Der KKK fragt … Teil 6

Das heutige Photo gibt dem KKK ein großes Rätsel auf. Vermutlich ist es nach 1900 entstanden. Es zeigt links neben einem markanten Gebäude eine hohen Kamin, der zu einer Ziegelei gehört haben könnte, deren es damals in unserer Gegend nicht wenige gab. In der Bildmitte läuft ein Weg  auf eine Unterführung zu. Es ist nicht zu erkennen, was auf dem darüberführenden Damm liegt, vielleicht ein weiterer Weg, vielleicht auch Bahnschienen. Durch die Bildmitte verläuft eine Reihe Pfosten, an denen vielleicht ein Zaun befestigt werden soll. Davor sind Bahnschienen zu erkennen. Gehören sie zu einer Feldbahn, die zu der vermuteten Ziegelei gehört? Oder führt sie zu einer Zeche. Die aufgewühlte Erde im Vordergrund deutet auf umfangreiche Erdarbeiten hin.

KKK fragt 6

Wer weiß, um welche Anlage es sich handelt und kann bestimmen, aus welcher Himmelsrichtung das Photo aufgenommen wurde?

KH

Der KKK fragt … Teil 5

Bei einer Stadtführung sagte der hiesige SPD-Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek, seine Oma habe ihm gesagt, früher sei die Kirmes oft auf dem Edelkirchenhof abgehalten worden. Doch keiner konnte das bestätigen. Stimmt das?

Der Edelkirchenhof liegt auf dem Gelände zweier ehemaliger Burgmannshöfe, dem Haringhof und dem Reck-Palandschen Hof. Beide Burgen wurden Anfang des 14. Jh. gebaut und waren für den Schutz des Westen– bzw. des Kämertores zuständig. Der Haringhof wurde 1912, der Reck-Palandsche Hof 1925 abgerissen. Das gesamte Areal wurde im Zuge der weitreichenden Umgestaltung der Stadt im Westen durch Baurat Reich – Kanalisierung und Eindeichung der Seseke, Anlage von Post– und Koppelteich, Bau der Koppelstraße mit Flußbrücke – vollständig neu gestaltet. Es entstand eine geometrisch geformte Parkanlage, die Vorläuferin des heutigen Parks.

13. Edelkirchenhof

Hier noch eine neuere Form der Gestaltung:

Mail-Anhang

Wer weiß, ob es hier Kirmessen 13. Edelkirchenhof oder auch Zirkusveranstaltungen gegeben hat?

KH

Das 10. Zeitzeichen

Das mittlerweile 10. Zeitzeichen des KKK findet am 12. November 2015 statt. Beginn ist um 19.00 Uhr. Und der Veranstaltungsort ist dieses Mal die alte Gaststätte Schulze Beckinghausen, Mühlenstraße 99, in Westick.

Die Referentin des Abends ist Christiane Cantauw, MA, von der Volkskundlichen Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe in Münster.

Ohne Titel 2

Das Thema ist der Jahreszeit angemessen:

„Der gute Tod und die Kunst des Sterbens.“

Zeitzeichen 10 DIN A5 Plakat

Kulturhistorische Schlaglichter auf Tod und Sterben.

Um den Abend auch zu einem westfälischen Ereignis werden zu lassen, kocht der Gastwirt Uli Neumann ein typisch westfälisches Gericht: Grünkohl mit Bratkartoffeln und einer Scheibe Kassler und einer Mettwurst zum Preis von € 8,90.

Damit der Wirt das Essen planen kann, bitten wir die Teilnehmer um Anmeldung bei Klaus Holzer, Tel.: 02307 / 79 74 19 oder als Email: et.holzer@gmx.de

KH

Der KKK fragt … Teil 4

Kamen hat die meisten seiner Denk– und Mahnmale verloren: das Löwendenkmal vor der Pauluskirche 1946, die Sedansäule auf dem alten Markt 1956, den Gedenkstein für den VfL-Gründer Carl Hammacher vor der alten VfL-Turnhalle, den Kaiser-Wilhelm-Gedenkbrunnen am Stadtpark, den Gedenkbrunnen im alten Rathaus.

Das Photo zeigt die Einmündung des Sesekedamms auf die Bahnhofstraße. Die Villen im Hintergrund am Mühlen(tor)weg und dem Sesekedamm wurden Mitte der 1930er Jahre erbaut. An der Stelle, wo heute das Mahnmal für die 1953 noch in der Sowjetunion gefangenen Wehrmachtsoldaten von Otto Holz steht, stand einmal eine Rakete oder Bombe, mit der Spitze nach unten gerichtet. Auf der Schauseite ist eine längere Inschrift zu erkennen. Es liegt nahe, dieses „Denkmal“ in die Kriegsjahre zu legen.

PastedGraphic-1 Kopie

Und hier der Ausschnitt:

PastedGraphic-2

Wer weiß etwas darüber?

KH

 

Der KKK fragt … Teil 3

Das letzte Mal präsentierte der KKK das Photo eines jungen Paares, das offensichtlich in sehr bescheidenen Verhältnissen lebte, in der für die Zwischenkriegszeit typischen Wohnküche mit Herd und Bett. Heute haben wir das Photo einer bürgerlichen Familie, und der Kontrast könnte kaum größer sein.

Der Mann ist das, was man wohl „stattlich“ nannte. Er trägt einen „kaiserlichen“ Schnurrbart, an der linken Hand einen schweren Ring und über dem Embonpoint eine auffällige Uhrenkette. Eisen und Schlägel weisen darauf hin, daß er eine herausgehobene Position im Bergbau bekleidete. Aus seiner Miene und der Körperhaltung sprechen Stolz und Selbstbewußtsein.

