von Klaus Holzer
Abb. 1. Die Schulstraße, 1920er Jahre (?), gesehen vom Turm der Pauluskirche; vorn rechts das Haus der ehemaligen Metzgerei Voos
Diese Gasse war Teil der Kördelgasse und ist erst seit 1997 nach jemandem benannt, der wahrscheinlich andernorts mehr bedeutet als hier, in seiner Heimatstadt. Und womöglich wüßten wir gar nichts mehr von ihm, wenn es nicht einen Stolperstein am Haus Schulstraße 2 gäbe, der an ihn und seine Familie erinnert.
Abb. 2. Zur Erinnerung an Dr. Julius Voos
Julius Voos war der Sohn von Jakob Voos, der im Jahre 1897 als Metzger nach Kamen kam, hier heiratete und die kleine Metzgerei seines Schwiegervaters in der Schulstraße 2 übernahm. Julius wurde am 3. April 1904 geboren und besuchte die Kamener Wilhelmschule, die gleich nebenan am Kirchplatz lag, heute ein Mehrfamilienhaus. 1918 trat er in die Präparandenanstalt1 der Marks-Haindorf-Stiftung in Münster ein. Hier begann er seine Ausbildung zum jüdischen Religionslehrer, die ihn nach Meisenheim (Pfalz) führte, wo er auch als Kantor arbeitete. Erst danach machte er sein Abitur in Idar-Oberstein. Anschließend studierte er in Berlin Philosophie, Geschichte und Religionsgeschichte. Anschließend promovierte er in Bonn über ein Thema aus der jüdischen mittelalterlichen Religionsgeschichte. Ab 1938 wirkte er als Rabbiner in Guben (Brandenburg), und heiratete 1936 in Breslau Stephanie Fuchs. Nach den Novemberpogromen von 1938 versuchte er, auszuwandern, das Vorhaben scheiterte jedoch. Anfang 1939 nahm er die Stelle als Rabbiner in Münster an, wo es im Rathausinnenhof ebenfalls einen Stolperstein für ihn gibt. Er sollte der letzte Rabbiner in Münster sein. Anfang des Jahres 1939 war Voos noch ein letztes Mal in seinem Elternhaus in Kamen.
Abb. 3.: Die Schulstraße in den 1930er Jahren; am linken Rand das Schild der Metzgerei Voos
Zwei Jahre später mußte Voos Zwangsarbeit in einer Bielefelder Fahrradfabrik leisten. Am 2. März 1943 wurde er mit seiner Familie – am 28. April 1941 war sein Sohn Denny geboren
worden – nach Auschwitz geschickt, wo seine Frau und sein Sohn sofort ermordet wurden. Dr. Julius Voos wurde zur Schwerstarbeit eingeteilt, die ihn gesundheitlich ruinierte. Daran starb er im Krankenbau von Auschwitz am 2. Januar 1944. Klaus Goehrke schreibt in seinem Büchlein „Stolpersteine“: „Ihm wird nachgesagt, er sei der einzige Rabbiner in Auschwitz gewesen, der wie alle schwer gearbeitet, gehungert und gedurstet und dabei die Kameraden noch aufgerichtet habe.“ Ein Schicksal, an das erinnert werden muß.
Seit 2014 gibt es den Dr.-Julius-Voos-Preis von der „Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“, der seitdem jährlich im Rahmen der „Woche der Brüderlichkeit“ vergeben wird.
K H
Die Informationen entstammen dem erwähnten Büchlein „Stolpersteine“ von Klaus Goehrke sowie Wikipedia.
1 Eingangsstufe für die Volksschullehrer-Ausbildung
Abb.: 1 & 3: Archiv Klaus Holzer; 2: Photo Klaus Holzer