eine intensive und routinierte Nutzung des neuen Werkstoffs, auch für größere Produkte, ist allerdings erst ab 300 v. Chr. zu verzeichnen. Als Quellen aus diesen vorangehenden Epochen sind wir ausschließlich auf archäologische Funde angewiesen.

1.2 Die römische Kaiserzeit


Die römische Kaiserzeit, die für die germanische Siedlung im Seseke-Körne-Winkel in Westick von besonderer Bedeutung ist, umfaßt etwa die ersten vier Jahrhunderte nach Christi Geburt. In dieser Epoche der Endphase des römischen Reiches treten die Römer in vielfältiger Verbindung, und Konflikten, mit der östlich des Rheins wohnenden einheimischen Bevölkerung. Eigentlich beginnen die Konfrontationen und zugleich die Beziehungen der Römer mit den Germanen schon mit dem Jahr 12 v. Chr., in dem Kaiser Augustus den Versuch unternimmt, die Grenzen des römischen Reiches bis zur Elbe auszubauen. Die Römer sehen sich in dieser Zeit durch den Druck der germanischen Stämme gegen den Rhein veranlaßt, ihr erobertes Gebiet westlich des Rheins großräumig vor Angriffen zu schützen. Cäsar hatte schon 40 Jahre zuvor den Rhein als natürliche Grenze zwischen der römischen Einflußsphäre und den von den fast unbekannten „Barbaren“ besiedelten germanischen Gebieten erklärt. Anhand des vielfältigen Fundmaterials kann man schließen, daß mit dieser Zeit erst die germanische Siedlung im Seseke-Körne-Winkel in Westick ihren Anfang nimmt.

Die Römer unternahmen flüchtige Eroberungskampagnen und voreilige Eingliederungsversuche des Raumes zwischen Rhein und Weser. So entstanden entlang der Lippe mehrere Militärlager, die den Einfluß der Römer innerhalb dieses Bereiches konsolidieren sollten. Mit der berühmten „Schlacht im Teutoburger Wald“, im Jahre 9 nach Chr. gaben die Römer ihre Eroberungsversuche im freien Germanien auf und sie zogen sich endgültig auf die linke Rheinseite zurück.

Damit war zugleich auch der direkte Einfluß gescheitert, den germanischen Gebieten mit den römischen Errungenschaften wie die städtische Lebensweise, modernes Wirtschafts- und Verwaltungswesen usw., bekannt zu werden. So behielten die Germanen ihre jahrhundertealte bäuerliche Lebens- und Wirtschaftsweise mit Tauschhandel und Selbstversorgung sowie ihre Siedlungsweise mit Einzelhöfen oder kleinen Siedlungen bei.

Jedoch brachen trotz der Konflikte die Handelsbeziehungen zwischen den einheimischen und den Römern nie ab. Die römische Kultur übte einen großen Einfluß auf die Germanen aus. Das Fundspektrum der Westicker Siedlung ist ein Beleg dafür, welche intensiven Handelsbeziehungen mit den Römern bestanden haben müssen. Im Laufe des 2. Jahrhunderts nahmen die Handelskontakte zu. Seit dem 4. Jahrhundert waren dann viele römische Produkte als Beutegut der germanischen Stämme anzusehen, die nun wegen des allmählichen Niedergangs der römischen Macht, häufiger in ihre Provinzen einfielen.5 Die Römische Kaiserzeit endet mit dem Einfall der Hunnen im Jahr 375.

Zum Römerlager in Oberaden und den anderen Militärlagern an der Lippe

Das bekannteste und zugleich größte Militärlager an der Lippe entstand 11 v. Chr. in (Bergkamen-)Oberaden. Es war das größte Lager dieser Art nördlich der Alpen.6 Entlang der Lippe hatten die Römer ihre Militärlager in augusteischer Zeit so angelegt, daß sie etwa einen Tagesmarsch Abstand (ca. 30 km) von einander hatten: Holsterhausen, Haltern, Beckinghausen/Oberaden und Anreppen. Zwischen Beckinghausen/Oberaden und Anreppen scheint nach diesem Rhythmus noch mindestens ein weiteres angelegt worden sein, was jedoch trotz intensiver Forschungen bislang noch nicht gefunden werden konnte. Diese Lager hatten den Sinn, das rechtsrheinische Gebiet dem römischen Einfluß zu unterwerfen und die germanischen Aktionen gegen die römischen Truppen links des Rheins zu unterbinden.

1.3 Zur Völkerwanderungs- und Merowingerzeit

Wie bei allen oben genannten Epochen, ist auch die Zeiteinteilung bei der Völkerwanderungszeit wie bei der sich anschließenden Merowingerzeit fließend und nicht eindeutig abgrenzbar. Je nach wissenschaftlicher Disziplin (z. B. Archäologie oder Geschichtswissenschaft) oder der jeweiligen wissenschaftlichen und regionalen Betrachtungsweise, werden die Epochengrenzen versetzt untergliedert. So werden zumeist verschiedene Ereignisse als End- oder Eckpunkte der Unterteilung festgemacht. Mit der Merowingerzeit beginnt das Frühmittelalter.

Völkerwanderungszeit

Mit der Völkerwanderungszeit sind die Wanderungen der germanischen Stämme vom 3. bis 6. Jahrhundert n. Chr. gemeint. Sie stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Krise und dem sich anschließenden Untergang des Römischen Reiches. Als Ursachen für die Völkerwanderung werden Klimaverschlechterungen im Norden Europas, die Übervölkerung sowie die zunehmende Anziehungskraft des wirtschaftlich und kulturell hochstehenden Römischen Reiches angesehen.

Dies bedeutete einen zunehmenden Druck auf die römischen Provinzen und Grenzen in Mittel- und Westeuropa. Es begann um 260 n. Chr. mit den Alemanneneinbrüchen im südwestdeutschen Raum und den Angriffskriegen der Goten an der unteren Donau im Laufe des 3. Jahrhunderts. Die Folge war, daß die römischen Grenzen unter diesem Druck zum Teil wieder zurückgenommen werden mußten. Verschiedene germanische Stämme wurden als Bundesgenosssen der Römer an- und umgesiedelt.

Die eigentliche Völkerwanderung wurde ausgelöst durch den Einbruch der Hunnen, einem innerasiatischen Nomaden- und Reitervolk. Durch diesen um 375 n. Chr. erfolgten Einfall gerieten auch die Goten in Bewegung. Die Hunnen zerstörten das Ostgotische Reich in Südrußland. Die Westgoten errichteten in Südfrankreich um Toulouse und Nordspanien das „Tolosanische Reich“.

Im weiteren Verlauf der Völkerwanderungszeit kam es zum Zusammenbruch der römischen Nord- und Rheinfront. Die von den Hunnen im Osten außerdem verdrängten Burgunder, Sueben und Vandalen bildeten im nordafrikanischen Raum das erste selbständige Germanenreich auf römischem Territorium. Die britische Insel wurde in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts von Jüten, Angeln und Sachsen („Angelsachsen“) erobert. Am Beginn des 6. Jahrhunderts entstand auf dem Boden des Weströmischen Reiches das Reich der Ostgoten in Italien.

All diese verschiedenen neuen germanischen Reiche der Völkerwanderungszeit verfielen jedoch verhältnismäßig rasch wieder. Die eingewanderten Völkerscharen gingen zumeist anschließend in der einheimischen Bevölkerung auf. Eine Tatsache, die dem Rassebegriff des späteren Dritten Reiches (1933 – 1945) ad absurdum führt und die heutige Ausländer-Inländer-Diskussion relativiert.

Obwohl aus der Völkerwanderungszeit in der nordeuropäischen Region fast keine Relikte auftauchen, sind für die Westicker Siedlung auch einzelne Funde entdeckt worden.

Merowingerzeit

Unter der germanischen Reichen hatte jedoch das Fränkische Reich, beginnend mit ihrem ersten Geschlecht, den Merowingern, seinen längsten Bestand. Es stieg in der folgenden Zeit als das neue politische Zentrum Westeuropas auf.

Mit dem Beginn der Merowingerzeit endet die Frühgeschichte und beginnt das Frühmittelalter. Das Römische Reich hatte aufgehört zu existieren, die nachfolgende Trennung in ein West- und ein Oströmisches Reich fand im 5. Jahrhundert ebenso ihr Ende. In dieser Zeit setzen auch in breiterem Maße die ersten eigenen schriftlichen Quellen neben den archäologischen ein. Die Merowinger waren das erste fränkische Geschlecht, der Überlieferung nach von „Merowech“ abstammend.

1.4 Germanen

Die Kenntnis über die germanischen Stämme und ihre jeweiligen Namen verdanken wir in erster Linie den römischen Schriftstellern – allen voran Tacitus mit seiner „Germania“. Diese Schriftsteller haben jedoch meist nur einzelne politische Ereignisse erwähnt und kurz die Völker beschrieben. Über das alltägliche Leben, die gesellschaftlichen Verhältnisse oder das Geistesleben geben fast nur die archäologischen Quellen, wenn auch lückenhaft, Auskunft. Die Namen der germanischen Stämme sind uns nur durch die römischen Autoren bekannt geworden. Den archäologischen, also den nichtschriftlichen Quellen, ist dies natürlich nicht zu entnehmen. Dadurch ist die Frage, was man unter diesen Begriffen zu verstehen hat, nicht ganz einfach zu beantworten. Auch das Vorhandensein einer gemeinsamen Sprache, des „Germanischen“, ist zunächst ein sprachwissenschaftlicher Terminus, der eine Gruppe indogermanischer Sprachen umfaßt:
– das Englische,
– das Niederländisch-Flämische,
– das Schwedische,
– das Dänische,
– das Norwegische,
– das Isländische,
– das Afrikaans und schließlich und endlich
– das Deutsche.