In merkwürdigem Kontrast dazu steht die Persönlichkeit der Frau. Sie schaut etwas verschüchtert drein, ihr Blick ist nicht in die Kamera gerichtet, sondern in eine ungewisse Ferne. Sie wirkt eher resigniert als stolz. Ihr schweres schwarzes Kleid ist das Kleid einer gutbürgerlichen Frau.

Das Baby trägt das typische Kleidchen, wie man es in der Kaiserzeit sowohl Jungen wie auch Mädchen anzog. Das wohlgenährte Gesicht könnte einer Zwieback-Reklame entstammen.

Um die Familie herum finden sich Attribute bürgerlichen Wohlstands: der wohldressierte Hund liegt den Herrschaften zu Füßen auf einem (Wolfs?)fell, reich geschnitzte Möbel links und rechts runden die Szene ab.

Aus der Unterzeile ergibt sich, daß das Photo von Ernst Brass gemacht wurde. Ernst Brass war der erste Photograph, der sich in Kamen niederließ. 1893 kam er hierher, zuerst einmal, um herauszufinden, ob er hier wohl sein Geschäft mit einiger Aussicht auf Erfolg würde eröffnen können. Diesen Besuch hat er in einem heute noch lesenswerten Bericht beschrieben.  Ernst Brass wurde ein prominenter Kamener Bürger, der u.a. auch lange Zeit das Stadtarchiv  betreute. Er betrieb seinen Laden bis 1934, als Konrad Holzer ihn übernahm, und jahrzehntelang alle Schulanfänger, Kommunions– und Konfirmationskinder, Hochzeiten, ob grün,silber oder gold, photographierte. Und die allermeisten Kamener bekamen hier auch ihre Paßphotos. Es gab wohl kaum einen Kamener Haushalt, in dem es nicht Photos gab, die erst Ernst Brass, dann Konrad Holzer gemacht hatten.

Wer weiß Genaueres über diese Familie?

Mann mit Uhrkette

 

KH

Der KKK fragt … Teil 2

Ein Photo, das die typischen Wohnverhältnisse eines Arbeiterhaushalts zwischen den Kriegen wiedergibt: Mansarde, Wohnstube mit Bett und zwei Küchenschränken, vorn links ist gerade noch der Henkel eines Kessels zu erkennen, der auf dem Küchenherd steht; es handelt sich um ein junges Paar aus dem Arbeitermilieu; die Frau erscheint deutlich jünger, wohlgenährt; er wirkt älter, wirkt verbraucht, vielleicht ist er Bergmann. Links hinter der Frau, halb vom Schrank verdeckt, hängt ein Hellweger-Anzeiger-Kalender an der Wand. Am rechten Schrank, zur Wand hin, hängt ein Mantel (?), er dient also auch als Garderobe.

Ehepaar in Wohnküche 1930

Unsere Frage:

Wer kennt die abgebildeten Personen und weiß, wo sie gewohnt haben?

Die eingehenden Informationen werden natürlich dem Stadtarchiv Kamen übergeben und somit für die Nachwelt gesichert.

Klaus Holzer

Wilhelm Wienpahl – Kamener Erfinder und Unternehmer,

von Klaus Holzer

Abb. 1 Wilhelm Wienpahl _0001

Wilhelm Wienpahl, 25.7.1850 – 8.11.1923 (Photo von Ernst Brass)

 Als am 18. Januar 1871, nach dem siegreichen Krieg gegen Frankreich, das Deutsche Reich im Spiegelsaal von Versailles gegründet wurde, ging nicht nur jahrhundertelange deutsche Kleinstaaterei zu Ende (zeitweise gab es über 350 unabhängige Kleinstaaten auf deutschem Territorium!), sondern die „verspätete Nation“ (Helmut Plessner) erlebte vor allem durch zwei damit einhergehende Ereignisse eine vorher nie dagewesene Wachstumseuphorie. Zum einen entfielen alle mit der Kleinstaaterei verbundenen (Binnen)zölle, zum anderen lösten die von Frankreich an das Deutsche Reich zu zahlenden Reparationen eine Geldschwemme aus, die die in der Mitte des Jahrhunderts in Gang gekommene Industrielle Revolution begleitete und antrieb. Die nächsten zwei Jahrzehnte heißen heute zu Recht die „Gründerjahre“. Und was sich im Reich und vor allem an der Ruhr im großen abspielte – es entwickelte sich hier Europas größter industrieller Ballungsraum – fand auch im ländlich–beschaulichen Kamen (bis 1903 mit C: Camen) seine Entsprechung.

Seit der Mitte des 19. Jh. hielt in Kamen die Industrialisierung Einzug, und mit ihr die moderne Zeit:

1847 – die Köln-Mindener Eisenbahn fährt durch Kamen

1865 – eine Gasanstalt wird eröffnet

1873 – Abteufung von Grillo I der Zeche Monopol

1887 – Beginn der zentralen Wasserversorgung

1891 – Kamen erhält eine Molkerei

1892 – Beginn des Baues der Kanalisation

1909 – die VKU verbindet Unna, Kamen und Werne

1921 – Kamen bekommt die erste elektrische Straßenlaterne

In den Jahren von 1847 bis 1913 hatte Kamen nur zwei Bürgermeister, Julius von Basse (BM von 1847 – 1877) und seinen Sohn Adolf von Basse (BM von 1877 – 1913). Es ist deutlich, was für einen Modernisierungsschub Kamen während ihrer Amtszeit erlebte. Friedrich Pröbsting schreibt denn auch bewundernd: „Während der Amtszeit der beiden [ … ] Bürgermeister Julius von Basse und Adolf von Basse, also seit 1847, hat unsere Stadt einen Aufschwung genommen, wie nie zuvor.“

