Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland: 70 Jahre gelebte Freiheit und Demokratie.

Bei der folgenden Zusammenfassung handelt es sich um Teil IV des 15. ZZ des KKK, verfaßt und vorgetragen von Dr. Heinrich-Wilhelm Drexhage

Am 23. Mai 1949 wurde in Bonn vom Parlamentarischen Rat das Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland verkündet. Dieses Datum markiert den Beginn der längsten Periode von Frieden, Freiheit und Demokratie in der Geschichte Deutschlands.

Abb. 1: Der Parlamentarische Rat

Dieses GG ist auf den schrecklichen Erfahrungen der deutschen Geschichte aufgebaut: wie die erste deutsche Demokratie, die Weimarer Republik, zwischen den extremen rechten und linken Parteien zerrieben wurde, zu ihrem Spielball wurde, obgleich, oder auch weil, sie in ihrer Verfassung eine besonders freiheitliche Grundordnung aufwies. So scheiterte sie wegen ihrer großen Liberalität und ging schließlich im Wüten der Nationalsozialisten unter. Damit gab es keine Freiheit mehr. 

Erst nach der Zerstörung Deutschlands besannen sich die Männer und Frauen des Parlamentarischen Rates auf die Ideen der Denker früherer Jahrhunderte und verfaßten ein GG, das allgemeine Gültigkeit beanspruchte. Daher lautet der erste, so einfache, aber folgenschwere Satz des GG:  Art. 1(1) „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Damit ist der Grundton vorgegeben: der einzelne Mensch steht im Mittelpunkt alles staatlichen Handelns. Ein Satz mit einer Tragweite, der sich in keiner anderen Verfassung in der Welt findet. Die Menschenwürde ist als „vorstaatlich“ gegeben, als von Natur aus vorhanden.

Weitere grundlegende Artikel: Art. 2 (1) „Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“

Art. 4(1) „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“

Art. 5: (Meinungs-, Informations-, Presse-, Rundfunk-, Film-, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit)

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugängigen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Diese Grundrechte bilden den Prüfstein für ein funktionierendes Staatswesen und eine freie pluralistische Gesellschaft. Da das Bunderverfassungsgericht festgestellt hat, daß das „Kommunikationsrecht zu den vornehmsten Menschenrechten überhaupt“ gehöre, werden die Grenzen hier sehr weit gezogen. Es gibt nur sehr wenig, was in Deutschland nicht gesagt werden darf, das wichtigste: Leugnung des Holocausts und Verherrlichung des Nationalsozialismus sind unter Strafe gestellt, Ergebnis historischer Erfahrung.

(Zusammenfassung von Klaus Holzer)

Bildquelle: Abb. 1: Bundesarchiv

Freiheit: ein kurzer kultur– und ideengeschichtlicher Überblick

Bei der folgenden Zusammenfassung handelt es sich um Teil III des 15. ZZ des KKK, verfaßt und vorgetragen von Dr. Heinrich-Wilhelm Drexhage

Der Begriff der Freiheit: Kurzer kultur- und ideengeschichtlicher Überblick

Im zweiten Teil des Abends gab Dr. Drexhage einen Überblick über die Entwicklung des Begriffs der Freiheit in den letzten zweieinhalbtausend Jahren, beginnend mit Perikles (um 500 – 429 v.Chr.) in der klassischen griechischen Antike. Er erläuterte ausführlich das Verständnis von Freiheit dieses bedeutenden Staatsmannes und wie sich dieser Begriff im Alltag Athens darstellte: die griechische Polis ist der Schlüssel zum Verständnis der griechischen Antike und ihrer politischen Kultur. In ihr gab es zum ersten Mal eine freiheitliche demokratische Grundordnung, die alle Männer, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und gesellschaftlichen Stellung, in die politischen Entscheidungsprozesse einbezog.