Germanische Bestandteile enthalten auch das Jiddische und das Letzeburgische (gesprochen in Luxemburg). Eine allgemein anerkannte Gliederung der germanischen Sprachen, die auf ein nicht überliefertes „Urgermanisch“ zurückgehen, gibt es nicht. Gewöhnlich teilte man das „Germanische“ in die drei Gruppen West-, Ost- und Nordgermanisch ein, die sich in der Zeit um Christi Geburt gebildet haben sollen7.

Als „Germanen“ wurden, erstmals von Julius Caesar, die Bewohner der rechtsrheinischen Gebiete, später auch die Bevölkerung der linksrheinischen Provinzen bezeichnet. Vermutlich sprachen die Einheimischen links und rechts des Rheins einen keltischen Dialekt. So wird vielfach das Wort „Germane“ aus dem Keltischen abgeleitet und soll die Bedeutung „Nachbar“ haben. Die bis heute vorhandene Vielfalt „germanischer“ Dialekte macht deutlich, das der Bergriff „Germane“ in der Antike eher politisch als ethnisch zu verstehen ist. Eigene Bezeichnungen der Bewohner rechts des Rheins sind nicht überliefert. Eine zunehmende Aufsplitterung der Stämme seit der Zeit nach Christi Geburt ist erkennbar.

Allein für den westfälischen Raum nennt Tacitus in seiner am Ende des 1. Jahrhunderts verfaßten „Germania“ folgende Stämme:
– Chamaver,
– Brukterer, die seit dem 2. Jahrhundert für die Westicker Siedlung anzunehmen

sind,
– Tenkterer,
– Marser,
– Usipeter,
– Chattuaren und die bekannten
– Cherusker.
Die einzelnen Stämme siedelten jedoch nicht immer in festgelegten Regionen. Zwangsweise Umsiedlungen durch die römischen Feldherren und eigene Wanderungsbewegungen aus verschiedenen Anlässen verhindern eine genaue Lokalisierung über längere Zeiträume. Durch die archäologischen Fundergebnisse lassen sich jedoch die oben genannten Gruppierungen nicht zuweisen, zumal sich politische, religiöse oder gar sprachliche Besonderheiten in den materiellen Hinterlassenschaften nicht widerspiegeln.

Da aus der spätkaiserzeitlichen Periode der germanische Kultur also keine sprachwissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, ist eine Bewertung mit Hilfe der Archäologie zuverlässiger. Danach stammen die „Germanen“ von Völkern der Eisenzeit ab, die in den nördlichen Teilen Mitteleuropas und den südlichen Regionen Skandinaviens im 6. Jahrhundert v. Chr. auftraten.8 Die beiden charakteristischen Merkmale dieser Völker waren, dem bisherigen Kenntnisstand zufolge, die Bedeutung der Rinderzucht und die Fertigkeit, Eisen zu gewinnen und zu verarbeiten. Im letzteren Punkt unterschieden sie sich jedoch von den benachbarten Völkern der Kelten und Balten.

1.5 Entdeckung, Grabungen und Bedeutung der germanischen Siedlung im Seseke-Körne-Winkel in Westick

Dem Pfarrer Otto Prein ist es zu verdanken, daß im Kamener und Bergkamener Bereich bedeutende frühgeschichtliche Funde gemacht werden konnten. Otto Prein, bis 1909 Pfarrer in Methler, erforschte unter Bezugnahme auf alte Flurnamen, örtliche Sagen, uralte Straßenzüge sowie durch Beobachtung bestimmter Geländeformationen, die Lage des von dem römischen Schriftsteller Tacitus beschriebenen Römerlagers „Aliso“. Er vermutete aufgrund der überlieferten Flurnamen „Elsey“ (= „Aliso“) und „Burg“ in Oberaden das von Tacitus beschriebene Römerlager.

Tatsächlich fand man bei Grabungen, die 1906 begannen und mit längeren Unterbrechungen bis heute fortdauern, an der von Prein vermuteten Stelle ein römisches Kastell von ca. 50 ha Größe. Später noch ein kleines Uferkastell an der Lippe bei Beckinghausen, wo eine Flur den Namen „Am Turm“ trug. Oberaden ist bis etwa 8 v. Chr. nur vier Jahre von den Römern belegt gewesen, beim Uferkastell Beckinghausen ist dies ungewiß.

Die nächste bedeutende Entdeckung gelang Otto Prein in der Gemarkung Westick, im Flußwinkel zwischen Seseke und Körne. Auch hier erregten wieder ältere überlieferte Flurnamen seine Aufmerksamkeit. Über die Häufung römischer Terra-Sigillata-Scherben war Prein durch den Kamener Bürger namens Rohde 1910 informiert worden. Ungefähr 4 km südöstlich des Römerlagers in Oberaden stieß er auf die Flurnamen „Am beilaufenden Turm“, „In den Böhren“ und „Wöhrenwall“ und fand dort etliche römische Scherben unweit des Laufs der Körne. Bei der Regulierung der Körne 1921 stieß dann der Bagger auch auf eine Schicht mit zahlreichen tierischen Knochenresten und Gefäßscherben, vermutlich eine geschichtliche „Mülldeponie“. In den Jahren 1926/27 begann man dort unter der Federführung des Gustav-Lübke-Museums in Hamm (Ludwig Bänfer) und des Landesmuseums für Vor- und Frühgeschichte in Münster (Albert Stieren) Versuchsgrabungen durchzuführen. Eine unter dem Mutterboden liegende Schicht mit römischen und germanischen Scherben brachte den Hinweis auf eine über längere Zeit bestandene Siedlung. Doch erst die umfangreichen Grabungen von 1930 bis 1935, die 1936/37 durch Einzeluntersuchungen ergänzt wurden, lieferten den Beleg, daß dort eine germanische Siedlung nach damaliger Ansicht vom Anfang des 2. bis zum Anfang des 6. Jahrhunderts bestanden hatte.

Otto Prein

Dem unermüdlichen Forschen und Suchen Otto Friedrich Preins hat die westfälische Frühgeschichte viel zu verdanken. So ist in erster Linie die Entdeckung des Römerlagers in Oberaden, dem größten römischen Militärlagers nördlich der Alpen, Otto Preins Verdienst und untrennbar mit seinem Namen verbunden. Aber auch das römische Uferkastell in Beckinghausen hat er gefunden. Schließlich – und dies ist für die Geschichte Methlers und darüber hinaus für die westfälische Frühgeschichte ebenso bedeutend – zählt er zu den Mitentdeckern der germanischen Siedlung im Seseke-Körne-Winkel in Westick.

Hauptberuflich war Otto Prein evangelischer Geistlicher. Den Start seiner berufliche Tätigkeit trat er 1893 an der Margaretenkirche in Methler an. Im Jahr 1906 wurde er in eine Pfarrstelle nach Hohenlimburg berufen, die er bis zu seiner Pensionierung 1936 behielt. Hohenlimburg gehört heute zur Stadt Hagen. In den nur 14 Jahren seines Wirkens hier widmete er sich ebenso engagiert, wenn nicht noch mehr, der Erforschung der Frühgeschichte des erweiterten Methlerschen Raumes.

2. Hausbau und Siedlungsweise

Für die germanischen Siedlungen typisch waren seit der vorrömischen Eisenzeit die in lockerer Streuung liegenden Höfe. Es waren einfache bäuerliche Hofanlagen, die ihren Standort gelegentlich verlagerten. Die Entwicklung der Streusiedlung zur planmäßig errichteten umzäunten großen Hofanlage (wie in Westick) begann mit der römischen Kaiserzeit. Zu solchen Höfen gehörten in der Regel mehrere Gebäude. Kernstück war das bereits für die jüngere Bronzezeit nachweisbare Wohn-Stall-Haus, wie wir es in seinen großen Ausmaßen beim Langhaus (Haus A) in Westick vorfinden.

Zur Erzeugung der Nahrung nutzen die Bauern den Naturraum als Acker- und Weideland. Die bäuerliche Wirtschaftsweise wiederum stellt Forderungen an die Gebäude zur Unterbringung von Mensch und Vieh sowie zur Aufbewahrung der Ernte und der Wintervorräte. Daher erfahren wir durch archäologische Untersuchungen der Siedlungsplätze einiges über die Wirtschafts- und Lebensweise der Bewohner, so wie die Gruppierung der Häuser, Speicher und Schuppen einiges über den funktionalen Zusammenhang der Gebäude eines Gehöftes, über den wirtschaftlichen Stellenwert des Hofes und über die soziale Rangfolge seiner Bewohner aussagt.

Bei dem im sauerstoffarmen Marschboden gut erhaltenen Fundplatz in Feddersen-Wierde (Kreis Cuxhaven), sehen wir den verbreiteten Typ des Wohn-Stall-Hauses mit vier Pfostenreihen. Durch zwei parallel zur Längsachse verlaufende Pfostenreihen in ein breites Mittel- und zwei schmalere Seitenschiffe unterteilt, hatten diese Häuser wahrscheinlich mit Stroh gedeckte Sattel- oder Walmdächer, die von den beiden Pfostenreihen getragen wurden. Die Dachtraufe lag auf den aus Astwerk geflochtenen (gewunden, daher „Wand“) und mit Lehm bestrichenen Außenwänden auf. Die Baukonstruktion beruhte auf Verzapfung der einzelnen Balken, die tragenden Pfosten wurden dazu in den Boden eingelassen. Diese in den Boden versenkten Pfosten sind bei den ergrabenen Häusern in Westick nur noch als dunkle Bodenverfärbungen nachweisbar. Das Holz selbst ist im Laufe der Jahrhunderte vergangen.