Nachdem Kamen „einen Hafen an einem der bedeutsamsten Ströme Europas“ (der Stadtchronist Friedrich Pröbsting über die Eisenbahn 1901) bekommen hatte, siedelte sich auch in unserer kleinen Stadt (1875 hatte Kamen 4157 Einwohner, im Dezember 1900 schon 9888) Industrie an:

Papierfabrik Friedrich, 1850

Gießerei und Metalldreherei Theodor Jellinghaus, 1868

Gußstahlfabrik Vohwinkel, 1870

Cigarrenfabrik Möllenhof, Anf. 1850er Jahre

Maschinenbau & Tiefbohrungen Winter, 1870

Eiserne Kleinwagen Wönkhaus, 1872

Schuhfabriken von der Heide, Betzler, Henter

Schlossereien Klein, 1874

Bohde, Wienpahl, 1874

Herde Fischer, 1888

Am 22. Januar 1875 erschien im Volksfreund, der damaligen Camener Zeitung, die folgende Annonce:

Annonce 1

Die junge Firma bot ein reiches Spektrum an Waren und Reparaturleistungen. Und offenbar weitete sie ihr Angebot sehr schnell aus. Schon im Sommer bot sie an:

Annonce 2

Neben den landwirtschaftlichen Geräten scheinen vor allem Bierpumpen gefragt gewesen zu sein, gab es doch in Kamen traditionell viele „Herren Bierwirthe“. Die aufstrebende Firma machte sich schnell einen Namen und wurde erfolgreich, da die beiden Eigentümer erkannten, daß Diversifizierung der Schlüssel zum Erfolg war. Man handelte, stellte her und reparierte. Aber vielleicht war es doch nicht so einfach, ein so breites Angebot wirtschaftlich zu betreiben. Schon am 1.5.1877 trat Julius („Jülle“) Bohde wieder aus der Firma aus und machte sich am heutigen Standort selbständig. Er konzentrierte sich mehr auf den Handel, WW hingegen auf Produktion und Reparatur.

Von allen diesen Namen ist nur Bohde heute noch vertreten. Fast ganz in Vergessenheit geraten ist der Mann, der zuerst mit Julius Bohde zusammen eine Schlosserei gründete, Wilhelm Wienpahl (WW) (geb. 25.7.1850, gest. 8.11.1923). Die beiden erwarben direkt vor dem Ostenthor ein Grundstück, das nach hinten an den damals noch offenen Goldbach grenzte und nach vorn an die „Chaussee von Camen nach Hamm“, gegenüber dem 1866 stillgelegten, 1891 in den heutigen Stadtpark umgewandelten Friedhof, und bauten sich 1874 ein stattliches Gebäude. Am 1.1.1875 eröffneten sie ihre gemeinsame „Gelbgießerei und mechanische Werkstatt“. Adresse: Ostenstraße o.Nr. (Die Adresse im Jahre 1902 ist: Ostenfeldmark 12; danach auch: Ostraße; 1914 aber: Hammer Straße 200; später dann: Hammer Straße 1).

Abb. 2 Wilhelm Wienpahl Fabrik 1_NEWWilhelm Wienpahl vor seiner Fabrik nach der ersten Erweiterung in den 1880er Jahren

Wilhelm Wienpahl machte so erfolgreich weiter, daß er seinen Betrieb schon nach wenigen Jahren durch einen Anbau erweitern mußte, auf den er gleich danach auch noch ein Obergeschoß setzte, da er sein Angebot an Leistungen bedeutend erweiterte. Es hieß jetzt:

Wilhelm Wienpahl

Mechanische Werkstatt

Schlosserei & Dreherei

Grubenlampen– & Metallwarenfabrik

Thore, Gitter, Ventile, Hähne

Nähmaschinen, Fahrräder

Haushaltungsmaschinen

Reparaturen aller Art

Gruben-Bedarfsartikel

Gegründet 1874

Abb. 3 Wilhelm Wienpahl Fabrik 2_0001Die Fabrik nach der Zweiten Erweiterung

WW war ein findiger Kopf. Es reichte ihm nicht, einfache Sachen zu bauen und zu reparieren. Kurz bevor er seine Fabrik gegründet hatte, hatten die Unternehmer Grillo und Grimberg mit der Teufung ihrer Zeche Monopol begonnen. Ab 1878 wurde in Kamen Kohle gefördert. Die Arbeit unter Tage war schwer und gefährlich, viel hing von der Konzentration des Grubengases ab. Das Leben der Kumpel hing davon ab. Es gab Grubenlampen, deren Flamme, untergebracht in einem messingnen Drahtgeflecht, umso heller brannte, je höher die Gaskonzentration war. Doch ließen sich diese Modelle leicht öffnen, und wenn das geschah, entzündete die Flamme das Gas, und es gab eine Scghlagwetterexplosion. Sie durfte also nur Übertage geöffnet werden können.


