Methler

Kamen-Methler (erste Erwähnung und Mittelalter)

Auszug aus: Rudolf Neuhaus. 1100 Jahre Methler. Greven 1998. S. 28-34.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors R. Neuhaus.

Die erste bekannte namentliche Erwähnung Methlers findet sich in einer Urkunde des Kölner Stiftes St. Gereon. Bei dieser Urkunde handelt es sich um eine Schenkungsurkunde, entstanden gegen Ende des 9. Jahrhunderts, in der dem Stift Grundbesitz in Methler und Aplerbeck übertragen wird. Zum besseren Verständnis sei die für die hier vorliegende Schrift so wichtige Urkunde in deutscher Übersetzung wiedergegeben:1

”Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Wenngleich das, was wir darbringen, klein und dürftig ist gegenüber unserer großen Schuld und unsern Sünden, so sieht doch der liebe Herrgott nicht auf die Größe der Gabe, sondern auf die fromme Gesinnung des Opfernden. Und darum schenken und übertragen wir, ich, Wiheburg und meine Söhne Lantfrid, Reginfrid, Cerho und Liutfrid im Namen Gottes und aus Liebe zum Herrn und zum Heil unserer Seelen, für die Kirche des heiligen Blutzeugen Gereon und für das Refektorium der Brüder, die dem Herrn dort in frommer Knechtschaft dienen, wo der ehrwürdige Heriman, Erzbischof (von Köln) regiert, gewisse Stücke unseres Eigentums, die in Metlere und in Afaldrabechi in der Grafschaft Adalberts liegen: nämlich 1. in Metlere eine Hufe von dem Hofe Difidis mit Wäldern, Wiesen, Weiden, Wassern und Wasserläufen und mit jenen 3 Mancipien (Hörigen), deren Namen sind: Erdac, Ruadnar und Wilburg. Auch muß der genannte Erdac oder wer (nach ihm) die Hufe in Besitz hat, 5 solidi als Zins zahlen. – 2. in Afaldrabechi aber eine Hufe mit einem Hof und allen Gebäudlichkeiten, nebst Wiesen, Weiden, Wassern und Wasserläufen und mit (6) Mancipien, deren Namen sind diese: Waldric, Suitger, Wendeloc, Folcdere, Mesinburg und Frederichus. Dazu ist der obengenannte Waldric oder sein Besitznachfolger verpflichtet, jährlich 6 solidi als Zins zu zahlen. Diesen ganzen oben zusammengefaßten Besitz haben wir unter der Bedingung geschenkt und übergeben, daß mir, der Wicburg, die Brüder eine Pfründe mit Kost und Kleidung geben sollen, wie es jedem der Brüder zusteht, die täglich im Kloster wohnen. Wie auch geschehen.

Fernerhin nämlich war es unsere Bitte, die auch die fromme Brüderschaft erfüllt hat, daß sie mir, Wicburg, eine Hufe in Afaldrabechi mit einem Hofe und Mancipien einräumen möchten, nur für meine Lebenszeit und den Priester Ratbold, falls er mich überleben würde. Auch dies wurde gestattet unter der Bedingung, daß der vorgenannten Kirche oder den Brüdern kein Rechtsnachteil oder irgendwelche Verminderung erwachsen dürfe, und daß wir nur das Nutzungsrecht daran ausüben und den Zins von 6 Denaren davon auf Gründonnerstag zahlen müßten. Also wird nach unserem Abscheiden aus dieser Welt die obengenannte Hufe mit all ihrem Inhalte und Zubehör und allen Verbesserungen ohne jede Widerrede zum Besitz und Gebrauch der Brüder zurückkehren.

Wo ferne aber, was wir keineswegs für möglich halten, entweder wir selbst (was fern sei) oder irgendeiner unserer Erben oder Miterben gegen diese Übertragung sich vergehen oder selbige brechen oder ändern wollte, der soll dem Zorn des allmächtigen Gottes und aller Heiligen verfallen und den Brüdern 10 Pfund Goldes oder Silbers (als Strafe) zahlen und (gegebenenfalls) zwangsweise entrichten. Und was er davon zu irgend einer Zeit zurückfordert, das soll er nicht zu erstreiten vermögen. Vielmehr soll gegenwärtige Schenkung und Übertragung auf ewige Zeiten gültig und fest bleiben mit der angefügten Bedingung.