In den Wohn-Stall-Häusern lebten Mensch und Tier unter einem Dach. Diese Art der Mehrfachnutzung in dieser Hausform, ist bis ins vorige Jahrhundert hinein gebaut worden. In der Bau- und Kulturgeschichte wird dieser Haustyp heute als „sächsisches Langhaus“ bezeichnet. Etwa ein Drittel des Hauses diente als Wohnteil, der größere Anteil war dem Vieh vorbehalten. Für den Wohnteil, in dem auch gekocht und geschlafen wurde, ist die fast immer in der Raummitte liegende, mit Lehm oder Keramikscherben ausgelegte Herdstelle kennzeichnend. Auch der Fußboden bestand meist nur aus gestampftem Lehm. Die Existenz von Möbeln ist bisher nicht nachgewiesen worden. Nur vereinzelt gefundene kleine Pfostenspuren könnten von Tischen, Stellagen etc. herstammen. Im übrigen, größeren Bereich des Hauses befanden sich die Stallungen sowie ein kleiner Wirtschafts- oder Geräteraum.

Lichtspendende verglaste Fenster gab es ebensowenig wie einen Schornstein für den Rauch der Herdstelle. Nur Öllampen oder Kienhölzer erhellten das Haus. In Westick ist ein römisches Öllampenfragment gefunden worden. Durch Wandöffnungen, die mit Fellen oder Decken verschlossen werden konnten, ließen sich die Räume belüften und mit wenig Tageslicht erhellen. Der Rauch der Herdstelle zog durch die vorhandenen Öffnungen oder einfach durch die Dachbedeckung ab. Er diente zugleich zur Konservierung der Hölzer, dem Räuchern von Fleisch aber auch der Insektenabwehr. Dieser Typ der Rauchhäuser ist bis vor 200 Jahren noch gebräuchlich gewesen. In den entsprechenden Freilichtmuseen kann man sie besichtigen.

Die Wohn-Stall-Häuser waren unterschiedlich groß. Die meisten Häuser hatten eine Länge von 10 bis 17 m und eine Breite von ca. 5 m. Die größten Gebäude, die man an anderen Orten nachweisen konnte, waren gar ca. 20 m lang und bis zu 6,5 m breit. Das bisher größte in Westick gefundene Haus hatte jedoch eine Länge von ca. 48 m und eine Breite von ca. 8 m und ist damit für diesen Zeitraum einzigartig für Westfalen. Es hatte somit eine Grundfläche von ca. 380 qm. Bei dem Westicker Langhaus scheint es sich um den Sitz einer höher gestellten Person zu handeln. Pfostenspuren eines „Hochsitzes“ und ein darunter entdeckter Münzschatz erhärten diese Vermutung. Die insgesamt 56 Münzen stammen aus den Jahren zwischen 305 und 361 n. Chr. Die Masse der weiteren Funde stammt ebenso aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts, spätere Zeitabschnitte fehlen ganz. So kann davon ausgegangen werden, daß das Haus in dieser Zeit existiert haben muß.

Das Westicker Langhaus weicht jedoch in mehreren Punkten von den Häusern der gleichen Zeit und des ähnlichen Typs ab. Zunächst deuten die Pfostenspuren darauf hin, daß zumindest im Wohnbereich statt der vier üblichen nur die zwei äußeren Pfostenreihen aufweist. In der Mitte haben wohl einige Pfosten den Dachfirst getragen. Auch die Herdstelle des streng in West-Ost-Richtung errichteten Hauses lag nicht in der Mitte, sondern an der südlichen Wand des westlich gelegenen Wohnteils. Dies mag mit dem repräsentativen Charakter des Gebäudes zusammenhängen, bei dem ein Herdfeuer in der Mitte des Raumes den herrschaftlichen Eindruck gemindert hätte. Diese Ausrichtung der Wohngiebelseite nach Westen, also der Hauptwindrichtung, hatte den Vorteil, den kalten Winden nur eine kleine Angriffsfläche zu bieten.

Außer den vielen Pfostenspuren von Wohn-, Stall- und Speicherbauten lassen sich im Seseke-Körne-Winkel auch Spuren finden, die auf eine weitere intensive wirtschaftliche Nutzung hindeuten.

3. Wirtschaft
3.1 Ackerbau

Zu den zentralen gesellschaftlichen Aufgaben in den Siedlungen gehörte die Sicherung der Ernährung der Bewohner. Die Agrarwirtschaft seit der vorrömischen Eisenzeit war vorrangig auf den Eigenbedarf ausgerichtet. Zu einem Handel mit Überschußprodukten der Landwirtschaft kam es anfänglich nur im direkten Nahbereich.

3.2 Ernährung und Tierhaltung

Die Ernährung mit Fleisch aus der Haltung von Haustieren scheint eine wichtige Rolle neben der pflanzlichen Kost gespielt zu haben. Archäologische Funde aus zeitlich vergleichbaren Siedlungen belegen diese These. Die Viehzucht erfüllte vielfältige Aufgaben: die wichtigste Haustierart, das Rind, diente der Fleisch-, Milchproduktion. Hinzu kamen Schaf und Ziege, die dem gleichen Zweck dienten; Rind und Pferd waren die Zug- und Reittiere; die Felle dieser Tierarten nutzte man zur Lederherstellung und -weiterverarbeitung in vielfacher Hinsicht; die Wolle von Schaf und Ziege wurde zur Textilherstellung benutzt, mit den Tierhaaren ließen sich z. B. Decken und Seile herstellen; auch die Federn des Geflügels wurden verwertet. Aus den Knochen schnitzte man Gebrauchsgegenstände wie Nähnadeln oder Kämme. Bei den Grabungen in Westick fand man das Fragment eines verbreiteten Typs des dreilagigen Knochenkammes. Die damaligen Menschen lebten noch ganz im Einklang mit der Natur und nutzten die aus ihr gewonnenen Rohstoffe und Produkte in einem außerordentlich hohem Maße.

Die im norddeutschen Bereich gefundenen Tierknochen, die sich in den dortigen, sauerstoffarmen feuchten Böden besser erhielten, wiesen folgende Anteile an den Haustierarten auf: Rind: über 50 Prozent; Schaf/Ziege: ca. 20 Prozent; Schwein: ca. 15 Prozent und Pferd: ca. 10 Prozent9. Das Pferd wurde, dieser Fundstatistik entsprechend, offenbar auch als Schlachttier für die Ernährung genutzt. Der Anteil des Schweins an der Fleischproduktion nimmt im nordwestdeutschen Bereich von der Küste zum Binnenland stärker zu, da die Wälder viel Futter für die Schweinemast boten. Auch die Geflügelarten waren schon verbreitet.

Die Jagd spielte seit dem Neolithikum offenbar nur noch eine untergeordnete Rolle in der Ernährung. Auch hier wurden natürlich alle übrigen Teile der erlegten Tiere genutzt (Geweihe, Felle, Zähne und Knochen). Man kann sich die Natur innerhalb unserer Region in den Jahrhunderten vor und nach der Zeitenwende durchaus als waldreich vorstellen. Bei den Arbeiten der Körneregulierung in den 20er und 30er Jahren wurden im Uferbereich zahlreiche Wildknochen und -zähne gefunden. Auch der Fischfang scheint in Westick betrieben worden zu sein. Durch die Nähe zu den bis vor wenigen Jahrzehnten noch fischreichen Flüssen Seseke und Körne war man in der Lage, Fische, Krebse und Muscheln als wertvolle, eiweißreiche Nahrungsquelle nutzen können. Darüber hinaus ließen sich die Gräten und Muschelschalen als Rohstoffe verwenden.

3.3 Nutzpflanzen

Der Anbau von Getreide, der seit dem Neolithikum verbreitet war, hat neben der Fleischproduktion ebenso für die Nahrungsgewinnung eine bedeutende Rolle gespielt. Durch andere Fundplätze im nordwestdeutschen Bereich konnte man belegen, daß die Gerste vorrangig angebaut wurde. Weiter waren noch Spelzweizen und Hafer verbreitet; geringer vertreten waren Roggen, Hirse und Emmer (Triticum dicoccon; Getreideart, mit dem Dinkel verwandt). Aus Gerste und Roggen bereitete man Brei und Fladenbrote. Auch sind Back- und Röstöfen für den nordwestdeutschen Raum nachweisbar. Das Rösten des Getreides diente der Haltbarmachung. Man beließ die so behandelten Körner am Halm und lagerte sie in speziellen Kornspeichern, die auch in Westick nachgewiesen werden konnten (s. oben). Neben der tierischen Fettgewinnung baute man Lein für die Versorgung mit Öl an. Die pflanzliche Ernährung wurde ergänzt durch das Sammeln von Wildgemüsen, Knollenfrüchten, Wildobst und Nüssen. Sicherlich war die Verwendung von Kräutern in der Medizin der damaligen Zeit weit verbreitet und entwickelt.