Abb. 4Abb. 5Abb. 6 Patent 2_0001Die beiden Patente von 1884 und 1886 und die schematische Darstellung des Sicherheitsverschlusses

WW entwickelte nun einen, wie er meinte, sicheren Verschluß. Er gab die Lampe einem Steiger, um seinen neuartigen Verschluß auszuprobieren und erwartete gespannt, daß dieser scheitern würde.  Der aber öffnete ihn gleich beim ersten Versuch. WW war enttäuscht, tüftelte weiter. Schließlich gelang ihm ein Sicherheitsverschluß, den er sich patentieren ließ (Patent Nr. 31694 vom 17. Juli 1884). 1886 erhielt er noch ein zweites Patent (Nr. 38267 vom 27. März 1886). In der Camener Zeitung vom 15. Dezember 1895 gibt es eine Notiz über ein Patent an WW, doch ist nicht mehr feststellbar, ob es sich um ein drittes Patent handelt oder ob in der Nachricht auf eins der früheren zurückgegriffen wurde. Die Nachkommen WWs wissen jedenfalls nichts von einem dritten Patent.

Abb. 6a Annonce Wienpahl 15.12.1895

Abb. 7a Annonce Wienpahl 19.11.1882

Und mehrfach erhielt er Gebrauchsmusterschutz auf seine Grubenlampe. Diese Lampe wurde Standardmodell auf vielen Zechen, und WW ließ 1906 sechs Schmucklampen herstellen und verchromen. Eine Lampe ist heute noch im Besitz der Familie, eine stand vor noch nicht allzu langer Zeit in der Altdeutschen Bier– & Weinstube Kümper in der Bahnhofstraße auf einem Brett über der Tür. Eine Lampe erhielt der langjährige Zechendirektor Friedrich Funcke, der auf der „Funckenburg“ wohnte (heute Zollpost). Wo die anderen drei geblieben sind, läßt sich nicht mehr feststellen.

Abb. 7 Grubenlampe WienpahlDie Schmucklampe von 1906

Hier war also ein Kamener, der sich aktiv um die Sicherheit der Bergleute verdient machte. 1874 oder 1875 heiratete er die aus Dortmund stammende, drei Jahre ältere Luise Rühl (2.7.1847 – 15.10.1915). Sie hatten fünf Kinder, drei Jungen und zwei Mädchen. Dieses Familienphoto stammt von 1889 oder 1890.

Abb. 8 Familie Wienpahl

Wilhelm Wienpahl und seine Familie

Abb. 8a Wienpahl Artikel 1877

Aber die Produktpalette war größer. Am 11.9.1877 stellte WW beim landwirtschaftlichen Fest des Kreisvereins Hamm in Kamen seine Rübenschneide– und Handdreschmaschinen aus. Sicher weiß sein Nachkomme heute nur noch, daß er drei Altgesellen hatte, jedoch nicht mehr, wieviele Arbeiter in der Fabrik arbeiteten. Wenn man aber die Stellung eines Altgesellen betrachtet, so ist er einem Werkstattmeister von heute gleichzusetzen. Es darf also angenommen werden, daß die Belegschaft vielleicht 20 bis 30 Leute betragen haben mag.

Abb. 9 Turnerfeuerwehr 1896 2 Kopie 2Die Kamener Turner-Feuerwehr; Wilhelm Wienpahl vorn links im Oval

Abb. 10

Wilhelm Wienpahls Belobigung durch den Kaiser

WW hatte gehofft, daß einer seiner Söhne eines Tages die väterliche Fabrik übernehmen würde. Aber wie es dann so geht in bürgerlichen Familien, die aufwärts streben, sich für ihre Kinder einsetzen, damit diese „es einmal besser haben“ werden und den Wert einer guten Erziehung und Bildung erkannt haben und daher ihre Kinder – damals wohl fast ausschließlich ihre Söhne; für seine Töchter baute WW ein großes Doppelhaus als Sicherheit  – auf die höhere Schule schicken, das Interesse ihrer nunmehr gebildeten Söhne am Betrieb zu Hause schwindet, soziale und berufliche Distanz wachsen. Keiner der drei Wienpahl-Söhne wollte die Fabrik übernehmen, eine Enttäuschung für den Vater. Zwei wurden Lehrer (einer wird vom Stadtchronisten Friedrich Pröbsting im letzten Absatz des Kapitels „Die Schule der größeren evangelischen Gemeinde“  seiner „Geschichte der Stadt Camen“ erwähnt), einer Uhrmacher und Goldschmied und emigrierte in die USA. Als WW 1923 starb, wurde er an der Seite seiner schon acht Jahre zuvor gestorbenen Frau in der Familiengruft beigesetzt. Gemäß ihrem sozialen Anspruch hatten die Wienpahls sich auf dem (damals neuen, heute) alten Friedhof an der Friedhofstraße eine Gruft mit neun Feldern und einem repräsentativen Grabstein gekauft. Inzwischen ist die Gruft längst eingeebnet.

1923 wurde das Fabrikgebäude an einen Kamener Tabak– und Zigarrenhändler verkauft. Das stellte sich als großer Fehler heraus, verlor doch Bargeld, ein sechsstelliger Verkaufspreis, durch die Inflation binnen Wochen jeglichen Wert. Der Käufer hatte das große Geschäft gemacht.

Dieser verkaufte die Liegenschaft aber schon nach wenigen Jahren an die Stadt Kamen, die es mit einem neuen Vorbau versah, mit Seitenrisaliten, einem repräsentativen Zentraleingang, auf dem eine Terrasse die Möglichkeit zu öffentlichen Auftritten bot. Hier war einige Zeit die städtische Bücherei untergebracht. Eine weitere Nutzung erfuhr das Haus, als am 1.10.1954 das Bergamt einzog (unter der Adresse Hammer Straße 13), bis dieses in die Poststraße umzog. Das Gebäude wurde im Zuge des Neubaues des Gymnasiums abgerissen.