Verhandelt öffentlich in der Stadt Köln, vor dem Ehrwürdigen Erzbischof Heriman, dem ganzen Klerus und Volke, im Jahre nach Christo 899, erste Indikation, 11. April, und vollzogen in Trutmania (Dortmund) von den oben erwähnten Söhnen der Wichburg, 14. Mai, vor Albert, dem Probst von St. Gereon, und den Priestern Ratharius, Ratbold und Landolf am nämlichen Kloster, und dem gesamten Volke, im 10. Jahr der Regierung Arnulfs, des siegreichen Königs. Es haben um Abfassung und Bestätigung der Urkunde Wichburgs und ihrer oben erwähnten Söhne gebeten:

Gezeichnet: Erzbischof Heriman, Bischof Egilbert, Reginold, Alabrand, Hupert, Herres, Rutdger, Suoldilricus, Hildimard, Wincinarus, Wadicon, Aluadolf, Odolf, Vinehard, Brunlier, Uluiricus.”

Die Urkunden über größere Schenkungen an das Stift St. Gereon sind im Original nicht überliefert. Dies trifft auch für die hier wiedergegebene Schenkung zu. Es existieren lediglich zwei Abschriftensammlungen. In der wissenschaftlichen Literatur werden diese sogenannten Kopiare in der Regel mit großen Buchstaben gekennzeichnet. Dabei bezeichnet der Buchstabe ‘A’ das Original und weitere Buchstaben, in diesem Fall ‘B’ und ‘C’, die jeweiligen Kopien einer Urkunde. Von den hier vorliegenden Abschriften bietet laut der Aussage von Erich Wisplinghoff, dem Bearbeiter des rheinischen Urkundenbuches, das Kopiar B in den meisten Fällen den besseren Text: Das jüngere Kopiar C scheint eine Abschrift von B zu sein.

Nun mag eine Unterscheidung zwischen einer Originalurkunde aus dem 9. Jahrhundert und zweier Abschriften, die im 15. Jahrhundert angefertigt worden sind, für Mediävisten einen gewissen Reiz beinhalten, den geschichtlich interessierten Bürger des 20. Jahrhunderts wird eine solche Unterscheidung wohl eher unberührt lassen. Doch auf den zweiten Blick lohnt sich eine nähere Untersuchung durchaus.

Datierung der Urkunde

Fußend auf der angegebenen Urkunde begeht Methler im Jahr 1998 die 1100-Jahr-Feier seiner ersten Erwähnung. Das ebenfalls in der Schrift erwähnte Aplerbeck feiert dieses Ereignis erst 1999. Um es noch einmal deutlich zu sagen: sowohl Aplerbeck, als auch Methler berufen sich bei der Wahl des Jubiläumsjahres auf die hier wiedergegebene Urkunde.

Nun müßte die unterschiedliche Datierung der Ersterwähnungen sich leicht durch einen Blick in den Text auflösen lassen. Doch – und hier beginnt die Beschreibung der Überlieferungsgeschichte der Urkunde interessant zu werden – eine genaue Textanalyse zeigt, daß die Urkunde nicht eine eindeutige, sondern drei Datierungen enthält. Zu allem Überfluß widersprechen sich die Datierungen auch noch. Anhand dieser Angaben scheinen sich als Zeitpunkt der Beurkundung sowohl das Jahr 898, als auch 899 bestimmen zu lassen. Zur Auflösung des Widerspruchs erscheint es sinnvoll, die in dieser Hinsicht entscheidende Textpassage in der lateinischen Originalfassung anzugeben2:

”Actum publice Colonia civitate coram venerabili Herimanno archiepiscopo omnique clero ac3 populo anno ab incarnacione domini DCCCXCVIIII, indictione prima, III idus aprilis perfectumque Trutmunia a supradictis viris filiis Vuichburge4 II idus5 maii coram Adalberto preposito de sancto Gereone et Rattario, Ratbaldo, Landolfo presbiteris de eodem monasterio omnique plebe anno decimo regnante Arnulfo victoriosissimo rege feliciter.”

Die erwähnten 3 Datierungen lauten im einzelnen:

  • ‘anno ab incarnatione domini DCCCXCVIIII’: Jahr 899 nach der Menschwerdung des Herrn.
  • ‘indictione prima’: erstes Steuerjahr
  • ‘anno decimo regnante Arnulfo victoriosissimo rege feliciter’: 10. Jahr der Regierung Arnulfs, des siegreichen und Segen bringenden Königs.