Die Ackerfluren waren lang und schmal, gelegentlich auch quadratisch. Langfluren im Anschluß an die Höfe sind erst seit dem frühen Mittelalter bekannt. Gepflügt wurde zumeist mit einem Hakenpflug oder seinen landschaftlich verschiedenen Varianten. Diese Pflugart, ein hölzernes Gerät von Ochsen oder Pferden gezogen, riß den Boden nur auf. Da er den Boden nicht wendete, mußte er kreuzweise über den Acker gezogen werden. Der eiserne Wendepflug kam erst später auf. Das Getreide wurde mit eisernen Sicheln geerntet. Erst bei Bedarf wurde das Korn vom Halm entfernt und mit kleinen Handmahlsteinen, wie sie seit Jahrtausenden in Gebrauch waren, gemahlen. Auch waren schon hölzerne Spaten mit Eisen beschlagen, Eggen aus Holz und Hacken aus Geweihstangen gebräuchlich. Durch den Kontakt mit der römischen Welt lernte man nach und nach bessere Bodenbearbeitungsgeräte kennen.

4. Handwerk

4.1 Allgemein

Neben der Vieh- und Feldwirtschaft war in den Siedlungen wie Westick schon ein ausgeprägtes Handwerk vorhanden. Parallel gab es die Geräteherstellung in Eigenproduktion für den augenblicklichen Bedarf. Für die Anwendung bestimmter Handwerkstechniken mit umfangreicheren Kenntnissen und Fertigkeiten gab es schon seit der Bronzezeit Spezialisten, die nur diese Handwerke betrieben. Dies trifft insbesondere für die Schmuckherstellung, die Bronzeverarbeitung und vor allem für die Eisengewinnung und -verarbeitung zu. Die professionellen Handwerker produzierten über den Bedarf der Siedlung hinaus. So kam es zu einem (Tausch-)Handel mit beliebten oder ansprechenden Handwerkserzeugnissen. Die Römer schätzten wohl weniger die germanischen Handwerksprodukte als die natürlich erzeugten Waren. Im Gegenteil, die Handelsbeziehungen mit ihnen führten dazu, daß sich die römischen Waren einer zunehmenden Beliebtheit bei den Einheimischen erfreuten.

4.2 Töpferei

Die einheimische Fertigung von Keramikgegenständen für den täglichen Bedarf war von großer Bedeutung. Schon die Zerbrechlichkeit dieser Gegenstände erforderte einen häufigeren Austausch. Die Gefäße wurden über lange Zeit auf traditionelle Weise hergestellt. Man formte sie frei ohne die Töpferscheibe, deren Gebrauch erst durch den Kontakt mit den Römern allmählich in Gebrauch kam.

Das Gebrauchsgeschirr wurde in fast jeder Siedlung angefertigt; Voraussetzung war das Vorhandensein einer Tongrube in der Umgebung. Die geformten und getrockneten Gefäße brannte man im offenen Feuer, zumeist über einer Herdgrube. Diese vergleichsweise einfache Methode führte zu einer unregelmäßigen Farbschattierung auf der Oberfläche, den sog. Brandflecken. Sie entstanden durch die unregelte Luftzufuhr im Herdbrandverfahren. Wollte man Gefäße mit einer höheren Qualität herstellen, mußte ein Brennofen gebaut werden, in dem sich die Brennprozeße steuern ließen. Darüber hinaus ließen sich durch die Verwendung unterschiedlicher Tonarten, Beimengungen und gesteuerter Brenntemperaturen verschiedene Färbungen erzeugen. Außen erhielten die Gefäße häufig eine Verzierung durch Rollrädchen, Ritzungen oder Einkerbungen. In der Rohstoffauswahl, der Verzierungstechnik und der Gestaltung gab es ein breites Spektrum räumlicher und zeitlicher Unterscheidungen wie die archäologischen Funde belegen. Aus Keramik wurden auch die Urnen hergestellt, für die in dieser Zeit üblichen Brandbestattungen.

4.3 Metallverarbeitung

In der Metallbearbeitung sind in erster Linie die Bronze- und Eisenprodukte zu nennen. Aber auch die Verarbeitung von Blei, Edel- und anderen Metallen ist für die größeren Siedlungen nachweisbar. In der Westicker Siedlung sind all die genannten Metalle verarbeitet und zum Teil gewonnen worden. Bei der Metallverarbeitung tritt schon seit der Bronzezeit eine starke Differenzierung und Spezialisierung unter den Metallhandwerkern auf. Für keinen anderen Handwerksbereich dürfte dies so unterschiedlich zu erkennen sein. Eine gelegentliche Arbeit, neben einer anderen Tätigkeit, ist für diesen Bereichen kaum noch vorgekommen.

Bronze

Das Metall, das am Beginn der Metallverarbeitung stand, war die Bronze. Sie wurde bis in das Mittelalter hinein häufig verwendet. Obwohl das später aufkommende Eisen viele Vorteile bot, war die Bronze sehr geschätzt. Aus ihr ließen sich die vielfältigsten Gegenstände herstellen. In erster Linie zu nennen ist der Schmuck, Trachtenbestandteile, Hausratsgegenstände, Riemen- und Holzbeschlagteile, Handwerkszeuge und Waffen. Die letzteren wurden jedoch schnell wegen seiner Härte vom Eisen abgelöst.

Die Bronze ist eine Legierung, die normalerweise aus 90% Kupfer und 10% Zinn besteht, die auch andere Beimengungen haben kann. Sie läßt sich wegen ihrer niedrigeren Schmelztemperatur von 800 – 850 °C relativ leicht gießen, aber auch kalt zu dünnen Blechen treiben. Das Schmieden verlieh der Bronze eine höhere Festigkeit, ermöglichte aber auch eine dünnere Materialstärke als beim Gießen. In der Westicker Siedlung finden sich einheimische wie wohl auch römische Produkte. Das in Innergermanien auch schon seit der augusteischen Zeit Bronze verarbeitet wurde, beweisen Gußwerkzeuge verschiedener archäologischer Fundplätze.10 Für Westick konnten diese Gießformen bisher noch nicht nachgewiesen werden.

Da die Zutaten für die Bronzelegierung in Westfalen nicht gewonnen werden konnten, war man anfänglich auf Importe fertiger Produkte, nach der Übernahme der Verarbeitungstechnologie, auf die Lieferung von Rohmaterial angewiesen. Daher kann es nicht wunder nehmen, wenn man in der Verarbeitung dazu überging, beschädigte Gegenstände und mißglückte Produkte für die Wiederverwendung sammelte. Unter den Bronzefragmenten der Westicker Siedlung findet sich daher eine große Menge defekter oder unvollständiger Bronzeprodukte, die wohl als eine frühe Form des „Recyclings“ für die neuen Güsse gehortet wurden.

Gegenstände aus Bronze haben sich im Boden weit besser erhalten können, da sie eine schützende Patinaschicht bildeten, Eisen dagegen unterliegt einer erheblich rascheren Oxidation. Daher sind uns viel mehr Bronzefragmente überliefert, als solche aus Eisen, obwohl dies nicht dem tatsächlichen Verwendungsanteil entspricht. Beschleunigt wird die Zersetzung der Überreste vergangener Epochen im Boden vornehmlich durch die zunehmende Anwendung von Agrarchemie der vergangenen Jahrzehnte. Eine Erscheinung, die neben der ökologischen Belastung auch die Relikte der Vergangenheit bedroht. Edelmetalle, die entweder wie Gold gar nicht, oder wie Silber nur sehr gering oxydieren, sind zum Teil im besten Zustand im archäologischen Fundmaterial erhalten.

Eisenverarbeitung

Obwohl die Eisentechnologie schon seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. in Westfalen bekannt war, kann von einer intensiven und routinierten Nutzung des neuen Werkstoffs auch für größere Gegenstände erst ab 300 v. Chr. gesprochen werden.11 Für den nordwestdeutschen Raum verlief diese Entwicklung bis zu den Eroberungsversuchen der Römer unter Kaiser Augustus ab 12 v. Chr. unbeeinflußt. Von einer bedeutenden Eisenproduktion in der germanischen Kultur kann erst ab dem 1. bzw. 2. Jh. n. Chr. gesprochen werden.12 In der Übergangszeit zur sich nun verbreitenden Eisenproduktion, sind Kombinationen aus Eisen (härter) und Bronze (leichter zu verarbeiten) häufig. So wurden z. B. zumeist die Klingen der Schneidwerkzeuge wegen ihrer Möglichkeit zur größeren Schärfe aus Eisen gefertigt, die Handgriffe dagegen noch aus Bronze. Viele der in der Westicker Siedlung gefundenen Fibeln, von denen wir nicht wissen ob sie römischer oder germanischer Herkunft sind, hatten einen bronzenen Korpus und eine eiserne Nadel. Diese Nadeln sind in der Regel nicht mehr erhalten.

Die Bronzezutaten sind in unserer Region kaum anzutreffen. Anders dagegen der Ausgangsrohstoff der Eisengewinnung, das Eisenerz. Es kommt in Westfalen als „Raseneisenstein“ noch heute fast überall vor. Man kann es sowohl direkt von der Erdoberfläche auflesen oder findet ihn dicht unter der Erdoberfläche. In größeren Mengen ist es als eigentliches Erz in tieferen Schichten bis in unser Jahrhundert vornehmlich im Siegerland gewonnen worden. Das Heizmaterial für die Wärmegewinnung bei der Eisenproduktion war bis vor wenigen Jahrzehnten die Holzkohle. Sie wurde in Meilern durch gesteuerten Brand gewonnen. Anders als bei der heute eingesetzten Kohle (bzw. Koks), ist mit Holzkohle nicht die Temperatur von ca. 1600 °C für die wirkliche Schmelztemperatur des Eisens zu erreichen gewesen. Lediglich konnten damit Temperaturen von max. … °C erreicht werden.