Abb. 11 Wilhelm Wienpahl NachfolgebauWilhelm Wienpahls ehemalige Fabrik nach dem Umbau durch die Stadt Kamen Ende der 1930er Jahre

Übrigens wohnte in den 1950er Jahren der Komponist Gerard Bunk, gebürtig aus Rotterdam, Organist an der Reinoldikirche in Dortmund, in der ehemaligen Wienpahlschen Fabrik, im ersten Stock rechts. Er mußte aus Dortmund wegziehen, da seine Wohnung mit all seinem Besitz bei einem der vielen Angriffe auf Dortmund von einer Bombe zerstört worden war. Seine Nachbarn freuten sich über die vielen Privatkonzerte, mit denen Bunk sie bei geöffneten Fenstern unterhielt. Hier wohnte er bis zu seinem Tode 1958.

Als die Nationalsozialisten ab 1933 die Macht auch in Kamen übernahmen, sah man das dem alten Fabrikgebäude an, überall hingen Hakenkreuzfahnen. Ca. 1974 wurde das Gebäude abgerissen. Auf dem Gelände entstand der heutige Parkplatz, der hintere Teil des Grundstücks wurde mit dem Gymnasium und danach einem Kindergarten bebaut. Das war besonders in den 1960er und 70er Jahren der Geist der Zeit. Auch Kamen riß in diesen Jahren viel von seiner alten Bausubstanz ab. Altes mußte Neuem Platz machen, Parkplätze gab es plötzlich überall. Die autogerechte Stadt war das Ideal. Man wollte nicht der Moderne im Weg stehen, sie sogar befördern. Kamen nannte sich „die schnelle Stadt“. Heute wünschen sich viele das Alte zurück.

Auch der Bergbau ist aus Kamen verschwunden, nur wenig erinnert noch an ihn. WW und seine Fabrik sind verschwunden, seine Grubenlampe hat nur noch nostalgischen Wert, nichts erinnert mehr an diesen tatkräftigen und erfinderischen Unternehmer und engagierten Feuerwehrmann. Bloß in der „Geschichte der Stadt Camen und der Kirchspielsgemeinden von Camen“ von Friedrich Pröbsting wird er auf S. 65 erwähnt. Doch seine Stadtgeschichte ist ebenfalls nicht mehr erhältlich. Nur Bohde gibt es noch. Hoffentlich noch lange.

KH

Otto Holz‘ Mahnmal am Sesekedamm

von Klaus Holzer

Seit geraumer Zeit läuft die öffentliche Diskussion, wie das Sesekeufer in der Innenstadt in Zukunft aussehen soll. Es gibt die Gegner, die darin nur Geldverschwendung sehen können, und es gibt die vehementen Befürworter, die darin die Chance erkennen, Kamen zukunftsfähig zu machen, was angesichts der Herausforderungen durch die demographische Entwicklung dringend nötig erscheint.

Was bisher noch gar nicht zur Sprache gekommen ist, betrifft alles das, was sich in dem Bereich bereits befindet: der Baum, den „DIE KAMENER JUGENDLICHEN [alle?] FÜR FRIEDEN UND VÖLKERVERSTÄNDIGUNG – NIE WIEDER KRIEG“ am 1. September 1989 gepflanzt haben, der Kampmannsche Bleier und das Mahnmal von Otto Holz. Was kann, was soll, was wird mit ihnen geschehen?

Am leichtesten fällt die Entscheidung über den Baum. Der läßt sich integrieren, gleichgültig, wie die Gestaltung im einzelnen aussehen wird. Einen gewissen Aufwand wird Kampmanns Bleier erfordern. Er wird wohl einen neuen Standort finden müssen, kann dann aber wieder in ihm angemessener Weise auf einen senkrechten Pfosten zu stehen kommen, wodurch die gegenwärtig unbefriedigende Präsentation korrigiert werden kann.

Aus der Zwischenablage

Lothar Kampmann, Kömscher Bleier (1968/2013)

Photo: Klaus Holzer

Otto Holz‘ Mahnmal von 1953 stellt ein größeres Problem dar. Das fängt schon damit an, daß offenbar viele, vor allem jüngere, Kamener gar nicht wissen, woran es erinnern soll. Auch wenn für manche der Gedanke naheliegt – es steht nicht für die Opfer des Aufstandes vom 17. Juni 1953 in Ostberlin, sondern erinnert an diejenigen Deutschen, die zu jener Zeit noch in Kriegsgefangenschaft waren. Im Verlaufe des Jahres 1953 entwickelte sich in der bundesdeutschen Bevölkerung immer stärker das Gefühl, daß es im neunten Jahr nach Kriegsende nicht immer noch Kriegs– und Zivilgefangene in Ländern der Alliierten geben dürfe, vor allem in der UdSSR, wo, wie der SPD-Vorsitzende Erich Ollenhauer am 2. Oktober erklärte, Männer und Frauen „immer noch der Stacheldraht umschließe und die sowjetische Posten bewachen“. „Die meisten von ihnen waren unter den groteskesten Vorwänden in den Jahren 1950 und 1951 zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt und zu Kriegsverbrechern gestempelt worden.“ (WR, 2.10.1953)

Daher fand vom 17. – 25. Oktober 1953 eine bundesweit begangene Kriegsgefangenen-Gedenkwoche statt, die offenbar im ganzen Land große Zustimmung erfuhr. In dem bundesweit veröffentlichten Appell hieß es: „Wir selber wollen aus dieser Hoffnung heraus nicht müde werden, vor der Weltöffentlichkeit zu mahnen, zu bitten und zu flehen und zum Herrgott zu beten, daß, wenn manche Machthaber der Welt nicht helfen können und andere gar wider uns und unsere Gefangenen sind, er sich unser erbarmt.“