Während die erste Datierung das Jahr 899 angibt, beziehen sich sowohl die zweite, als auch die dritte Datierung auf das Jahr 8986. Um den Widerspruch zu erklären, muß auf die einzelnen Datierungen näher eingegangen werden. Vorweg sei allerdings gesagt, daß aufgrund des verloren gegangenen Originals eine endgültige Klärung nicht möglich sein wird. Es läßt sich lediglich eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit einer Datierung treffen.

1. Inkarnationsjahr:

‘anno ab incarnatione domini DCCCXCVIIII’: Jahr 899 nach der Menschwerdung des Herrn.

Wie bereits erwähnt liegt der Text der Schenkung in zwei Abschriften aus dem 15. Jahrhundert vor, wobei die Abschrift C einige sinnentstellende Fehler und Lücken mit B gemeinsam hat. Darüber hinaus weist C weitere Fehler auf, die in B nicht vorhanden sind. Es ist also davon auszugehen, daß C eine Abschrift von B ist.

Aufgrund dieser Annahme kann es sich bei der in beiden Abschriften angegebenen Jahreszahl der Inkarnation ‘899’ um einen Schreibfehler handeln, der bereits bei der Anlage von B aufgetreten ist und in C übernommen wurde. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß die im Mittelalter mit der Abschrift von Urkunden befaßten Kopisten längst nicht in der Lage sein mußten, auch lesen und den lateinischen Text der Urkunde verstehen zu können.

Hinzu kommt, daß Erich Wisplinghoff angibt, daß in den niederrheinischen Privaturkunden des 9. und 10. Jahrhunderts das Inkarnationsjahr als Datierungsangabe nicht regelmäßig angegeben wurde: es könnte sich also auch um einen Zusatz aus dem 15. Jahrhundert handeln.

2. Indiktionsjahr:

‘indictione prima’: erstes Steuerjahr (Indiktion)

Im Gegensatz zum Inkarnationsjahr wurde das Indiktions- oder Steuerjahr in mittelalterlichen Urkunden regelmäßig, wenn auch nicht ausnahmslos, angegeben. In diesem Fall läßt es sich zweifelsfrei auf das Jahr 898 festlegen7.

3. Regierungsjahr:

‘anno decimo regnante Arnulfo victoriosissimo rege feliciter’: 10. Jahr der Regierung Arnulfs, des siegreichen und Segen bringenden Königs.

Problematisch an der dritten Datierung ist die Nennung König Arnulfs, da Köln zu jener Zeit zum lothringischen Teilreich Zwentibolds, eines Sohnes Arnulfs, gehörte. Anhand des Aufbaus der Urkunde erkennt man jedoch, daß ihr ein in Köln bis mindestens 942 in Gebrauch gewesenes Formular zugrunde liegt, daß ursprünglich in Mainz und dem Wormsgau angewendet wurde. Besonders das Stift St. Gereon hatte, wie Wisplinghoff schreibt, seit alters her Beziehungen in diese Gegend. Deshalb kann der Bezug auf die Regierungsjahre Arnulfs aus diesen Verbindungen heraus erklärt werden. Dies würde auch erklären, warum Arnulf obwohl er seit Ende Februar 896 den Kaisertitel führte, nur als König genannt wird. Im übrigen müßte man anhand dieser Datierung ebenfalls das Jahr 898 annehmen8.

Mehrheitlich weisen die angeführten Datierungen also auf das Jahr 898 als Zeitpunkt der Abfassung der Urkunde hin. Allerdings können die bisherigen Ergebnisse für eine exakte wissenschaftliche Datierung noch nicht als ausreichend angesehen werden. Erschwerend kommt hinzu, daß eine weitere, in der Urkunde enthaltene indirekte Datierungsmöglichkeit für das Jahr 899 zu sprechen scheint.