Abb. 1: Perikles & die Akropolis

Im römischen Reich hat es hingegen niemals eine demokratische Verfassung gegeben, allenfalls eine gewisse Unabhängigkeit der „coloniae“, der Städte, in Deutschland Köln, Xanten und Trier. Immerhin stellten Marc Aurel und Seneca, die die um 300 v.Chr. gegründete griechische Philosophenschule der Stoa für Rom adaptierten, fest, daß es für den Menschen keine äußere Freiheit geben könne, da er ihre Voraussetzungen nicht kontrollieren könne, weswegen seine innere Freiheit entscheidend sei. 

Abb. 2: Seneca & Marc Aurel

Im Hochmittelalter herrschte eine streng gegliederte Ständeordnung, die kaum Freiheit ließ. 90% der Bevölkerung waren Bauern und damit „Unfreie, Leibeigene, Hörige“. Erste Ansätze gab es in England, wo 1215 die „Magna Charta Libertatum“ („Große Urkunde der Freiheiten“) dem Adel grundlegende politische Freiheiten gegenüber dem König verbriefte.

In Deutschland verfaßte zwischen 1220 und 1235 der Ritter und Rechtskundige Eike von Repgow das Rechtsbuch „Sachsenspiegel“, in dem er feststellte: „Als man zum ersten Male Recht setzte, da gab es noch keinen Dienstmann und waren alle Menschen freie Leute […]. Ich kann es auch mit meinem Verstande nicht für Wahrheit halten, daß jemand das Eigentum eines anderen Menschen sein soll.“

Abb. 3: Eike von Repgow

Und als im 12. Jh. in Deutschland mehr und mehr Städte, und damit Bürger, entstanden, gab es auch immer mehr Freiheit: „Stadtluft macht frei.“

Im Spätmittelalter begannen die Menschen zunehmend, ihre Unfreiheit als bedrückend, als Belastung zu empfinden, was in den Bauernkriegen 1525 kulminierte. Die Aufstände wurden jedoch von den Fürsten brutal unterdrückt, die Feudalordnung hatte weiter Bestand.

Abb. 4: John Locke

Erst die Aufklärung bringt deutlichen Fortschritt. Ein früher Aufklärer, der Engländer John Locke (1632 – 1704) beschrieb die Grundvoraussetzungen für eine gedeihliches Staatswesen: dieses habe nur den Zweck, Freiheit, Eigentum, Leben und körperliche Unversehrtheit seiner Bürger zu schützen. Und er formulierte as erster, alle Gewalt im Staate müsse vom Volk ausgeübt werden.

In Frankreich war es vor allem Montesquieu (1689 – 1755) der die Grundlagen für den modernen Verfassungsstaat legte. Sein Landsmann Voltaire (1694 – 1778) kämpfte zeitlebens für Menschenrechte, Freiheit und Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz.

Abb. 5: Immanuel Kant

In Deutschland war es vor allem Immanuel Kant (1724 – 1804), für den Freiheit, Vernunft bzw. Verstand zentrale Begriffe seiner Philosophie waren: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“ Daher gelte: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Und weiter: „Zu dieser Aufklärung wird aber nichts mehr gefordert als Freiheit […], nämlich die, von seiner Vernunft in allen Stücken öffentlichen Gebrauch zu machen. Der öffentliche Gebrauch der Vernunft muß jederzeit frei sein und der kann allein Aufklärung unter Menschen zustande bringen.“ Damit war die Grundlage für die Würde des Menschen und seine Freiheit gelegt.

Abb. 6: John Stuart Mill

Besonders wirkungsmächtig war im 19. Jh. der englische Philosoph und Politiker John Stuart Mill (1806 – 1873). Er legte überzeugend dar, daß menschliches Glück entscheidend vom Grad der Freiheit abhänge, die in einem liberalen Staatswesen gewährt werde. Nur in zwei Fällen dürfe man sich in die Handlungsfreiheit eines Menschen einmischen: um sich selber zu schützen oder die Schädigung anderer zu verhindern. Das ist sein noch heute in der anglo-amerikanischen Welt akzeptiertes Mill-Limit.

(Zusammenfassung Klaus Holzer)

Bildquellen: Abb. 1: N. Harris, Antikes Griechenland; Abb. 2: Gipsabdruck Archäologisches Museum Münster, J. Martin, Das alte Rom (Marc Aurel); Abb. 4,  5 & 6: Wikipedia