Schon im Sommer 1953 hatte der Rat der Stadt Kamen auf Antrag des Heimkehrer-Ortsverbandes den Beschluß gefaßt, „für alle noch in den alliierten Gewahrsamsländern zurückgehaltenen Kriegs– und Zivilgefangenen“ ein Mahnmal zu bauen und auch gleich den Auftrag dazu erteilt. Der erste Spatenstich erfolgte am 2. Oktober durch Erich Reichert, einen Kamener, der gerade erst, im September 53, aus sowjetischer Gefangenschaft heimgekehrt war. Wenige Tage später, am 13. Oktober, kam auch der Südkamener Paul Kollin zurück, Bruder des bekannten Kamener CDU-Politikers Ewald Kollin. Zur gleichen Zeit verkündete die Stadt Kamen, daß alle Spätheimkehrer zusätzlich zu der von der Bundesrepublik gezahlten Wiedereingliederungshilfe auch von ihrer Heimatstadt DM 250,– in bar erhalten sollten.

Mit dem Entwurf für dieses Mahnmal wurde Otto Holz beauftragt, Kunstlehrer am Städtischen Neusprachlichen Gymnasium Kamen. Dieser war ein Künstler, der radikal mit der traditionellen Kunst gebrochen hatte. Pathos und die Glorifizierung von Heldentum waren ihm fremd. Daher entsetzte sein Kunstwerk (ja, in diese Kategorie gehört das Mahnmal) viele Kamener, die etwas Traditionelles erwartet hatten, etwa im Stile des Denkmals an der Waldstraße neben Grundhöfer in Overberge.

Ohne Titel

 

Otto Holz, 11. Juni 1907 – 15. April 1988

  Photo: Archiv Klaus Holzer

Die Einweihung des Mahnmals am 25. Oktober 1953 zeigte, in welchem Maße ganz Kamen Anteil nahm. „Rund 4000 Teilnehmer bevölkerten den Sesekedamm und die Bahnhofstraße zur Zeit der Feierstunde“, schreibt die WR am einen Tag später. Der Posaunenchor spielte, Sprecher verschiedener Vereine und Verbände appellierten an die „Gewahrsamsmächte“ und das „Weltgewissen“, die Gefangenen aus ihrer Rolle als „politisches Wechselgeld“ zu entlassen.

Pfarrer Busch und Pfarrer Rawe schlossen sich an, Erich Reichelt rief dazu auf, „die Brücke zwischen Heimat und Gefangenen nicht zusammenbrechen zu lassen“. Dann nahm Bürgermeister Rissel „das Mahnmal mit einem Appell an die Friedensbereitschaft der Welt in die Obhut der Stadt“. (WR, 26.Okt.1953)

Mahnmal Holz Front Jan 2013

 

Otto Holz, Mahnmal „Vergesst uns nicht“, 1953

Photo: Klaus Holzer

Einweihung Mahnmal Holz 53

 

Einweihung des Mahnmals von Otto Holz am 25. Oktober 1953

Photo: Stadtarchiv Kamen

Denk– und Mahnmale haben die Funktion, die Menschen an Dinge zu erinnern, die einschneidende Ereignisse in ihrer und der Geschichte ihrer Nation darstellen, sie vor dem Vergessen zu bewahren. Ihre Form verrät viel über den Geist ihrer jeweiligen Entstehungszeit und bewahrt so, über den historischen Anlaß hinaus, auch  das künstlerische Ausdrucksvermögen ihrer Epoche. Das gilt in ganz besonderem Maße für Otto Holz‘ Mahnmal am Sesekedamm. Es verdient einen besonderen, einen würdigen Platz am neugestalteten Sesekeufer. Aber vielleicht ist alles auch ganz einfach, scheint es doch so, als ob Baum und Mahnmal eine Einheit bilden. Hoffen wir, daß Kamens Rat eine weise Entscheidung fällt.

2015-05-24 11.00.51 Kopie

 

Das Ensemble aus Mahnmal und Friedenslinde

Photo: Klaus Holzer

KH

Anregungen zur Umgestaltung des Seseke-Ufers

Anregungen des Kultur Kreises Kamen zur  Umgestaltung des innerstädtischen Seseke – Ufers

von Thea Holzer

Die Stadtgesellschaft ändert sich: In den kommenden Jahren wird Kamens Einwohnerzahl sinken und das Durchschnittsalter steigen. Diese Veränderung ebenso wie die Einsicht, dass die „öffentliche Stadt“ nachhaltig gestaltet werden muss, wird von Fachleuten (vgl. Quellen) vielerorts beschrieben. Nicht als Luxus, sondern als Daseinsvorsorge für Stadtbewohner, die auf grünen Freiflächen Ausgleich für Stadtlärm, stetig zunehmenden Verkehr und fehlende Natur suchen, wird nach passenden Lösungen gesucht.

Bürger-Umfragen zu deren Grundbedürfnissen haben gezeigt:

Es sind im Wesentlichen

1) Regeneration und Erholung,

2) Kontakt und Kommunikation,

3) Bewegung an frischer Luft,

4) Natur erleben.

In der heutigen „Erlebnisgesellschaft“ muss eine bedürfnisgerechte „grüne Oase in der Stadtmitte“  darin bestehen, dass man sich spontan entscheiden kann, wie man sich betätigen will; nachhaltiger Erlebnisraum muss also Vielfalt anbieten.