Blei

Obwohl in der Siedlung im Seseke-Körne-Winkel eine große Zahl an Bleigegenständen gefunden wurden, läßt sich nur bei wenigen Stücken ihre Funktion erkennen. Besonders häufig treten Objekte im Fundmaterial in Erscheinung, die sich vermutlich als Spinnwirtel13 deuten lassen. Die (bleiernen) Spinnwirtel waren bis in das Mittelalter hinein gebräuchlich. Das Blei hat bekanntlich die Eigenschaft, unter den Metallen eines der größten spezifischen Gewichte (Schwermetall) aufzuweisen. Ebenso ist ein recht einfach geformtes bleiernes Laufgewicht einer Schnellwaage in Westick gefunden worden. Auch unter den Rohmaterialien bei den Funden taucht Blei immer wieder auf. Sei es nun als Schabblei, oder als Bleibarren kommt es in der Westicker Siedlung häufig vor. Das Blei hat unter den verwendeten Metallen den niedrigsten Schmelzpunkt von 327 °C und läßt sich daher leicht verarbeiten.

Unter dem Fundmaterial aus Blei ragen drei Gegenstände hervor, die die Form von kleineren Hämmern besitzen und offenbar für die Bearbeitung empfindlicher Werkstoffe verwendet wurden. Der Gebrauch im Schmuckhandwerk scheint hier wahrscheinlich. Ob es sich allerdings dabei wirklich um Werkzeuge für spezielle handwerkliche Anwendungen oder um eher symbolhafte Gegenstände handelt, muß vorerst offen bleiben. Vergleichsstücke aus anderen Fundorten sind bislang noch nicht aufgetreten!

Neueste metallurgische Untersuchungen14 des in Westick gefundenen Bleis haben ergeben, daß die Zusammensetzung der Spurenelemente keine Einheitlichkeit aufweist. Das deutet darauf hin, daß das Blei aus dem Seseke-Körne-Winkel aus verschiedenen Quellen stammt. Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch für den etwa zeitgleichen Kult- und Handelsplatz in Castrop-Rauxel (Zeche Erin) ab. Im Gegensatz dazu weisen die Bleifunde von anderen westfälischen Fundplätzen des ersten Jahrhunderts n. Chr. eine homogenere Zusammensetzung auf.

4.4 Textil

Ein wesentlicher Aspekt für das Leben der Menschen ist die Herstellung von Kleidung und anderen textilen Gegenständen. Zum einen dienten sie dem Schutz vor den Unbilden der Witterung, zum anderen sind aber auch Textilien im Wohnbereich notwendig. Hatten man in der frühen Zeit der menschlichen Entwicklung sich vornehmlich mit Fellen und Leder begnügen müssen, so lernte man später die Nutzung pflanzlicher und tierischer Fasern für die menschliche Nutzung schätzen.

Die Verwendung von Fasern für die Herstellung von Kleidung etc. setzt die Kenntnis des Spinnens und Webens voraus. Diese Kenntnis war schon Jahrtausende vor Christi Geburt, vorerst nur bei den Hochkulturen des Mittelmeerraumes, bekannt. Wann die Textilherstellung im nordwestdeutschen Bereich verbreitet wurde, ist nicht genau erforscht. Es ist jedoch davon auszugehen, daß sie bereits im Neolithikum verbreitet war.

Die Handspindeln dienten dazu, durch gleichförmige Verdrehung der Fasern einen Faden zu erzeugen. Um eine längere Spindeldrehung zu erzeugen, waren an den unteren Enden der Spindeln tönerne oder bleierne Gewichte, die Spinnwirtel, aufgesteckt. Aus der Westicker Siedlung sind bisher nur bleierne Spinnwirtel belegt; dies dafür aber in großer Menge. Die Spindeln wurden bis ins Mittelalter per Handdrehung betätigt. Seit dem 15. Jahrhundert war das Spinnrad in Mitteleuropa bekannt.15

Wenn die Fasern versponnen waren, konnten sie auf einem aufrecht stehenden Gewichtswebstuhl verwebt werden. Der Name leitet sich von den Gewichten ab, die die senkrecht verlaufenden Kettfäden in ständiger Spannung hielten. Die Textilarbeiten wurden in der Regel von den Frauen der Familie oder der Siedlung durchgeführt. Anfänglich webte man die Stoffe in der gewünschten Form und Größe. Später wurden breite Stoffbahnen gewebt, die man dann auf die entsprechenden Formen zuschnitt.16 In der Völkerwanderungs- und der Merowingerzeit gab es bereits eine sehr differenzierte Technik der Kleidungsherstellung, wie dies zahlreiche Funde aus den verschiedenen Siedlungsplätzen belegen.

Als Faserrohstoff scheint fast ausschließlich Wolle verwendet worden zu sein, die durch Schaf- und Ziegenhaltung in ausreichendem Maße zur Verfügung stand; sie wurden durch regelmäßiges Scheren der Tiere gewonnen. Die Verwendung eiserner Scheren ist nachgewiesen. Der Anbau von Flachs und die Gewinnung der Fasern für die Leinwandherstellung war schon seit dem Neolithikum bekannt, sie ist aber erst in späteren Zeiten in größere Anwendung gekommen. Die Arbeitsgänge der Flachsgewinnung und -verarbeitung erforderten einen erheblich höheren Arbeitsaufwand und Kenntnisreichtum als bei der Nutzung der Wollfasern. Leinen ist archäologisch nur schwer nachweisbar, weil es leichter verrottet als tierische Fasern. Wegen des raschen Verfalls dieser organischen Materialien, sind Textilreste überhaupt in Westick bisher nicht gefunden worden. Vergleichbare Funde haben sich fast nur von Leichenfunden in den sauerstoffarmen Moorböden des norddeutschen Bereiches erhalten, die uns einen Einblick in die Vielfalt der Gestaltung der Textilien vermitteln.

Auch die Haare des Wildes nutzte man zur Herstellung von Textilien; vor allem für den Gebrauch im Wohnbereich..

Innerhalb der germanischen Gesellschaft hat es auch soziale Unterschiede in der Qualität und ästhetischen Gestaltung der Kleidung gegeben.17 Da die entsprechenden Funde aus dem heimischen Raum fehlen, ist eine differenzierte Bewertung zumindest für der Westicker Siedlung nicht möglich. Im allgemeinen kleideten sich die Frauen in lange, ärmellose Gewänder, die an den Schultern mit Fibeln zusammengehalten wurden. Fibeln sind im Westicker Fundmaterial zahlreich vertreten. Der untere Teil der Gewänder, die durch Gürtel im Taillienbereich zusammengehalten wurden, war weit geschnitten in Falten gelegt. Die Männer trugen Hosen, Kittel und Umhänge aus Wolle. Auch waren für beide Geschlechter Umhänge aus Pelz gebräuchlich. Als Mantel diente ein langes rechteckiges Wolltuch, das an der Schulter mit einer Fibel befestigt und geschmückt wurde. Das Schuhwerk wie auch die Kopfbedeckungen waren aus Leder gefertigt.

Obwohl die Kleidung schon in der germanischen Gesellschaft eine differenzierte soziale Stellung zum Ausdruck brachte, genossen ihre Hersteller, anders als bei der Metallverarbeitung, kein besonderes Ansehen in der Gesellschaft.18 Eine Einstellung, die sich bis in die heutige Zeit erhalten hat.19

4.5 Sonstige Handwerke

Glas

Unter den sonstigen Handwerken ist insbesondere die Glasherstellung zu nennen. Die Kenntnisse und Fertigkeiten der Glasproduktion und -dekoration ist vornehmlich dem römischen Einfluß zu verdanken. Bis in die merowingisch-fränkische Zeit ist die Glasherstellung fast ausschließlich auf römische Werkstätten beschränkt. Durch sie hatte diese Technik eine hohe Blüte erreicht. Nach den fränkischen Eroberungszüge seit dem 5. Jahrhundert gingen die Werkstätten in den eroberten Gebieten übergangslos in den Einflußbereich der neuen Herren über. Schon in der Bronzezeit war die Herstellung von Glasperlen unter den germanischen Stämmen verbreitet. Die Herstellung von Glasgefäßen blieb jedoch lange Zeit den kulturell weiterentwickelten Römern vorbehalten.

Holzverarbeitung

Die Holzverarbeitung war schon im Neolithikum durch die Verwendung von brauchbaren Steinwerkzeugen weit entwickelt. Die Anwendung war vielfältig. Für alle Gegenstände des täglichen Gebrauchs – wie Werkzeuge, Waffengriffe, Transportmittel etc. – ließ sich Holz verwenden. Wegen des raschen Verfalls sind diese Gerätschaften jedoch nur in den Moorgebieten Niedersachsens erhalten geblieben.

Der wichtigste Einsatzbereich war jedoch die Verwendung als Baumaterial für Häuser und Speicher sowie für einfache Möbelstücke. In Westick lassen sich die Bauhölzer nur noch als Bodenverfärbungen der ehemaligen Pfostenreihen nachweisen. Holz wurde auch verwendet, um sumpfige Gebiete an den Fluß- und Bachläufen über Bohlenwege trockenen Fußes zu überqueren. Diese sind schon für die Bronzezeit im norddeutschen Bereich nachweisbar. Einen solchen Knüppeldamm hat es wohl auch in unmittelbarer Nähe Kamens gegeben. Diese Information ist durch die Bezeichnung einer Nachbarschaft in der Stadt bis heute erhalten: die „Langebrüggenschicht“.20 Otto Prein vermutete, daß es diesen Bohlendamm, teilweise als Brücke über die Seseke, schon in der römischen Kaiserzeit gegeben habe und ein Zusammenhang mit der Westicker Siedlung (und dem Römerlager in Oberaden) nicht auszuschließen sei.21

Die Hausbauarbeiten könnten schon seit der Römischen Kaiserzeit von spezialisierten Wanderhandwerkern ausgeführt worden sein.