Es handelt sich dabei um die Erwähnung des Bischofs Egilbert von Utrecht. Die Forschung nimmt zur Zeit für die Amtszeit Egilberts den Bereich nach dem 13. Dezember 898 bis 24. September 899 an. Aufgrund dieser Datierung würde das Jahr 899 als Entstehungsjahr der Urkunde wahrscheinlich werden. Der Beginn der Amtszeit ist jedoch leider nicht genau bekannt. Sein Vorgänger ist zum letzten Mal für den 24. Juni 896 bezeugt, so daß Egilbert von Utrecht, wie Erich Wisplinghoff meint, bereits im Jahr 896 oder – was er für wahrscheinlicher hält – nach dem 13. Dezember 897 die Amtsgeschäfte übernommen haben kann. Somit würde auch seine Erwähnung dem Jahr 898 nicht mehr widersprechen9.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß das Entstehungsjahr der Urkunde mit hoher Wahrscheinlichkeit 898 ist. Der Text enthält mit Ausnahme der Jahreszahl ‘DCCCXCVIIII’ keine Angaben, die dem Jahr 898 widersprechen würden. Und wie leicht kann bei einer mehrere Jahrhunderte später angefertigten Abschrift aus ‘DCCCXCVIII’ ein ‘DCCCXCVIIII’ werden. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, daß das vorliegende Kopiar B zwar die älteste bekannte Abschrift der Originalurkunde ist. Dies muß aber keineswegs bedeuten, daß diese Abschrift direkt vom Original angefertigt worden ist. Es mögen weitere ‘Zwischenabschriften’ existiert haben. Die Wahrscheinlichkeit einer falsch wiedergegebenen Jahreszahl würde dadurch noch steigen. Ebenfalls sei in diesem Zusammenhang noch einmal die Tatsache, daß mittelalterliche Kopisten keineswegs in der Lage sein mußten, die von ihnen abgeschriebenen Texte auch lesen, geschweige denn verstehen zu können, als mögliche Fehlerquelle erwähnt. Da wir uns hier aber im Bereich der Spekulation bewegen, soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß eine endgültige Klärung des Entstehungsdatums der Urkunde aufgrund des fehlenden Originals nicht stattfinden kann.

Metlere’

Gehen wir nun auf die Schenkung selbst ein. Wichburg und ihre Söhne Lantfrid, Reginfrid, Cerho und Liutfrid übertragen ‘gewisse Stücke’ ihres Eigentums, ‘die in Metlere und in Afaldrabechi in der Grafschaft Adalberts liegen’. Dabei handelt es sich in Methler um ”eine Hufe von dem Hofe Difidis mit Wäldern, Wiesen, Weiden, Wassern und Wasserläufen und mit jenen 3 Mancipien, deren Namen sind: Erdac, Ruadnar und Wilburg.”

Über die Ortsbezeichnung ‘Metlere’ ist viel spekuliert worden. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß Ortsbezeichnungen, die auf ‘lere’ bzw. ‘lare’ enden, der vorkarolingischen Zeit zuzurechnen sind. Das in der Urkunde erwähnte Gebiet wird also bereits lange vor 898 ‘Metlere’ oder ähnlich genannt worden sein. Gestützt wird die These auch dadurch, daß das Gebiet um Methler bereits vor der fränkischen Eroberung als Siedlungsraum genutzt worden ist, wie durch die vorliegenden Grabungsfunde im Seseke-Körne-Winkel eindeutig belegt ist. Zur Deutung des Wortes ‘Metlere’ wird wohl Heinrich Beisenherz zuzustimmen sein, der die Bezeichnung auf die Worte ‘mâl’ = Vertrag bzw. ‘mahal’ = Gerichtsstätte und ‘lare’ zurückführt.10 Auch die im sächsischen Siedlungsgebiet häufig vorkommende Endung ‘lere’ oder ‘lare’ weist auf eine Versammlungsstätte hin. ”Wir erkennen daher” schreibt er, ”in Methler ein uraltes ‘Mal, ein Gerichtsstätte, ein germanisches Ding’ wieder, daß durch beide Bestandteile des Wortes, also doppelt, ausgedrückt wird.” 11

Difidis’

Ähnlich wie ‘Metlere’ versucht Beisenherz auch, den Hofnamen ‘Difidis’ sprachlich abzuleiten. Er setzt den Namen zusammen aus ‘diop’ = tief, sumpfig, ‘fadi’ bzw. ‘fedi’ = schreiten und ‘wadan’ = gehen zusammen und schließt somit auf die Bezeichnung ”diop-fadi oder diop fedi = tiefe, sumpfige Furt.”12 ”Sprachlich würde die Entwicklung diop-fedi zu difidi … keine Schwierigkeiten bieten”, fährt Beisenherz fort. ”Im Genitiv-Verhältnis zu ‘Hof’ würde sich die Form difidis (Hof) erklären als ‘der Hof an der sumpfigen, tiefen Furt’.”