Wenn man das zu gestaltende Sesekeufer und seine Umgebung betrachtet, dann ist Punkt  3) „Bewegung an frischer Luft“ für alle Altersgruppen bereits bestens gelöst:

Wir haben einen Beachvolleyball-Platz am Eilater Weg, einen Bolzplatz neben der Hochstraße, einen großen Kinder-Spielplatz zwischen den beiden Kirchen und im Postpark eine gut besuchte Half Pipe und einen weiteren Kinder-Spielplatz. Im Postpark finden wir für ältere Kamener auch einen längst nicht ausgelasteten Boule-Platz und nebenan den Minigolf-Platz, einen Freizeit-Spaß für die ganze Familie. Sollte das Freibad weiterhin bestehen bleiben, hat Kamen auch ein zentrales Schwimmbad.

Deutliche Wegmarkierungen sollten von Ort zu Ort leiten, und man müsste an mehreren Stellen sichere Straßen-Übergänge schaffen.

Zum Erfüllen der weiteren Bedürfnisse  müsste der Fuß/-Radweg zum Stillen Weg bis zum „Unort“ unter der Hochstraße schon ab dem Kreisel an der Maibrücke durch eine Hecke von der Hochstraßen-Auffahrt getrennt werden, so dass der gesamte Bereich Maibrücke /Stiller Weg geschützt und sicher begehbar ist.

Photo 1

Der gesamte Weg „Reeperbahn“(  Sonnenseite) müsste durch Anpflanzungen und Verschönerungen der Haus-/Garagenseiten (Stauden/ Baumgruppen) aufgewertet werden, die Sitzgruppe dort müsste man durch weitere Bänke und/oder  Stühle vergrößern, und mit einer ansprechenden Wegführung entlang der Seseke und über die Vinckebrücke  hätte man bereits einen schönen kleinen Rundweg.

Photo 2

Die Hecken an der „Reeperbahn“, jetzt schon Zuhause für viele Vögel, müssten gründlich gepflegt und mit Nistkästen bestückt werden.

Ein Insektenhotel an passender Stelle könnte für den nahen Kindergarten und die Grundschule nebenan lehrreich sein, und ganz einfach lassen sich ein paar Findlinge mit in die Landschaft legen zum darauf Herumklettern .

Photo 3

Im Ruhrgebiet werden immer mehr „urbane Oasen“ gefördert. So könnte auch hier ein Teil der Schrebergärten am Stillen Weg umgewandelt werden zu einem größeren Gemeinschaftsgarten, in dem Kamener gemeinsam gärtnern und ihre Erfahrungen austauschen könnten . Denkbar wäre auch die Anregung zur Patenschaft für einzelne Park-Abschnitte durch das Jugendheim (Postpark), die Josefschule (Schrebergarten) und den Kindergarten (Insektenhotel).

Photo 4

Der gesamte Grün-Bereich im Postpark über das Amtsgericht, ebenso das Sesekeufer am Sesekedamm, bis jetzt allesamt kahle Rasenflächen und die gesamte neu zu gestaltende Seseke-Umgebung an der Vinckbrücke müssten mit Stauden- und Wildblumen-Rabatten sowie einzelnen früh- und spätblühenden heimischen Bäumen bepflanzt und dadurch lebendig gestaltet werden,  so dass sich Besucher dort wohlfühlen können.

Bei der Planung des Seseke-Geländes ist bisher nirgendwo eine öffentliche Toilette vorgesehen.  Vielleicht ließe sich tatsächlich ein kleines Café verwirklichen (Pavillon Maibrücke?), das zusätzlich zu Entspannung und Kommunikation beitragen würde.

Der Bereich  zwischen Partnerschaftsbrücke und Maibrücke ist relativ klein , es müsste also die großzügige und abwechslungsreiche Parkplanung ab Maibrücke bis zur Hochstraßenquerung am Stillen Weg besondere Beachtung finden.

Photo 5

Da im weiteren Verlauf des Seseke-Ufers von der Maibrücke bis zur 5-Bogen-Brücke an der Uferpromenade nicht viel verändert werden kann, erinnern wir noch einmal an die Literaturpromenade, die wir an anderer Stelle schon einmal vorgeschlagen haben. Zusätzlich könnte aber auch an der Promenade mit Büschen, Stauden und Blumen für mehr Abwechslung gesorgt werden .

Photo 6

Dass es in der „öffentlichen Stadt“ immer wieder zu Beschädigungen, Vandalismus, Müll, Verunreinigung durch Hunde, Drogen- und Trinkerecken kommt, führt leider dazu, dass die Anlagen gemieden werden. Wo sie aber lieblos oder vernachlässigt angelegt sind, wo nichts anspricht, wird erst recht verschmutzt und zerstört.

Zu einem erfolgversprechenden, nachhaltigen Sesekeufer-Konzept müsste deshalb auf jeden Fall gehören:

Statt langweiliger Grünflächen möglichst viel Abwechslung.

Ansprechende, sichere Flächen und Wege (Wege einsehbar, gute Beleuchtung).

Leinenpflicht für Hunde.

Aufstellen von Parkregeln zur Beachtung.

Ständige Parkpflege.

Der Kultur Kreis Kamen bittet, die Möglichkeit der Umsetzung seiner Anregungen zu prüfen.