5. Handel

Die Menge des römischen Importes läßt sich aus der Tatsache erklären, daß der Boden im Seseke-Körne-Winkel aus Löß bester Qualität besteht und bis heute den Bauern reiche Ernten verspricht. Der gesamte Kamener Raum gehört zu den Ausläufern der fruchtbaren Soester Börde. Die letzte Eiszeit endete vor ca. 10.000 Jahren am Haarstrang und hatte durch ihr Vordringen nach Süden Lößlehm als Geschiebe hinterlassen. Die dadurch entstandene dicke Humusschicht ist sehr fruchtbar, was noch heute an den großen Höfen der Hellwegzone erkennbar ist.

Die damaligen Bewohner scheinen sich also durch ihren bodenbedingten Reichtum mehr römische (Luxus)Waren haben leisten können. Darüber hinaus lag die germanische Siedlung nahe einer großen Handelsstraße, dem west-östlich verlaufenden Hellweg.

Die Menge der römischen Waren und der gefundenen Münzen ermöglichen es für die Westicker Siedlung, anders als anderswo, auch die einheimische Ware zeitlich einordnen zu können. Die Grabungen des nördlichen Bereiches (nahe der heutigen Kläranlage) brachten Fundmaterial des 2. bis späten 4. Jahrhunderts n. Chr. hervor. Die südlich getätigten Grabungen förderten dagegen Gegenstände von der konstantinischen Zeit bis in das erste Viertel des 5. Jahrhunderts. Daran schlossen sich merowingische Stücke an, die eine kontinuierliche Besiedlung bis in das 6. Jahrhundert beweisen. Einige Funde reichen gar bis ins 9. bzw. 10. Jahrhundert hinein.22

Im Gegensatz zur Region des Obergermanisch-rätischen-Limes-Bereiches scheinen die Bewohner des nordwestdeutschen Gebietes dem Handel mit den Römern aufgeschlossen gewesen zu sein.

6. Alltagsleben und Gesellschaft

Das tägliche Leben der einheimischen Bewohner richtete sich nach dem Tages- und Jahreskreislauf. Durch ihn wurde auch der Rhythmus von Aussaat und Ernte, Nahrungsbeschaffung und Speise, Arbeit und Ruhephasen bestimmt. Geburt und Tod, Gesundheit und Krankheit gehörten noch viel anders als heute zu den naturgegebenen Selbstverständlichkeiten der menschlichen Existenz.

Die Nahrung, die Kleidung und viele andere Dinge entsprachen den regionalen und jahreszeitlichen Gegebenheiten. Das Zusammenleben in der Gemeinschaft wurde durch die gewachsenen und sich nur allmählich verändernden Sozialstrukturen der heimischen Gesellschaft bestimmt. Jeder Mensch nahm in der Gesellschaft eine Position und Funktion ein, die sich sowohl nach der biologischen Konstitution, dem Alter und dem Geschlecht als auch nach der rechtlichen und gesellschaftlichen Stellung, dem Beruf und dem Besitz des einzelnen richtete.

Aus den schriftlichen Quellen der römischen Schriftsteller wissen wir, daß die Abstammung und die Erbfolge vom Vater und dessen Verwandtschaftszugehörigkeit bestimmt wurde. Die Ehepartner mußten dagegen einer anderen Sippe, also einer anderen Abstammungslinie angehören. Die Macht lag vor allem bei den Männern, wenn auch Reste einer ehemaligen matrilinearen Organisation der Gesellschaft noch spürbar waren.23

In den Familien lebten mehrere direkt verwandte Generationen einer Sippe mit angeheirateten zusammen. Zur Großfamilie gehörten auch Unfreie, gefangene Römer und Angehörige fremder Stämme als Sklaven. Die Familie bewohnte und bewirtschaftete ihren Hof und bildete so eine Wirtschaftseinheit, die auf Selbstversorgung ausgerichtet war. Den Reichtum einer Familie bildete das Vieh, insbesondere die Rinder. Vielleicht hat man dies auch noch von einem Besitzanspruch auf bewirtschaftetes Ackerland abhängig gemacht. „Nur die Größe der Herden macht den Germanen Freude, und Viehherden sind ihr einziger und liebster Reichtum“.24

7. Die Münzfunde vom Westicker Feld25

Münzfunde sind Zeugnisse von vergangenen wirtschaftlichen Verhältnissen. Eine ausreichend gute Erhaltung vorausgesetzt lassen sie sich bestimmten Zeiten und Herstellungsorten oder Gebieten zuordnen. Dies gilt besonders für die offiziellen Münzen der römischen Kaiser. Fast vier Jahrhunderte Forschung haben dazu geführt, daß die meisten römischen Münztypen ziemlich genau bestimmbar sind.

Westfalen gehörte bekanntlich nicht zum römischen Reich, wenn man von der kurzen Zeit der römischen Eroberungskriege zwischen 11 v. Chr. und der vernichtenden Niederlage des römischen Heeres 9 n. Chr. einmal absieht. Gleichwohl wurden bei den in Westick stattfindenden Ausgrabungen 1935 in einem völlig verbrannten Holzkästchen 56 römische Münzen aus Bronze entdeckt. Sie befanden sich innerhalb eines ausgegrabenen Holzhauses. Die Münzen stammen aus den Zeitabschnitten 313-319: 1, 330-337: 22, 337-341: 19, 341-346: 10. Das Kästchen ist demnach wohl zwischen 341 und 346 einem Brand zum Opfer gefallen. Daneben wurden bei den Ausgrabungen zwischen 1930 und 1935 zahlreiche weitere römische Münzen, nämlich 78 Stück, einzeln gefunden.

Durch Begehungen interessierter Laien im Westicker Feld sind in den letzten Jahren zahlreiche weitere Münzen, über 400 Stück, entdeckt worden. Ältestes Stück ist wahrscheinlich ein keltisches „Regenbogenschüsselchen“. Die Bestimmung muß mit Vorbehalt gelten, da nur ein Fragment, etwa eine Hälfte gefunden worden ist, und keine Oberflächenprägung mehr zu erkennen ist. Regenbogenschüsselchen haben aber eine spezielle Form, die ansonsten höchst selten ist. Obwohl ziemlich dick, ist eine Seite nach außen gewölbt und die Gegenseite nach innen vertieft. Solche Regenbogenschüsselchen entstanden zunächst in Süddeutschland aus gutem Gold, später dann auch weiter nördlich aus schlechtem Gold, dann aus Silber und schließlich aus einer Kupfer-Silber-Zinn-Legierung, die nur noch eine Spur Gold enthält, das je nach Erhaltung eventuell noch als gelblicher Anflug zu erahnen ist. In Westfalen ist in erster Linie die jüngste Form der Regenbogenschüsselchen gefunden worden. Sie ist in das erste vorchristliche Jahrhundert zu datieren. Nach einem umfangreichen Schatzfund mit 538 solchen Stücken in Bochum-Ehrenfelder Straße 1907 werden sie auch als Bochumer Typ bezeichnet.

Westfalen gehörte auch nicht zu den klassischen Siedlungsbereichen der Kelten. Gleichwohl sind vereinzelte keltische Münzen die ältesten Zahlungsmittel, die in Westfalen zu finden sind. Gerade die Regenbogenschüsselchen sind vertreten. Ihr Vorkommen beschränkt sich im wesentlichen auf die römischen Militärlager und einheimische Siedlungen zwischen Lippe und Ruhr, den klassischen Hellwegraum also. Sie bezeugen keltisch-germanische Kontakte in diesem Raum. Entstanden sind sie aber eher im Rheinland, wo wesentlich mehr Funde solcher Münzen gemacht worden sind.

An zweiter Stelle ist eine Münze der römischen Republik zu nennen, die den Namen des Mark Anton trägt. Mark Anton war einer der Feldherren des römischen Bürgerkrieges. Es handelt sich um einen Denar, eine Silbermünze also, die in den Jahren 32-31 v.Chr. geprägt wurde. Sie ist aber sehr stark verschlissen, was darauf hinweist, daß sie besonders lange im Umlauf war. Die zahlreich hergestellten Denare der römischen Republik sind sehr lange benutzt worden. Sie kommen noch in Münzschatzfunden des 2. nachchristlichen Jahrhunderts in Mischung mit jüngeren Münzen vor.

Drittälteste Münze in Kamen-Westick ist ein halbiertes Stück des Octavianus Augustus und des Agrippa aus der römischen Kolonie Nemausus, dem heutigen Nîmes in Südfrankreich. Vollständige Stücke zeigen zwei Köpfe und auf der Rückseite ein an eine Palme gebundenes Krokodil. Der Überlieferung nach soll die Kolonie durch Ansiedlung römischer Militärveteranen aus Ägypten entstanden sein. Zahlreich sind solche Münzen in denjenigen römischen Militärlagern, die in Zusammenhang mit dem im Jahre 11 v.Chr. begonnenen, aber nach wenigen Jahren eingestellten Germanienfeldzug des Drusus stehen, so z.B. in Bergkamen-Oberaden. Hergestellt wurde die Bronze aus Nemausus in dem Zeitraum zwischen 27 und 10 v.Chr. Lange umgelaufen sind solche Stücke nicht. In dem 9 n.Chr. aufgegebenen Römerlager Haltern kommen solche Münzen zwar noch vor, aber nicht in besonders großer Stückzahl. Daß die Münzen durchgebrochen sind, ist ebenfalls keine Seltenheit. Da römisches Kleingeld nicht in ausreichender Menge zur Verfügung standen, stellten die Legionäre es durch Kleinbrechen größerer Stücke her. Es ist in Westick aber nur eine Münze augusteischer Zeitstellung gefunden worden, so daß an dieser Stelle zu diesem Zeitpunkt wohl keine größere Siedlung bestanden haben wird.