Mag die sprachliche Herleitung der Begriffserklärung auch schlüssig sein, so stellt sich doch vom Sachverständnis her eine Frage: Warum sollte ein bedeutender Hof ausgerechnet an einer ‘tiefen, sumpfigen Furt’ gelegen haben? Zum einen bezeichnet ‘Furt’ eine Stelle, an der ein Gewässer leichter zu überqueren ist. Solche Stellen sind in der Regel nicht ‘tief’, sondern flach. Die Aussage ‘tiefe Furt’ würde sozusagen einen Widerspruch in sich enthalten. Noch unwahrscheinlicher wird die Namenserklärung aber, wenn die ‘tiefe Furt’ auch noch ‘sumpfig’ ist. Sumpfige Ufer haben aufgrund ihrer Bodenbeschaffenheit die unangenehme Eigenschaft, weder als Reiseweg, noch als Übergang benutzbar zu sein. Hinzu kommt, daß sumpfiges Gelände auch als Siedlungsgebiet nicht gerade beliebt war. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang nur auf die jährlich zu erwartende Mückenplage, der man sich sicherlich auch zur damaligen Zeit nicht freiwillig ausgesetzt hat. Schließlich werden und wurden durch Mückenstiche Krankheiten übertragen.

Sollte also die Namenserklärung ‘difidis Hof = Hof an der tiefen, sumpfigen Furt’ richtig sein, so müßte man davon ausgehen, daß der Hof an einer zur Flußüberquerung ungeeigneten Stelle, auf ungesundem, zur Beackerung nicht geeigneten Boden gelegen hat und seine Bewohner des öfteren von Krankheiten und Fibern geplagt worden sind. Das wäre für wahr ein Grund gewesen, nicht nur Teile von ihm, sondern den ganzen Besitz zu verschenken. Sieht man sich im übrigen die Lage der ältesten Siedlungsgebiete an, fällt auf, daß die Höfe auf den Uferterrassen der Seseke bzw. an kleinen, zu ihr oder der Körne führenden Bächen und nicht ‘im Sumpf’ gelegen haben. So einleuchtend die sprachliche Erklärung der Bezeichnung ‘difidis’ also auch zu sein scheint, rein sachlich wird man von ihr Abstand nehmen müssen.

Über den Hof Difidis selbst läßt sich sagen, daß der Besitz immerhin so groß gewesen sein muß, daß von ihm ”eine Hufe … mit Wäldern, Wiesen, Weiden, Wassern und Wasserläufen und mit jenen 3 Mancipien, deren Namen sind: Erdac, Ruadnar und Wilburg” abgetrennt werden konnte. Umfang und Lage der Hufe sind in der Urkunde nicht angegeben. Immerhin war das Land so ertragreich, daß der als Inhaber genannte Erdac in der Lage war, einen jährlichen Zins von ‘5 solidi’ zu zahlen.

Zur näheren räumlichen Bestimmung des Hofes kann eine Besonderheit des Kirchenrechts herangezogen werden. Einmal in kirchlichen Besitz gelangtes Land durfte nach einem päpstlichen Dekret nicht wieder veräußert werden. Deshalb müßte die Hufe im Besitz des Stiftes St. Gereon geblieben sein. Und tatsächlich wird 1178 ein Hof in Methler erwähnt, der dem St. Gereons-Stift als Zehnt ‚3 Solidi‘ zahlen muß.13 Laut einer anderen Urkunde aus dem Jahr 1180 erhielt das Stift aus Methler ‚5 Solidi‘14. Auch die erste Erwähnung einer Pfarrei in Methler, die 1189 erfolgte15, weist darauf hin, daß das Stift nicht unbedeutenden Grundbesitz in Methler gehabt hat.

Dieser Besitz könnte, wie Gisbert Rogge vermutet16, zur Ausstattung des Pastorats gedient haben. Es wäre wahrscheinlich, daß bei der Gründung einer selbständigen Pfarrei in Methler durch das Stift St. Gereon, die er auf die Mitte des 12. Jahrhunderts datiert, bereits vorhandener Grundbesitz herangezogen worden ist. Es hätte sich dann um das später ‘Wedom’ genannte Gut in Methler gehandelt.