April 2015

Quellen:

„Urbane Oasen im Ruhrgebiet“ – Artikel in der WR vom 25.3. 2015

„Nachhaltige Stadtparks mit neuen Erlebnisqualitäten“, Konzepte und Wirkungen,

(Antje Flade – Institut Wohnen und Umwelt), Darmstadt, September 2004

„Nachhaltige Stadtparks“ – Konzept und Praxisbeispiele,

Lein-Kottmeier/Ostmann/Vogt (Hrsg.), RWFV Fachverlag, 2008

Leitfaden zur naturnahen Pflege und Entwicklung öffentlicher Grünanlagen,

FHH – Umweltbehörde, Hamburg, 25.1.2000

Alle Fotos: TH

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Das Kriegsende in Kamen

von Klaus Holzer

Am 8. Mai 2015 jährt sich die Kapitulation Nazi-Deutschlands zum 70 Mal. Für Kamen war der Krieg aber schon einen Monat früher vorbei. Am 10. April 1945, um 13.10 Uhr, übergab der Kamener Journalist Otto Birkefeld die Stadt Kamen den Amerikanern, am 11. April begann für Kamen die Nachkriegszeit.

Birkefeld befand sich zu dem Zeitpunkt zusammen mit einem Polizeileutnant und zehn Mann im (alten) Rathaus. Bei ihnen befand sich noch eine Angestellte des Standesamtes, die immer wieder die Luftalarmsirene bediente. Als die Besatzung des Rathauses die amerikanischen Panzer, aus der Weißen Straße kommend, langsam auf den Markt vorrücken sah, wußte zuerst keiner, was nun zu tun war. Dann sagte der Polizeioffizier zu Birkefeld: „Sie sprechen doch Englisch. Gehen Sie mal dahin und sprechen Sie mit den Amerikanern.“ Die standen inzwischen relativ locker vor ihren Panzern und hatten sich Zigaretten angesteckt. Als Birkefeld das sah, steckte er sich seine Pfeife an und ging dann langsam auf die Eroberer zu. Sein spontaner Entschluß brach das Eis und rettete Kamen womöglich vor weiterer Zerstörung. Er übergab die Stadt bedingungslos an den Sieger.

Vorausgegangen waren schwere letzte Gefechte. Nach den verheerenden Luftangriffen von Ende Februar und dem absehbaren Ende, nämlich der Niederlage Nazi-Deutschlands, errichtete der Kamener Volkssturm dennoch an allen großen Einfallstraßen mächtige Panzersperren, am Bahnübergang in der Nähe des damaligen Cafés Schneider, bei Jackenkroll an der Hammer Straße und auch auf der Lünener Straße. Besetzt wurden diese Sperren von alten Volkssturmmännern und Hitlerjungen, die in Schnellkursen notdürftig im Gebrauch von Panzerfäusten unterrichtet worden waren.

Viele Kamener fanden noch Anfang April anonyme Flugblätter in ihren Briefkästen und Vorgärten, in denen Nazis denen Tod und Vergeltung androhten, die vor den anrückenden Feinden den „weißen Fetzen“ zum Fenster heraushängen würden. SS-Streifen rasten in ihren Autos durch die Straßen Kamens und suchten Fahnenflüchtige, mit denen sie im Trichter hinter der ehemaligen VfL-Turnhalle „kurzen Prozeß machten“, d.h., sie erschossen sie kurzerhand, ohne jedes Gerichtsurteil. Kriegstote mußten in der Morgendämmerung beerdigt werden, weil Tiefflieger während des Tages auf alles schossen, was sich bewegte.

Besonders schrecklich war der „Heerwurm“, der sich am Karfreitag von Lünen her durch Kamen bewegte, über die Koppelstraße und den Bahnübergang nach Heeren, 20000 Gefangene und Flüchtlinge. Sie waren total zerlumpt, heruntergekommen und ausgehungert, oft nur mit Lappen an den Füßen. Über dem Zug hing bedrückend der Geruch von Karbol und Desinfektionsmitteln. Eskortiert wurde der schnell so genannte „Russenzug“ von ein paar Dutzend klappriger deutscher Landesschützen, erinnert sich Otto Birkefeld später.

Als Kamen eingenommen war, wurden zuerst zwei Englischlehrerinnen des Gymnasiums, Maria Ahmer und Eleonore Friedrichs, als Dolmetscherinnen ins Rathaus zitiert. Der erste Stadtkommandant erwies sich als großzügig und weitherzig. Er ernannte umgehend ein kleines Ratsherrenkollegium, da an Wahlen nicht zu denken war. Valentin Schürhoff wurde nach der Besichtigung als Obmann von Grillo berufen. Gustav Adolf Berensmann mußte als kommissarischer Bürgermeister den Sonderauftrag umsetzen, alle ehemaligen Nazis unter dem Schiefen Turm zum Schippen und Füllen der Bombentrichter in Kamen einzubestellen, wo sie dann für jedermann sichtbar mit Hacke, Schaufel und Schubkarre malochen mußten.

Und es war viel zerstört worden: 125 Gebäude vollständig, 111 sehr schwer, 350 leicht. Der Schiefe Turm war demoliert, die Kirche Hl. Familie wies an der Ostseite ein großes Loch auf, Krankenhaus, Bahnhof, Altersheim, die Druckerei der „Kamener Zeitung“, die VfL-Turnhalle, das damalige Realgymnasium zu einem großen Teil und der Kindergarten der evangelischen Gemeinde. Und, schlimmer, es gab 245 Tote.

Kamen, wie ganz Deutschland, mußte ganz von vorn anfangen, neu aufgebaut werden. Die Narben kann man heute noch im Stadtbild erkennen.

Pauluskirche kriegsbeschädigtHl. Familie kriegsbeschädigt 3

Der schiefe Turm                           Hl. Familie

 

Für den Raum der Erinnerung:

Der KKK fragt, die Kamener antworten.

Die erste Frage:

Blindgänger

Wer weiß, wo und wann genau sich diese Szene abgespielt hat? Wer sind die beteiligten Männer?