Aus der nachfolgenden Zeit wurden nur wenig Stücke angetroffen. Es handelt sich auch hierbei um silberne Denare. Der römische Kaiser Nero hatte eine Münzreform durchgeführt, die das Gewicht des Denars etwas abwertete. Auf Grund dieser Reform war es den Kaisern möglich, wieder vermehrt Denare herzustellen. So findet sich unter den Neufunden ein nicht allzu abgenutzter Denar des Kaisers Domitianus, geprägt 92-93 n.Chr. in Rom und ein solcher des Hadrianus, der sich dem Zeitabschnitt 134-138 zuweisen läßt. Das römische Münzsystem dieser Jahre kannte neben dem Denar auch eine Goldmünze, den Aureus, der aber in Westfalen extrem selten gefunden wurde, sowie Münzen aus Kupfer und Messing. Letzteres wurden von den Römern wegen seiner Goldfarbe höher bewertet als das rötliche Kupfer. Messing aus natürlicher Legierung wurde als orichalkum (Goldbronze) bezeichnet. Aus diesem Material ist ein Sesterz des Kaisers Trajan, der wegen schlechter Erhaltung nicht weiter bestimmbar ist. Die zum Teil sehr schweren Bronzemünzen des 2. Jahrhunderts liefen ebenfalls sehr lange um, auch wenn sie bis zur Unkenntlichkeit abgenutzt waren. Hinzu kommt, daß die Fundbedingungen für Bronzemünzen wegen der Bodenkorrosion schlechter sind als für Silber.

Die Münzen der frühen römischen Kaiserzeit, also des 1.-3. Jahrhunderts n.Chr., wurden als Instrument der offiziellen Staatspropaganda eingesetzt. Ihre Münzbilder reflektieren häufig aktuelle politische Geschehnisse und stellen den Herrscher in idealisierter Weise dar. Eine Folge ist, daß die Münzbilder eine große Vielfalt aufweisen. Gleichwohl zeigen die Büsten- oder Kopfdarstellungen individuelle Züge, die die verschiedenen Kaiser selbst bei abgenutzten Stücken identifizierbar machen.

Zahlreicher werden die Münzen aus Westick mit dem Kaiser Antoninus Pius (138-161). Unter den Neufunden entfallen auf ihn sieben Stücke, von denen je eines mit Büste und Namen der Frau Faustina I. und der Tochter, Faustina II., geprägt sind. Bei einer dieser Münzen der Faustina, die als Vergöttlichte („Diva“) bezeichnet wird, woraus zu sehen ist, daß die Münzen nach ihrem Tode im Jahre 141 entstanden sind, handelt es sich um eine Nachprägung aus einer nichtstaatlichen Münzstätte. Die Umschriften sind nicht korrekt wiedergegeben: statt Divaf-Avstina heißt es Divac- Augustina und statt Augvsta Avctiv – Ista. Da die Münze aus Silber ist, handelt es sich nicht um eine Münzfälschung. Nicht auszuschließen ist, daß sie außerhalb des römischen Reiches von einem der Nachbarvölker geprägt wurde. Eine Entstehung bei den Germanen ist dagegen weniger wahrscheinlich als eine solche bei Völkern auf dem Balkan. Unter den Nachfolgern des Antoninus Pius begann eine Verschlechterung der Denare. Sie hatte besonders unter Commodus große Ausmaße. Gleichwohl oder vielleicht gerade deshalb sind die Denare dieses Kaisers mit 5 Stücken besonders zahlreich. Wer weniger Feinsilber für ein Stück verbraucht, kann größere Mengen herstellen.

Münzfälschung sind in Westick auch vertreten. Es handelt sich dabei um zwei Denare mit Darstellung des Septimius Severus. Bei einem von ihnen passen die Vorder- und die Rückseite dabei nicht zusammen, da die Vorbilder in der offiziellen Münzprägung so nicht gekoppelt wurden. Die Büste entspricht den Jahren 200-201, die Rückseite mit der sitzenden Glücksgöttin Fortuna den Jahren 201-210. Die stark korrodierten Stücke wurden wahrscheinlich nicht wie die echten Münzen geprägt, sondern aus einer Bronzelegierung gegossen. Dazu wurden echte Münzen in Tonformen abgedrückt, die so hergestellten Gußformen übereinander gestapelt und so in einem Hergang viele falsche Münzen gegossen. Die Metallzusammensetzung wurde so gewählt, daß obwohl hauptsächlich Kupfer, Zinn und Blei und überhaupt kein Silber eingesetzt wurden, die frisch gegossenen Münzen eine silbrige Farbe hatten. Die Gußfälschungstechnik war im Römischen Reich weit verbreitet. Entsprechende Gußformen wurden zwischen Ägypten und dem Rheinland gefunden.

Einer der Falschdenare ist mit einer breiten seitlichen Lochung versehen, wurde also zuletzt nicht mehr als Münze, sondern als Schmuck benutzt. Das Loch nimmt keinerlei Bezug auf das Münzbild. Solche groben Lochungen kommen im germanischen Bereich des öfteren vor. Sie ist in Westick auch bei einem 161-176 geprägten echten Denar des Philosophenkaisers Mark Aurel für die Faustina II. zu beobachten.

Das Vorkommen von Falschmünzen des 3. Jahrhunderts ist auch ein Spiegelbild der Staatskrise des römischen Reiches in dieser Zeit. Sie zeigt sich im weitgehenden Aufhören der Denarprägung und ihre Ersetzung durch Doppeldenare, sogenannte Antoniniane, die als Wertsymbol den Kaiser grundsätzlich mit einer Strahlenkrone darstellen. Aber auch diese Antoniniane wurden von Jahrzehnt zu Jahrzehnt schlechter. Um 260 entstand in Gallien im Westen des römischen Reiches ein separates Reich, aus dem in Westick eine Münze des Gegenkaisers Tetricus (271-274) vorhanden ist. Möglicherweise entstand sie in Köln. Sie enthält fast kein Silber mehr. Schlimmer noch wirkte sich der Zusammenbruch des staatlichen Münzmonopols aus. Die Münzen des Tetricus und anderer Kaiser dieser Zeit wurden in primitiven privaten Münzstätten nachgemacht, wobei sie immer kleiner wurden. Von diesen stilistisch simplen Privatmünzen sind in Westick immerhin drei Exemplare gefunden worden.

Am Ende des 3. Jahrhunderts reformierte Diocletianus nicht nur den Staat, sondern auch das Münzwesen. Als Neuerung wurde eingeführt, daß die offiziellen Münzstätten, von denen es inzwischen eine größere Anzahl zwischen London, Syrien und Ägypten gab, ihre Produkte eindeutig zu kennzeichnen hatten. Tr stand für Treviri, das heutige Trier, Lg für Lugdunum (Lyon), usw. Gab es in einer Münzstätte mehrere Abteilungen, so mußten auch diese angegeben werden. Außerdem war jede einzelne Ausgabe durch Emissionszeichen gekennzeichnet. So fiel eine Kontrolle leichter. Ein neues Münzsystem wurde eingeführt, daß neben seltener Gold- und Silbermünzen sich in erster Linie auf eine Bronzemünze mit Silberanteil stützte, den sogenannten Follis. Die Münzbilder wurden stark vereinheitlicht. Sie hatten weniger Bezug zur Tagespolitik und spiegelten eher die allgemeine Staatsdoktrin. Sie huldigten besonders den Hauptgott Jupiter oder den Genius des römischen Volkes. Die gemeinsam regierenden Kaiser unterschieden sich im Bild kaum. Individuelle Merkmale sind durch einen allgemeinen Zeitstil ersetzt. Dieser zeigt um 300 die Kaiser als harte Männer. Durch chemische Tricks wurde das Silber im Follis an der Oberfläche angereichert, so daß die Münzen in frischem Zustand silberner aussahen als sie in Wirklichkeit waren. Aber diese neue Währung war nicht von der erhofften Stabilität. Die Folles wurden immer kleiner und silberärmer. Sie sind ein typisches Inflationsgeld. Wohl wegen der geringen Kaufkraft wurden sie wenig sorgfältig verwahrt. Sie finden sich in Kamen-Westick in besonders großen Mengen. Wobei besonders zwei Zeitabschnitte stark vertreten sind. Der erste umfaßt die Folles des Kaisers Constantinus mit Darstellung des unbesiegbaren Sonnengottes, einer auch christlich interpretierbaren Darstellung, aus den Jahren zwischen 310 und 318, der zweite die Münzen der Jahren 330 bis 348. An dieser jüngeren Prägung ist jeweils die ganze Herrscherfamilie beteiligt. Abgebildet werden nicht nur der Kaiser, sondern auch die für die Nachfolge vorgesehenen Söhne. So wird den Römern frühzeitig die ganze Dynastie nahegebracht. Die Rückseiten zeigen zwei Soldaten, die römische Feldzeichen halten, während die Umschrift GLORIAEXERCITVS (Der Ruhm des [römischen] Heeres) verkündet. Daneben entstanden in großer Menge auch zwei anonyme Serien, die die beiden Hauptstädte Rom und Konstantinopel (das heutige Istanbul) feiern. Rom wird versinnbildlicht durch die Darstellung der Wölfin, die die Zwillinge Romulus und Remus ernährt. 347/348, bereits im Namen der Konstantinsöhne Constans und Constantius II. folgt eine Serie, die mit Darstellung von zwei Viktorien die (angebliche) Sieghaftigkeit der beiden Kaiser feiert. Kennzeichnend für die Münzen des 4. Jahrhunderts ist, daß sie sich in ihren Bildern und Sprüchen an das Militär wenden.