Leider läßt sich nicht genau datieren, wann in Methler eine Pfarrei gegründet worden ist. Zum ersten Mal erwähnt wird die Pfarrei, wie angesprochen, 1189. Eine Urkunde aus dem Jahr 1269 spricht zum ersten Mal, wenn auch ohne Namensnennung, von einem ‘Pfarrer zu Methler’.17 Bei den Nennungen der Zahlungen an das Stift aus den Jahren 1178 und 1180 werden dagegen weder eine Pfarrei, noch ein Pfarrer erwähnt.

Trotzdem kann aber bereits früher eine Pfarrei in Methler bestanden haben. Immerhin weisen Grabungsfunde darauf hin, daß die erste Kirche in Methler bereits zu Beginn des 11., vielleicht sogar schon gegen Ende des 10. Jahrhunderts gebaut worden ist.18

Auch die Lage des Haupthofes, der sich 898 im Besitz der Wichburg befunden hat und von dem die betreffende Hufe abgetrennt worden ist, kann nur indirekt erschlossen werden. Der Besitz muß so groß gewesen sein, daß man von ihm ohne seinen Bestand zu gefährden, die erwähnte Hufe abtrennen konnte. Vermutlich wird es sich um den Haupthof in Methler gehandelt haben. Außerdem hat die Familie der Wichburg noch Besitz in Aplerbeck besessen, der einen ähnlich großen Umfang gehabt haben muß. Das läßt den Schluß zu, daß es sich bei der Familie um Adelige gehandelt haben mag. Vielleicht haben sie dem Geschlecht der von Methler angehört, von denen ein ‘Gerhardus de Medelere’ erstmals 1152 erwähnt worden ist.19

Bei dem Hof in Methler selbst kann es sich dann um den späteren Schultenhof gehandelt haben, der als Stammsitz der Familie von Methler gilt.20 Die außergewöhnliche Größe des Schultenhofes, bei seiner Ablösung 1832 umfaßte er noch 295 Morgen, würde diese These unterstützen.

1UB St. Gereon 3, REK I 294, UB Dortmund I 1
Druck: Rheinisches Urkundenbuch, Bd.2, Düsseldorf 1994, Nr. 255, S.221 ff.
UB Niederrhein IV 603 (nach C)
Abschriften 15 Jh.: EBA Köln, PfA S. Gereon, Akten A II 2, Bl 117 (Vs) – 118 (Rs) (B)
HASt. Köln, S. Gereon, Rep. und Hs. 2 Bl. 210 (Rs) – 211 (Rs) (C)

2Zitiert einschließlich der Anmerkungen nach Rhein. UB, S.223; Schreibunklarheiten sind als Anmerkungen angefügt, das jeweilige Kopiar ist mit ‘B’ bzw. ‘C’ angegeben.

3et C

4Vuicburge C

5idem BC

6Rhein. UB S.221

7Zur näheren Bestimmung des Indiktionsjahres vgl. Rhein. UB, S.221.

8Rhein. UB S.221

9Rhein. UB S.222

10 Beisenherz, Kurl, S.287

11 Beisenherz, Kurl, S.287

12 Beisenherz, Kurl, S.288

13 Jörres, UB des Stiftes St. Gereon, 1893, Nr.20

14 Jörres, UB des Stiftes St. Gereon, 1893, Nr.22

15 WUB, II, Nr. 491: Der Erzbischof Philipp I. von Köln bestätigt einen Vertrag zwischen dem Stift St. Gereon in Köln und seinen Zehntpflichtigen im Dekanat Dortmund: den Pfarreien Derne, Methler und Kurl.

16 Rogge, Das Dorf Methler, S.2, masch. schriftl., Archiv der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Methler

17 WUB, VII, Nr.1313 v. 11.April 1269

18 Christiane Hemker, Grabungen in der evangelischen Kirche von Kamen-Methler, Kreis Unna, in: Bendix Trier (Hg.), Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe, Jahrgang 6, Teil B, Mainz o. J., S.79 – 133, hier: S.130

19 UB v.d. Recke-Volmarstein, Nr.16

20 Vgl. Rogge, Höfe in Methler, im Anhang