Aus diesem kam auch Magnentius, ein Germane in römischen Diensten, der 350 einen Aufstand begann und sich in Gallien und zeitweise auch in Norditalien festsetzte, bevor er 353 besiegt wurde. Von ihm sind auffallend viele Münzen in Westick vorhanden, die überwiegend mit Abbildung des Christus-Monogramm PX einen eindeutig christlichen Charakter haben.

Nach 353 versiegte der Münzzustrom nach Westick. Nur sieben der Münzen sind jünger. Dies ist nicht zuletzt damit zu erklären, daß die Herstellung von Bronzemünzen in Trier, von wo die Masse der Westicker Fundmünzen des 4. Jahrhunderts stammt, nach der Niederschlagung des Magnentius auf ein geringes Minimum zurückging. Nach Trier sind die Münzstätten Lyon und Arles sowie für die frühere Zeit auch London als Prägeorte der Münzen des 4. Jahrhunderts zu nennen.

Wenngleich Kamen-Westick wahrscheinlich in Westfalen derjenige germanische Fundplatz ist, der die größte Menge römischer Fundmünzen geliefert hat, so steht der Ort keineswegs allein. Auch in Castrop-Rauxel und in Soest-Ardey fanden sich vergleichbare Mengen und ähnliche Zusammensetzungen. Kartiert man die Vorkommen spätantiken Kleingeldes in Westfalen, so fällt auf, daß es zwischen Ruhr und Lippe besonders viele Fundorte gibt, während das Münsterland (den Westen ausgenommen) und das Sauerland fundärmer sind. In Niedersachsen östlich der Weser spielen diese Münzen keine große Rolle. Das Vorkommen großer Mengen vom Material her wertloser Kleinmünzen kann nicht mit germanischen Raubzügen in das römische Gebiet erklärt werden. Es findet sich vielmehr in Westick all dasjenige, was im römischen Rheinland auch zu finden wäre. Es muß also einen wie auch immer gestalteten ständigen Kontakt zwischen Römern jenseits des Rheins und Germanen in der Hellwegzone gegeben haben.

Bemerkenswert ist das weitgehende Fehlen von Münzen, die jünger sind als die römische Kaiserzeit. Lediglich ein Pfennig aus der benachbarten Münzstätte Hamm, die für die Grafschaft Mark, zu der auch Kamen gehörte, wurde gefunden. Er entstand unter Graf Engelbert I. 1249-77 oder wahrscheinlicher unter Eberhard 1277-1308. Ansonsten sind erst aus dem 18. Jahrhundert Münzen vorhanden, was darauf hinweisen könnten, daß das Westicker Feld in der Zwischenzeit wirtschaftlich nicht intensiv genutzt wurde.

Tabelle der Fundmünzen aus Westick nach den römischen Herrschern

Regierungsjahre

Herrscher

der römischen Kaiserzeit

Altfunde 20er und 30er Jahre

Neufunde

1. Jh. v. Chr.

Regenbogenschüsselchen   1

 30 v. Chr.

Marcus Antonius    

27 v. – 14 n. Chr.

Augustus   1

69

Otho   1

69 – 79

Vespasian 1 Denar  

81 – 96

Domitian    

98 – 117

Trajan 2 Denare  

117 – 138

Hadrian    

 175

Faustina II.    

138 – 161

Antonius Pius 1 Denar  

161 – 180

Marcus Aurelius 2 Denare  

180 – 192

Commodus    

192

„Fünfkaiserjahr“

   

193 – 211

Septimus Serverus    

218 – 222

Elagabal    

244 – 249

Philippus I.

1 Antoninian

 

268 – 270

Claudius II.

   

270 – 273

Tetricus

   

284 – 305

Diokletian

   

286 – 305

Maximianus

1 Follis

 

305 – 313

Maximinus II.

2 Follis

 

306 – 312

Maxentius

   

306 – 337

Constantin I.

23 Follis

 
 

Constantin I. (Söhne)

13 Follis

 

308 – 324

Licinius I.

4 Follis

 

317 – 326

Crispus

   

317 – 340

Constantin II.

   

 326

Fausta

   

 328

Helena

1

 

330 – 346

Stadtprägung Rom

15

 

330 – 346

Stadtprägung Constantinopel

7

 

4. Jh.

unbestimmte Herrscher

4

 

 337

Theodora

   

337 – 350

Constans

33

 

337 – 361

Constantinus II.

13

 

350 – 353

Magnentius

3

 

351 – 353

Decentius

6

 

364 – 375

Valentian I.

   

375 – 383

Gratian

1

 

375 – 392

Valentian II.

   

383 – 388

Magnus Maximus

   

383 – 408

Arcadius

   

393 – 423

Honorius

   

409 – 411

Maximus

   
 

Gesamtmenge:

134

???

       

8. Orts-, Personen und Sachindex (evtl. erst am Ende des Buches)

9. Literaturhinweise

Bänfer, Ludwig: Eine germanische Siedlung in Westick bei Kamen, Kreis Unna. Entdeckungs- und Grabungsgeschichte. In: Westfalen 21 = Bodenaltertümer Westfalens 5, Münster 1936, S. 410 – 412.


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Westfälische Geschichte Bd. 1, Düsseldorf 1983, S. 167 ff.

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Litzinger, Martin: Otto Prein – Lebensbild eines westfälischen Pfarrers und Frühgeschichtsforschers. In: Heimatbuch Kreis Unna, Bd. 13, 1992, S. 91 – 93.

Menzel, Heinz: Römische Bronzen. Eine Auswahl. Hrgg. vom Rheinischen Landesmuseum Bonn. Düsseldorf 1969.

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Tacitus, Publius Cornelius: Germania.

Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Hrgg. v. Hans-Jürgen Häßler. Stuttgart 1991.

Uslar, Rafael v.: Westgermanische Bodenfunde des 1. bis 3. Jahrhunderts. Frankfurt/Berlin 1938.

Winkelmann, W.: Vor- und Frühgeschichtliche Siedlungsräume und Siedlungen und die politische Raumbildung in Westfalen. Spieker 25, 1977, S. 427 ff.

1 Für die neu gewonnenen Erkenntnisse ist zu danken: Michael Bartusch, Kamen, Andreas Ernst, Bergkamen, sowie Ullrich Neumann, Kamen. Außerdem hat sich der Kamener Archäologe Georg Eggenstein dieses Fundgebietes mit wissenschaftlichem Engagement angenommen.

2 Davon waren 134 Stücke schon in der Vorkriegszeit gefunden worden; die überweigende Anzahl erst heute.

3 Viele dieser Technologien waren im kleinasiatischen Raum oder Ägypten schon weit früher bekannt.

4 Siehe Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Hrgg. v. Hans-Jürgen Häßler. Stuttgart 1991. S. 194.

5 Siehe Eggenstein 1997, S. 87 f.

6 Zur Entdeckung durch Otto Prein, siehe weiter unten.

7 Siehe dazu: Fischer Lexikon Sprachen. Frankfurt 1961, S. 95 ff.

8 Siehe Geary 1996, S. 52.

9 Siehe Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Hrgg. v. Hans-Jürgen Häßler. Stuttgart 1991. S. 206.

10 Siehe Die Germanen, Bd. 1, 1988, S. 147.

11 Siehe Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Hrgg. v. Hans-Jürgen Häßler. Stuttgart 1991. S. 194 f.

12 Siehe Die Germanen, Bd. 1, 1988, S. 310.

13 Verwendung siehe unten „Textil“.

14 Diese Untersuchungen ließ Christian Bergen, Münster, 1997 im Rahmen seines Dissertationsvorhabens durchführen. In seiner demnächst erscheinenden Arbeit werden die Westicker Bleifunde mit denen anderer Fundorte verglichen.

15 In einigen Teilen Süd- und Osteuropas kann man noch heute die Verwendung des Spinnwirtels beobachten.

16 Siehe Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Hrgg. v. Hans-Jürgen Häßler. Stuttgart 1991. S. 260.

17 Vgl. Geary 1996, S. 57.

18 Ebenda.

19 Vgl. den Sozialstatus der Spinnerinnen, Weber und Schneider/innen in der Neuzeit.

20 Siehe die entsprechenden Archivalien im Kamener Stadtarchiv.

21 Otto Prein: Lagen die „Langen Brücken“ des Cäcina vom Jahre 15 n.Chr. bei Kamen? Unveröffentlichtes Manuskript im Stadtarchiv Kamen.

22 Hierbei handelt es sich um drei bronzene Fibeln: eine Scheibenfibel, eine Kreuzfibel und eine kissenförmige Fibel mit erhaltenem Email.

23 So hatten die Söhne den Töchtern eine besondere Wertschätzung zu erweisen. Vgl. Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Hrgg. v. Hans-Jürgen Häßler. Stuttgart 1991. S. 271 ff.

24 Tacitus, Germania 5.

25 Der Text folgt im Wesentlichen dem Artikel von Dr. Peter Illisch, Museum für Kunst und Kultur, Münster, in: Springinsfelt, Kamener Hefte für Geschicht und Gegenwart, Sonderheft zur Ausstellung „Neue Funde aus dem Seseke-Körne-Winkel“, hrgg. v. Stadtarchiv Kamen, 1996, S. 10 – 18. Verwendung mit freundlicher Genehmigung von Dr. Peter Illisch.